Kommentar:Abschlag ohne Plastik

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Im Grünen: Golfspieler auf der Anlage des Royal North Devon Golf Clubs in England. (Foto: Getty Images)

Ist es Klimaktivismus, wenn der Royal Northern Devon Golf Club Plastiktees durch Holzstöckchen ersetzt? Nein - jede Maßnahme hilft, auch wenn keine ausreicht.

Von Claudio Catuogno

Vom 1. Januar 2020 an haben auch die Schafe, Pferde und Vögel, die sich die Wiesen oberhalb des Westward Ho Beach in der Grafschaft Devon mit Geschöpfen der Spezies Golfspieler teilen, etwas davon, dass sich die Menschen gerade ein paar überfällige Gedanken machen. Der Royal North Devon Golf Club, Englands ältester Golfverein, wird dann die Plastik-Tees verbieten, jene bunten Stifte, von denen Golfer ihre Bälle abschlagen und die dann wegen ihrer grellen Farben von "den Vögeln aufgepickt und überall wieder fallengelassen werden, auch am Strand und im Meer", wie Klubvorstand Richard Hughes gerade dem Telegraph erläuterte. Tees aus Holz brechen zwar leichter ab, verwittern dann aber auf der Anlage: "Schützt unsere Umwelt", ruft also Mr. Hughes den Golfspielern zu, "dann wird sie uns noch lange erhalten bleiben."

Nun werden sich Spötter den Hinweis erlauben, dass man den Planeten nicht dadurch rettet, dass man Plastikhütchen von den Hügeln oberhalb der Barnstaple and Bideford Bay verbannt, und schon zweimal nicht, wenn die Golfer ihre Anreise weiter im spritfressenden Range Rover antreten. Stimmt - aber soll man es deshalb lassen? Auch das Tennisturnier in Wimbledon wurde ja nicht auf einen Schlag klimaneutral, als die Veranstalter im Sommer beschlossen, den Profis ihre frisch bespannten Schläger nicht mehr einzeln in Plastik gehüllt zu liefern; 4500 Tüten habe man so gespart. Entscheidender ist aber wohl, dass der All England Lawn Tennis Club sich jetzt noch weitergehend mit der Frage beschäftigen will, wie sich der ökologische Fußabdruck seines Großereignisses begrenzen lässt.

Kein Tag vergeht mehr, an dem nicht auch der Sport beim Thema Nachhaltigkeit in die Pflicht genommen wird. Die Spieler von Ajax Amsterdam sind gerade mit dem Zug zum Champions-League-Spiel nach Lille gefahren. In der Fußball-Bundesliga bezeichnet sich unter anderem die TSG Hoffenheim als "klimaneutral" - um Emissionen zu kompensieren, werden im Kikonda Forest in Uganda Bäume gepflanzt. Ja, manches klingt nach Aktionismus, Symbolik, Marketing. Aber wenn nun die Bonner Klimaberatung CO2OL ausgerechnet hat, dass jeder Bundesliga-Spieltag 7800 Tonnen CO₂ emittiert, vor allem durch reisende Fans, dann kann man es ja auch so sehen: Jede Maßnahme hilft. Aber keine reicht aus.

Auch beim Royal North Devon Golf Club schlagen sie den Bogen inzwischen über das Plastikverbot hinaus: Seit 1864 schmiegt sich ihr Platz in die Hügel, im vergangenen Jahr aber hat sich die Keltische See einen Teil davon geholt. Jetzt fürchten sie, dass der Klimawandel bald noch heftigere Stürme schickt.

© SZ vom 03.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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