Kommentar:Ein Gesetz reicht nicht

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Experten monieren, dass im angestrebten Anti-Doping-Gesetz wichtige Teile fehlen, um das Schweigekartell des Sportes zu brechen.

Von Johannes Aumüller

Es dauert nicht mehr lange, dann hat auch Deutschland ein "Anti-Doping-Gesetz". An diesem Mittwoch berät das Bundeskabinett über den Entwurf aus Innen-, Justiz- und Gesundheitsministerium, demnächst folgen die parlamentarischen Lesungen, und wenn alles läuft wie erwartet, tritt es im kommenden Jahr in Kraft.

Auf den ersten Blick ist das eine gute Nachricht. Jahrelang forderten Experten solch ein gesetzliches Instrument, weil der Sport alleine das Dopingproblem nicht in den Griff bekommt - jahrelang lobbyierte der organisierte Sport erfolgreich dagegen. Vor allem zwei Kernaspekte des Entwurfes weisen jetzt in die richtige Richtung. Künftig machen sich dopende Top-Athleten strafbar; und künftig gilt für Spitzensportler die uneingeschränkte Besitzstrafbarkeit. Das heißt, dem Staatsanwalt reicht für Ermittlungen der Fund einer einzigen verbotenen Pille - bisher war dies nur bei einer "nicht geringen Menge" möglich, und die war sehr großzügig definiert. Beides kann abschreckend wirken, beides kann helfen, die Systeme hinter dem Doper zu enttarnen.

Aber zugleich gibt es auch noch einige Schwächen. Die beginnen mit dem Punkt, dass die uneingeschränkte Besitzstrafbarkeit zwar für den Radprofi gilt, aber nicht für seine Freundin, die auf gehobenem Amateurniveau Triathlon betreibt. Ist es da nicht absehbar, wem die Insulin-Spritze im Nachttisch gehört? Anti-Doping-Experten monieren, dass wichtige Bestandteile fehlen, um das Schweigekartell des Sportes zu brechen: etwa eine sportspezifische Kronzeugenregelung oder eine Beschränkung der sportärztlichen Schweigepflicht, auf die sich der beim Doping helfende Mediziner im Zweifel berufen kann.

Zudem will die Politik dem Sport im Rahmen des Gesetzes ein großes Zugeständnis machen. Es stärkt nämlich die umstrittenen Schiedsvereinbarungen, mit denen sich die Athleten dem Sportrecht unterwerfen - erst kürzlich hatte im Prozess von Eisschnellläuferin Claudia Pechstein das Münchner Oberlandesgericht diese Vereinbarungen sehr zum Unmut der Sportverbände gerügt.

Im Übrigen gehört zu einem umfassenden Anti-Doping-Kampf nicht nur ein gutes Anti-Doping-Gesetz. Es ist jedenfalls bemerkenswert, wie ausufernd Innenminister Thomas de Maizière (CDU) zuletzt betonte, dass er sich vom deutschen Sport künftig mehr Medaillen wünscht. Und wie auf der anderen Seite in diversen Umfragen, etwa von der Deutschen Sporthilfe, Athleten darauf verweisen, dass für Fehlverhalten von Sportlern hauptsächlich zu großer Erfolgsdruck verantwortlich ist.

© SZ vom 25.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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