Hertha BSC:Gütige Geldgeber gesucht

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Der klamme Bundesligist Hertha BSC Berlin steht vor einer turbulenten Mitgliederversammlung.

Klaus Ott

Es war ein trostloses Gekicke vor einer trostlosen Kulisse, genauso trostlos wie die Finanzlage des Klubs. Hertha BSC Berlin quälte sich vor gerade einmal 18 514 Zuschauern im weiten Rund des Olympiastadions zu einem 0:0 gegen den RC Lens aus Frankreich. Die Abwehr stand nahezu sicher, aber nach vorne ging nichts; Spielmacher Marcelinho war ein Ausfall. Mit solchen Auftritten muss der Bundesligist fürchten, im Uefa-Cup bereits in der Zwischenrunde auszuscheiden; die gute Ausgangslage nach dem Auftaktsieg bei Halmstad BK ist dahin.

In dieser Form hat Hertha jedenfalls wenig Chancen, gegen Sampdoria Genua und Steaua Bukarest die noch nötigen Punkte zu sammeln, um nach der Winterpause weiter auf europäischer Ebene dabei zu sein. Erst dann dürfte sich der Uefa-Cup lohnen; mit attraktiveren Gegnern, die mehr Fans ins Olympiastadion locken und womöglich auch die TV-Erlöse steigen lassen.

Gespräche mit Schechter

Genauso dringend wie mehr Tore und Punkte braucht Hertha BSC mehr Geld. Die Klubkasse ist nicht gerade gut gefüllt, die Spieler erhielten ihre Prämien für den September verspätet ausgezahlt. Das sei ein "Buchungsfehler" gewesen, beteuerte Manager Dieter Hoeneß diese Woche. Da war im Berliner Abgeordnetenhaus plötzlich die Rede davon, es gehe um die Existenz des Vereins; die Bundesliga-Lizenz sei gefährdet. In der lokalen Presse stehen bereits Aufrufe: "Hertha darf nicht sterben." Die Mitgliederversammlung am Montag könnte turbulent werden. Wirtschaftsprüfer Otto Schulz, Mitglied der Klubs, verlangt in einem Antrag, alle Zahlen offen zu legen.

Nach bisherigem Stand der Dinge ist Hertha mit rund 35 Millionen Euro verschuldet. Das klingt erst einmal nicht sehr dramatisch. Borussia Dortmund stand und steht bei den Banken und anderen Geldgebern viel tiefer in der Kreide und ging trotzdem nicht pleite. Gleichwohl hat Hertha Probleme, aus mehreren Gründen. 2004 spielte die Elf gegen den Abstieg und verpasste Erlöse aus dem Europacup; die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft fürs Olympiastadion erwies sich als Fehlschlag; und es mangelt an langfristiger Planungssicherheit. Der Klub hat sich von seinen Hausbanken rund 18 Millionen Euro geliehen; kurzfristige Kredite, die jede Saison neu verhandelt und verlängert werden müssen.

Seit der Rückkehr in die Bundesliga geht das wohl schon so. Manager Hoeneß und Geschäftsführer Ingo Schiller suchen deshalb seit langem nach einem Finanzpartner, bei dem sie sämtliche Schulden zu günstigen Zinsen bündeln können, für zehn Jahre und länger. Im Frühjahr hoffte Hertha auf einen 35-Millionen-Deal mit dem britischen Fußball-Investor Stephen Schechter, doch das Geschäft kam bis heute nicht zustande. Die Gespräche mit Schechter hätten "derzeit nicht höchste Priorität", sagt Schiller. Man rede auch mit anderen möglichen Partnern aus dem Kapitalmarkt.

Namenssponsor fürs Stadion?

Was aber, wenn die Hausbanken die kurzfristigen Kredite nicht mehr verlängern? Muss Hertha dann Spieler wie Marcelinho oder Arne Friedrich veräußern, deren Erlöse den Geldinstituten als Sicherheit dienen? Nein, sagt Schiller, solch ein Verkauf werde nicht nötig sein. "Ich gehe davon aus, dass wir die gute Zusammenarbeit mit den Banken fortsetzen werden." Ob die Institute das auch so sehen? Wie andere Klubs finanziert auch Hertha BSC gegenwärtige Ausgaben mit Einnahmen aus der Zukunft - auch das ein grundsätzliches Problem. Vor Jahresfrist wurde der Vertrag mit dem Vermarkter Sportfive verlängert, als Vorschuss erhielt der Klub 7,5 Millionen Euro.

Auch das Land Berlin springt nun ein und übernimmt die Betriebsgesellschaft für das Olympiastadion alleine, Hertha steigt dort aus. Im Frühjahr war der dritte Teilhaber, die Walter Bau AG, nach ihrer Insolvenz hinauskomplimentiert worden. "Wir beseitigen eine Altlast", sagt Finanzsenator Thilo Sarrazin.

Hertha bekommt die Einlagen in die Stadion GmbH in Höhe von rund zwei Millionen Euro nach und nach zurück; Hertha erhält auch einen günstigeren Mietvertrag für die Arena (was rund eine Million Euro pro Jahr spart), und muss für drohende Verluste der Stadion GmbH nicht mehr haften. Sarrazin hält sich "die Option offen", einen Namenssponsor fürs Olympiastadion zu suchen. "Das Land und Hertha könnten sich die Erlöse dann teilen." Das könnte Millionen bringen, darauf spekuliert auch Hertha. Auf Spiele wie gegen Lens dürfte sich ein Sponsor aber kaum freuen.

© SZ vom 26.11.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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