Köln-Bremen (13.30 Uhr):Alte Liebe rostet kurz

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"Wir sind auch in einer schwierigen Situation", sagt Kölns Stürmer Claudio Pizarro vor der Partie gegen seinen ehemaligen Klub Bremen. (Foto: Martin Meissner/AP)

Claudio Pizarro soll dem Tabellenletzten 1. FC Köln im Duell mit dem Vorletzten Bremen den ersten Sieg bescheren. Der Stürmer will treffen - auch um eine Rechnung zu begleichen.

Von Jörg Marwedel, Bremen

Die Liste jener prominenten Profis von Werder Bremen, die irgendwann ihre Karriere im grün-weißen Trikot beendeten und danach einen anderen Job im Klub übernahmen, ist lang. Einige wurden sogar Ehrenspielführer. Marco Bode zum Beispiel 2002, inzwischen ist er Aufsichtsratsvorsitzender. Dann Frank Baumann 2009. Er wurde zunächst Assistent von Vorstandsboss Klaus Allofs, heute ist er Geschäftsführer Sport und wesentlich für die fußballerische Ausrichtung zuständig. Und zuletzt Clemens Fritz, der in diesem Sommer mit knapp 37 Jahren seine Laufbahn beendete und nach einem Jahr Auszeit einen Anschlussvertrag besitzt. Er kann sich sowohl im Management ausbilden lassen wie auch im Trainerbereich.

Claudio Pizarro, inzwischen 39 Jahre alt, hätte es ihm gleichtun können. Doch der Peruaner mag noch immer nicht lassen vom Leistungssport, träumt sogar noch von einer Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2018 in Russland. Und so kommt es, dass das Bremer Idol, dem ebenfalls in Aussicht gestellt wurde, auch als Torjäger a.D. weiter für den Klub zu arbeiten, noch einmal gegen Werder antritt. Und wenn es dumm läuft für Werder-Coach Alexander Nouri, könnte er am Sonntag beim direkten Aufeinandertreffen mit einem Tor für seinen neuen Arbeitgeber 1. FC Köln dessen Abschied einleiten. Insgeheim wird Pizarro denken, das wäre nur gerecht. Denn Nouri stellte sich dem Vernehmen nach gegen die Verlängerung seines Vertrages um ein Jahr. Und das hat Pizarro verletzt.

"Ich habe Werder im Herzen, aber nicht an diesem Wochenende"

Es ist am Sonntag das Duell der bisher am meisten versagenden Mannschaften. Köln hat den bejahrten Pizarro vor allem deshalb verpflichtet, weil es ohne den nach China abgewanderten Anthony Modeste derart im Sturm hapert, dass erst ein Punkt für den Tabellenletzten heraussprang. Werder hat (ohne Pizarro) genauso wenig Tore erzielt, nämlich drei in acht Spielen. Das reicht gerade für Rang 17.

Und auch, wenn Pizarros neue Kollegen vom 1. FC Köln sich ohne den für diesen Wettbewerb nicht gemeldeten Mitspieler am Donnerstag in der Europa League bei BATE Borisov mit 0:1 die nächste Niederlage einfingen, ist das Duell mit seiner alten Liebe Bremen das Hauptthema. 20 Journalisten, vier Fotografen und mehrere Fernsehteams kamen zu der Gesprächsrunde mit dem in ganz Deutschland beliebten Fußball-Greis ins Geißbockheim. Locker wirkte er, irgendwie mit seinem roten Pullover ein bisschen jünger als 39. Und was er zu sagen hatte war in etwa das, was man erwartet hatte: "Ich habe Werder im Herzen, aber nicht an diesem Wochenende." Er könne "kein Mitleid" haben. Sein Kopf sei am Sonntag beim 1. FC Köln: "Wir sind auch in einer schwierigen Situation."

Kein Geheimnis machte er daraus, dass er am liebsten noch ein Jahr als Profi bei Werder geblieben wäre und sich weiter vorstellen kann, das Bremer Zukunfts-Angebot anzunehmen. Doch schon vergangene Saison hatte Nouri nur noch wenig Verwendung für Pizarro gehabt. Nouri hatte ihn zuletzt nur noch als Legende gesehen, als Vorbild für die jüngeren Profis. Dem ist Pizarro gerne nachgekommen, obwohl er ja auch in seinen besten Zeiten das Image des Lebemanns hatte. Gegen Ende seiner Karriere hat er sogar seine Ernährung umgestellt. Ein italienischer Ernährungsberater riet ihm, nicht nur Süßes wegzulassen, sondern auch Kartoffeln, Tomaten, Auberginen, Weißmehl, Milch und Brot. Stattdessen gibt es jetzt für ihn Soja-Milch, Joghurt und Dinkel-Pasta.

Erstmals in seiner Zeit in Köln fühlt sich Pizarro fit

Das hat ihm offenbar nicht geschadet. Gegen seinen Ex-Klub winkt sogar sein Startelf-Debüt für die Rheinländer. Gegen den VfB Stuttgart war er noch nicht fit genug, die Beine seien nach einer langen Trainingswoche "noch etwas schwer" gewesen, räumte er ein. Jetzt aber habe er sehr intensiv trainiert, während die Mitspieler in Russland waren. "Das war wie eine kleine Vorbereitung für mich", sagte Pizarro. Nun sei es für ihn kein Problem mehr, von Beginn an zu spielen.

Und was sagt Nouri zum Wiedersehen mit dem Altmeister? "Jeder weiß, was Claudio in Bremen für ein Idol ist. Alle lieben ihn und wünschen ihm ein Tor", sagte der Werder-Trainer - und fügte hinzu: "Aber nicht am Sonntag."

© SZ vom 22.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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