Handball:Zu viel Verstand

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Große Leere: Die Rimparer nach dem 29:31 in Bad Schwartau. (Foto: Frank Scheuring/foto2press)

Rimpars Handballer verpassen knapp den Aufstieg in die Bundesliga. Nach der Pleite bei Bad Schwartau erheben die Spieler Vorwürfe an Meister Lübbecke.

Von Sebastian Leisgang

Von der Theorie mit den höheren Mächten hält Matthias Obinger nichts. Er kann sich zwar zu einem Lächeln durchringen; dass aber der Mannschaftsbus kein gutes Omen gewesen soll? Dieser Logik kann der Trainer der Rimpar Wölfe nicht folgen.

Der Samstag hätte der größte Tag der Klubhistorie werden sollen, der Tag der Vollendung des Rimparer Märchens mit dem Aufstieg in die Bundesliga. Daher warf Obinger seine Pläne kurzerhand um und fuhr mit seiner Mannschaft nicht erst am Spieltag mit dem Zug zum Auswärtsspiel bei Bad Schwartau, sondern bereits am Freitag - mit dem Mannschaftsbus der Würzburger Kickers, die jüngst aus der zweiten Fußball-Bundesliga abgestiegen waren. "Ich glaube nicht, dass das irgendetwas mit dem Spiel zu tun hatte", sagte Obinger tags darauf mit der Nüchternheit eines Nachrichtensprechers.

Am Samstagabend nach dem 29:31 in Bad Schwartau und dem Sturz aus den Aufstiegsrängen hatte er noch bitterlich geweint, nun sagte Obinger: "Nach dem Spiel habe ich eine große Leere empfunden, jetzt sind es eher Traurigkeit und Stolz." Traurigkeit über die schmerzhafteste Niederlage der Vereinsgeschichte, wie Obinger einordnete. Stolz aber auf die famose Saison seiner Mannschaft.

Es hätte ein Märchen werden können, doch Rimpar, einer 8000-Einwohner-Gemeinde bei Würzburg, blieb die Krönung versagt. Ein Jahr lang hatte sein Team die Liga unverhofft aufgemischt, mit einem geringen Etat, zwei einheimischen Trainern, fünf Spielern aus dem eigenen Nachwuchs und etlichen anderen aus der Region. Vor dem letzten Spieltag hatte sich die Mannschaft eine vortreffliche Position verschafft. Ein Sieg bei Bad Schwartau - und Rimpar wäre Bundesligist gewesen. Nach dem Spiel bekannte Obinger aber: "Es war zu wenig." Womöglich auch, weil die Spieler der Lage nicht Herr wurden. "Vielleicht war der Druck zu groß", mutmaßte Obinger: "Sie standen vor dem größten Punkt ihrer Karriere, da ist es normal, dass sie sich einen Kopf machen. Ohne Verstand Handball zu spielen, wäre aber besser gewesen."

So aber leistete sich sein Team etliche Unzulänglichkeiten, Ballverluste, Fehlwürfe, eine löchrige Deckung. "Wir müssen erst mit uns ins Gericht gehen. Wir sind für unser Schicksal selbst verantwortlich", sagte Obinger deshalb am Sonntag, als längst Gerüchte die Runde machten, dass Meister TuS N-Lübbecke unter der Woche auf Mallorca gewesen sein soll. "Das haben mir meine Spieler gesagt. Wenn das stimmt", sagte Obinger, hielt inne, weil er merkte, dass er nun besser vorsichtige Worte wählen sollte und fuhr fort: "Dann kann ich es nicht nachvollziehen." Schließlich verlor Lübbecke am letzten Spieltag gegen Hüttenberg und begünstigte den Durchmarsch der Hessen von der dritten in die erste Liga, während Rimpar in Trauer verfiel. Beim Meister hält man sich zu den Vorwürfen bedeckt. "Klar ist, dass wir nichts dergleichen genehmigt haben", sagte Geschäftsführer Torsten Appel. "Mir ist von solchen Aktivitäten auch nichts bekannt." Dennoch wird ein Beigeschmack bleiben.

In Rimpar stellt man sich nun darauf ein, nicht so schnell wieder an die Pforte zur Bundesliga anzuklopfen. "Es wäre vermessen zu sagen, dass wir gleich wieder angreifen", erklärte Obinger, "wir werden wohl wieder das geringste Budget haben, da müssen wir realistisch sein." Zumindest einen einstelligen Tabellenplatz wollen die Unterfranken in der nächsten Saison aber anpeilen. Bevor Obinger dieses Vorhaben in Angriff nehmen wird, verabschiedet er sich erst einmal in den Urlaub. Zwei Wochen Italien, abschalten, ein bisschen Golf spielen. "Ich muss mein schlechtes Handicap verbessern", sagte Obinger und lachte. In diesem Augenblick war ihm die Leere des Samstagabends nicht mehr anzumerken.

© SZ vom 12.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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