Huck-Sieg gegen Arslan:Wie zwei wilde Widder

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Niederschlag: Firat Arslan geht erstmals in seiner Karriere zu Boden, Marco Huck triumphiert. (Foto: dpa)

Es ging nicht nur um den WM-Titel im Cruisergewicht, es ging um die Ehre: Die Boxer Marco Huck und Firat Arslan liefern sich einen intensiven, emotionalen, gnadenlosen Kampf. Weil er einige Überraschungen parat hat, schlägt Titelverteidiger Huck seinen Gegner zum ersten Mal zu Boden.

Von Benedikt Warmbrunn, Stuttgart

Firat Arslan krabbelt über den Ringboden, wackelig wie eine Spinne auf drei Beinen. Er blickt nach unten, auf das Blau des Überzugs, es ist ihm jetzt so nah wie nie zuvor in seiner Karriere. Und alles andere so weit weg. Arslan steht auf, weiter wackelig, lehnt sich in die Ringseile. Sein Blick wirkt abwesend. Doch seine Augen sehen weiterhin Marco Huck. Sehen, dass er wieder auf ihn zukommt. Dann spürt Arslan ihn wieder.

Es waren noch zweieinhalb Minuten in der sechsten Runde des WM-Duells im Cruisergewicht zwischen dem Weltmeister Huck, 29, und dem Herausforderer Arslan, 43, zu kämpfen, da war es eigentlich schon vorbei. Huck hatte Arslan so getroffen, dass dieser erstmals in seiner langen Profikarriere zu Boden ging. Und damit verließ ihn auch die Kraft, die ihn bisher bei jedem noch so großen Widerstand hat weiterkämpfen lassen. Nach 1:56 Minuten, einem zweiten Niederschlag und vielen weiteren harten Treffern stoppte der Ringrichter den Kampf.

Es war das überraschend frühe Ende eines Duells, in der sich zwei Männer nicht eine Sekunde lang eine Pause gegönnt hatten. Weil es um mehr ging als um einen Weltmeistertitel. Es ging um die Ehre. Und um ihre Zukunft.

Den Kampf verloren, aber nicht die Ehre

Die beiden, die sich da am Samstagabend in Stuttgart wie zwei wilde Widder durch den Ring stießen, hatten im November 2012 erstmals gegeneinander gekämpft. Es war ein schonungsloses Duell gewesen, Arslan war wie eine Dampfwalze gerollt, Huck hatte oft überfordert von dieser endlosen körperlichen Wucht gewirkt. Doch die Punktrichter hatten Huck als Sieger gesehen, Arslan hatte zu Recht protestiert. Und Sauerland, Hucks Promoter, sah die Chance für einen lukrativen zweiten Kampf.

Es war schon weit nach Mitternacht, als sich die beiden Kontrahenten diesmal nach dem Kampf wiedersahen, in einer kleinen Turnhalle. Arslans linkes Auge war geschwollen, blau, tapfer streckte er den Kopf in die Höhe, er hatte den Kampf verloren, aber nicht seine Ehre. "Marco schlägt sehr hart", sagte Arslan.

Fünf Meter entfernt saß Marco Huck, rote Schrammen bedeckten sein Gesicht, auf beiden Wangen, auf dem Kinn, auf der Nase. Arslan habe ihm "alles abverlangt", sagte der Weltmeister. Dann legte er seine Finger neben der Schläfe aneinander, führte sie vom Kopf weg und wieder hin, weg und wieder hin. Er hatte keinen Hut auf, aber er wollte seinen Respekt ausdrücken.

Der Kampf dauerte zwar nur halb so lang wie der erste, und doch war er intensiv, emotional, gnadenlos. Arslan dampfwalzte auf Huck zu, Huck ließ ihn kommen, so wie damals. Doch Huck boxte klug, variabel, das war der Unterschied. "Seine Schlagtechnik ist viel besser geworden", lobte Ulli Wegner, Hucks Trainer.

Arslan, der Herausforderer unter den beiden Widdern, boxte mit den bewährten Mitteln im Nahkampf, linker Haken zum Kopf, rechter Haken zum Kopf, Aufwärtshaken zum Kinn. Er traf, das bezeugten die Schrammen in Hucks Gesicht. Aber er überraschte den Weltmeister nicht.

Huck dagegen, der Titelverteidiger unter den beiden Widdern, boxte vielseitig, zum Kopf, zum Körper, Haken, Gerade, Kombinationen, und immer wieder setzte er den Schlag, den Arslan nicht erwartet hatte. "Als er mehr zum Körper geschlagen hat, kam die Wende", sagte Wegner. Das war in der zweiten Runde. In der vierten Runde nahm Huck seinem Gegner langsam die Luft. An deren Ende lehnte Arslan erstmals in den Seilen. In der fünften Runde traf der Herausforderer kaum noch, wackelte kurz.

WM-Kampf im Cruisergewicht
:Arslan rollt, Huck schlägt

Cruisergewichts-Weltmeister Huck verteidigt seinen WBO-Gürtel erfolgreich. In Stuttgart besiegt der 29-jährige Berliner den 14 Jahre älteren Arslan durch technischen K.o. in der sechsten Runde und darf nun auf einen Aufstieg in das Schwergewicht hoffen. Der Kampf in der Rundenkritik.

Von Benedikt Warmbrunn, Stuttgart

Pläne für die Schwergewichtsklasse

Dann kam die sechste Runde. Nach einer Serie an linken Händen krabbelte Arslan auf dem Boden. Stand auf. Dampfwalzte holprig auf Huck zu, lag nach einer rechten Hand wieder auf dem Boden. Am Ende machte er sich in der Ringecke so klein, wie es einer Dampfwalze möglich ist; er war noch groß genug für weitere Treffer von Huck. "Er ist wie ein Stier auf mich los. Aber ich bin ein starker Mann. Nicht nur er wäre gefallen", sagte Huck.

WM-Titel verteidigt, Ehre wieder hergestellt, der starke Mann kann sich erstmals seit ein paar Jahren wieder auf große Kämpfe konzentrieren statt auf Revanche-Kämpfe. Also fragten ihn die Journalisten in der kleinen Turnhalle wieder mal nach seinen Plänen für die Schwergewichtsklasse.

Huck sagt seit zwei Jahren, dass er einmal Schwergewichtsweltmeister werden will, die Frage kam nicht überraschend. Die Antwort schon eher, sie kam von Ulli Wegner. "Das Schwergewicht wird unser großes Ziel sein. Ich persönlich hatte noch nie einen Schwergewichtsweltmeister. Das ärgert mich riesig."

Und Huck? Sagte selbstbewusst: "Trainer, versprochen: Ich werde ihr erster Schwergewichtsweltmeister." Nur wann, das sagte er nicht. Dieser Satz, den er nicht sagte, war ein sehr kluger.

Im Schwergewicht dominiert ein gewisser Wladimir Klitschko. Wer sich erfolgreich mit einem anderen Widder gemessen hat, hat deswegen noch lange keine Chance gegen einen Königstiger.

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