Kampf gegen Hooligans:Der Fußballkonsul Ihrer Majestät

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Andy Battson soll im Auftrag der britischen Regierung verhindern, dass Hooligans in Deutschland Randale machen.

Constanze von Bullion

Man sieht diesem Mann nicht gleich an, dass er Diplomat ist, und auf den ersten Blick könnte man Andy Battson leicht für den Hausmeister halten. In verwaschenen Jeans und eher flüchtig rasiert schlurft er durch die imperiale Halle der britischen Botschaft in Berlin, lässt die Arme an sich herumschlackern und versucht erst gar nicht, seinen langen Leib in ordentliche Haltung auf dem lila Lederpolster zu bringen.

Naja, sagt Battson und lacht vergnügt, es gebe natürlich Leute hier, die die Nase rümpften über einen wie ihn, gekümmert habe ihn das noch nie. Andy Battson stammt aus Londons Osten, was man am charakteristischen Akzent auch hört. Der 40-Jährige war nie auf der Universität, aber oft im Stadion, wo er für West Ham gebrüllt hat, einen Club, in dem hauptsächlich die Jungs aus den Arbeiterfamilien unterwegs waren. Fragt man ihn, wie er hierher gekommen ist, in die Welt der Schlipsträger und Leisetreter, erzählt er, dass er sich "mal so" beworben habe beim Außenministerium, und dass sie da eine ganz bestimmte Verwendung für ihn gefunden hätten: "Ich bin dazu da, Klischees zu zerstören."

Andy Battson trägt den offiziellen Titel "WM-Konsul" des Vereinigten Königreichs und ist ein Mann, der nicht nur einen einzigartigen Job hat, sondern auch schwer an seiner Verantwortung trägt. 100 000 englische Fußballfans sollen in den nächsten Wochen nach Deutschland kommen, und Battson will nicht nur wie ein Vater für sie sorgen, sondern auch verhindern, dass sie tun, was von ihnen erwartet wird: saufen, pöbeln und den geliebten Blitzkrieg in die deutschen Fußgängerzonen tragen. Keine Sorge, sagt Battson, die Dinge seien unter Kontrolle. "Die Fans wollen jetzt mit der Polizei zusammenarbeiten, unsere Arbeit war da sehr, sehr erfolgreich."

Vorbei die Zeit, versichert er, als englische Hooligans wie eine Landplage über fremde Länder herfielen, wie 2000 zum Beispiel, als sie bei der Europameisterschaft in Belgien Fans mit dunkler Haut durch die Straßen jagten und sich mit deutschen Randalierern prügelten, bis man sie mit Wasserwerfern auseinander trieb. Unschön fand man das, auch im Königreich, weshalb das Londoner Parlament das "Gesetz gegen Störungen beim Fußball 2000" erlassen hat, das notorische Fußball-Rowdys aus Stadien verbannt.

"Kommunikatin ist eben fast alles"

Seither ist alles anders, sagt der Fußballkonsul und erzählt, dass bei der vergangenen WM in Japan und Südkorea kein einziger englischer Randalierer festgenommen wurde. Vielleicht, weil manchen die Reise nach Asien zu weit war? Schon, sagt Battson, aber so leicht kämen die Jungs auch nicht weg. Über 3000 Pässe amtsbekannter Raufbolde hat die britische Polizei jetzt eingezogen, und dass knapp 200 Hooligans die Flucht von der Insel gelungen sein soll, ist nur so ein Gerücht. 14 von ihnen, immerhin, haben zuverlässige deutsche Zöllner schon abgefangen.

Kommunikation ist eben fast alles, sagt Andy Battson, der ein ganzes Diplomatenjahr damit verbracht hat, Netzwerke gegen Gewalt zu knüpfen. Sein Team ist auf 16 Kollegen angewachsen, "nicht alle Diplomaten, aber alle sehr erfahrene Leute". Sie haben ein Call Center eingerichtet für britische WM-Gäste, haben Partys organisiert und eine Gedenkfahrt nach Dachau, haben Fans in England besucht und Polizisten in Deutschland - also geredet, geredet und nochmal geredet.

Es ist ja nicht ganz einfach, an den Gewissheiten zu rütteln, die sich so in den Köpfen festgesetzt haben. Statt von "passioniertem Hass" zwischen englischen und deutschen Fans zum Beispiel spricht Battson lieber von "freundschaftlicher Rivalität". Er hat versucht, den Deutschen zu erklären, dass nicht jeder englische Fußballfan dick, kahlrasiert und gewalttätig ist. Er könnte beispielsweise pakistanische Eltern haben, weshalb die Botschaft auf ihrer Website auf alle geplanten Neonazi-Demos zur Weltmeisterschaft hinweist, nur so, der Vollständigkeit halber.

Es wäre natürlich auch schön, sagt der WM-Konsul, wenn die englischen Fußballfreunde nicht dauernd die Arme ausbreiten und das Lied von den "zehn kleinen Bomberlein" singen würden. In die grünen Info-Mäppchen, die er seinen Landesleuten in die Hand drücken wird, hat er schreiben lassen, dass der Hitlergruß verboten ist in Deutschland und die Botschaft keinen aus dem Knast holt. Das wird auch nicht nötig sein, sagt Battson. "Die Leute werden sich gegenseitig vom Trinken und vom Blödsinn abhalten. Hoffentlich."

© SZ vom 10.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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