Henrik Larsson:Ronaldinhos Idol

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Mit Henrik Larsson hoffen die Schweden auf eine große WM

Ralf Wiegand

Ein paar Spieler auf der Welt gibt es, eine knappe Hand voll mögen es sein, die haben das, was man eine Aura nennt. Denen schlägt ungeteilter Respekt entgegen, egal in welchem Teil der Welt sie auftreten. Die haben sich freigemacht von der Nationalität, die in ihrem Reisepass angegeben ist und vom Image des Vereins, der in ihrem Spielerpass steht.

Wenn solche Typen auf eine große Gruppe von Menschen zusteuern, sammelt sich um sie kein hysterischer Pulk, sondern es bildet sich eine Gasse.

Figo begegnet man derart ehrfürchtig, dem zerfurchten Portugiesen. Zinedine Zidane natürlich, dem mystischen Franzosen. Oder dem emsigen Tschechen Pavel Nedved, alle weit jenseits der 30, alle mit Gesichtern aus einer anderen Zeit.

Für solche Stars schwärmen nicht die kleinen Mädchen, für solche Spieler schwärmen die Stars selber. Also sagt Ronaldinho über den Schweden Henrik Larsson: "Er ist für mich ein Idol. Bei der WM 1994 war ich verrückt nach ihm. Ich wollte so viele Tore schießen wie Romario und Larsson, und ich wollte solche Haare haben wie er. Diese Rastalocken! Er ist ein Spieler, der eine Epoche geprägt hat."

Der Mann, der auf den derzeit besten Spieler der Welt so viel Eindruck gemacht hat, sitzt nun lässig auf dem Podium im Pressezelt auf einem Nebenplatz des Bremer Weserstadion. Hier pflegt das schwedische Team seinen gewohnt entspannten Umgang mit der Öffentlichkeit, obwohl bei den schwedischen Medien drei Tage vor dem Auftakt gegen Trinidad & Tobago (Samstag, 18 Uhr, Dortmund) eine gespannte Aufgeregtheit zu spüren ist.

Viele Fragen an Henrik Larsson, 34, zielen in die Richtung, ob dieses schwedische Team nicht das beste aller Zeiten sein könnte, ob es nicht offensivstärker sei als bei der letzten Europameisterschaft oder sogar schlagkräftiger als bei jener WM 1994, die der Bub Ronaldinho einst im Fernsehen verfolgt hat.

Ein bisschen älter

Da wurden die Schweden Dritte. "Naja", sagt Larsson, "wir sind alle ein bisschen älter und ein bisschen erfahrener. Wir werden sehen. Aber ich halte nichts davon, Mannschaften verschiedener Epochen miteinander zu vergleichen."

Die Hoffnungen der Skandinavier ruhen nicht zuletzt auf Larsson selbst, der sich, so das Kalkül, für seinen vielleicht letzten großen internationalen Auftritt ganz besonders Großes vorgenommen haben könnte.

Es ist ihm in seinem letzten bedeutenden Spiel für den FC Barcelona ja schon gelungen, zum entscheidenden Mann zu werden, als er nach seiner späten Einwechslung beide Tore zum 2:1-Sieg der Katalanen gegen Arsenal vorbereitete und Barcelona so zum Triumph in der Champions League führte. Dorthin zurückkehren wird er nicht.

Ein Haus in Helsingborg

Nur Frank Rijkaard, der Barca-Trainer, war eingeweiht in Larssons Plan, Spanien zu verlassen und heimzukehren nach Schweden. Für die nächsten eineinhalb Jahre hat er bei Helsingborg IF unterschrieben, bei jenem Verein, bei dem vor 15 Jahren alles begann. Er hat noch ein Haus in Helsingborg, der Rest "ist Privatsache", sagt Larsson. Noch immer fragen sie ihn nach den Gründen, den spektakulärsten Verein der Welt einzutauschen gegen einen Klub, dessen größter Erfolg die Champions-League-Teilnahme im Jahr 2000 gewesen ist, als er in der ersten Gruppenphase unter anderem gegen den FC Bayern (0:0 und 1:3) spielen durfte. Man sagt, der Weltenbummler Larsson, der zuvor in Rotterdam und Glasgow spielte, möchte seinen achtjährigen Sohn Jordan schwedisch aufwachsen sehen. "Ich gehe nach Hause", sagt er also nur, "und ich werde es genießen, dort noch ein paar Jahre zu spielen." Der FC Barcelona hätte ihn gerne behalten, obwohl er nach einem Kreuzbandriss 2004 seinen Stammplatz verloren hatte. Bis jetzt hat Barca keinen Ersatz gefunden für seinen alten Schweden, der dort nur Freunde und Bewunderer hinterlässt. Der Argentinier Lionel Messi etwa sagt: "Sein Spiel mit dem Rücken zum Tor ist nicht zu übertreffen."

In Schweden hoffen sie, dass an der Seite des Elder Statesman auch Sturmpartner Zlatan Ibrahimovic, 24, zu alter Stärke findet. Larssons Wort hat Gewicht im Team, heute ist das wenigstens so. Als junger Spieler 1994, erinnert er sich, "hat man etwas gesagt, aber es hat keinen interessiert. Jetzt, da ich älter bin, sage ich etwas und habe selbst das Gefühl, es könnte das Richtige sein." Auch aufgrund dieser Erfahrung ist der schwedische Trainer Lars Lagerbäck ("Henrik ist ein großer Spieler und eine große Persönlichkeit") dankbar, dass Larsson 2004 in die Nationalmannschaft zurückgekehrt ist, aus der er sich zwei Jahre zuvor zurückgezogen hatte. Eine Art Petition der schwedischen Öffentlichkeit, die sogar Uefa-Präsident Lennart Johansson unterschrieben hatte, und die Frage seines Sohnes bewegten ihn damals zum Comeback. "Papa", wollte der kleine Jordan wissen, "warum spielt du nicht mehr, wenn die anderen spielen?"

So schnell wird Jordan die Frage wohl nicht mehr stellen müssen. Sein Vater will in der Nationalelf spielen, so lange es ihm Spaß macht und er gebraucht wird. "Hej", sagt er, "mir geht es gut. Ich bin ja noch keine 35."

© SZ vom 8.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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