Handball-Weltmeister Peter Kretzschmar:"Grüß Mama"

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Stefan Kretzschmar (li.) mit Vater Peter: Im Handball berühmt geworden (Foto: imago/Camera 4)
  • Peter Kretzschmar ist im Alter von 85 Jahren verstorben, nur sieben Monate später als Waltraud Kretzschmar.
  • Beide waren Sportgrößen des deutschen Handballs. Peter Kretzschmar wurde Weltmeister im Feldhandball und später als Trainer auch im Hallenhandball der Frauen - mit seiner Frau in der Mannschaft.
  • Eine Familie wie die Kretzschmars ist im deutschen Handball einmalig: Sohn Stefan beansprucht mit Olympia-Silber 2004 den letzten großen Erfolg für sich.

Von Saskia Aleythe

Irgendwann hat Stefan Kretzschmar begonnen, immer mehr über seine Familie zu erzählen. Er spielt ja seit 2007 nicht mehr Handball und ist trotzdem das bekannteste Gesicht seines Sports; über das schwierige Verhältnis zu seiner Mutter schrieb er zum Beispiel in seiner Biografie, aber auch über die Verehrung seines Vaters. "Wenn es jemanden gibt, der so ist, wie ich gerne wäre, wenn jemand der perfekte Mann ist, dann ist es mein Vater. Er ist sensibel, aber nicht gefühlsduselig. Er ist stark, aber nicht dominant. Er ist intelligent, aber nicht neunmalklug", schrieb Kretzschmar also: "Er ist mein Vorbild, war immer mein Halt." Dieser Halt ist ihm am Sonntagabend verloren gegangen. Da starb Peter Kretzschmar nach langer Krankheit im Alter von 85 Jahren in einer Klinik in Rüdersdorf bei Berlin. Erst im Februar war Waltraud Kretzschmar mit 70 Jahren verstorben.

Eine Familie wie die Kretzschmars ist im deutschen Handball einmalig. Waltraud und Peter Kretzschmar waren zu DDR-Zeiten in Leipzig Berühmtheiten, sie gewannen WM- und Olympia-Medaillen. Waltraud als Spielerin, Peter als Spieler und später auch als ihr Trainer. "Er war einer der ganz Großen des Handballsports - sowohl als Aktiver, als auch als Trainer", würdigte Andreas Michelmann, Präsident des Deutschen Handballbundes, "er hat den Frauenhandball der siebziger und achtziger Jahre geprägt und zahlreiche Spielerinnen in die Weltklasse geführt."

Stefan Kretzschmar, der mit Olympia-Silber 2004 den letzten großen Erfolg der Familie für sich beansprucht, postete bei Instagram ein Bild von sich und seinem Vater: Peter Kretzschmar mit stolzem aufrechten Gang, Stefan mit Blick auf den Boden, ein Ballnetz in der Hand. Unter das Foto schrieb er die Worte: "Grüß Mama".

Als Peter Kretzschmar sein Herz an den Sport verloren hat, war der noch ein anderer als heute. 1932 in Leipzig geboren, wuchs Peter Kretzschmar mit Feldhandball auf und feierte parallel zum Hallenhandball auch damit Erfolge. 1958 holte er mit der gesamtdeutschen Mannschaft WM-Bronze in der Halle, 1963 wurde er auf dem Großfeld mit der DDR-Auswahl Weltmeister, mit einem 14:7 im Finale über die BRD. Nachdem er selber Spieler beim SC Leipzig gewesen war, übernahm Peter Kretzschmar in den Siebzigerjahren die Frauen als Trainer und feierte mit ihnen zehn DDR-Titel - sowie die Gründung seiner Familie. 1971 heiratete er seine Spielerin Waltraud, 1973 kam Stefan auf die Welt und turnte in den Halbzeitpausen der Partien gerne übers Parkett. Seine Schwester Katharina ist die einzige der Kretzschmars, die dem Handball fern geblieben ist.

Zwei WM-Titel feierte das Ehepaar zusammen, 1975 und 1978, bei Olympia eroberten sie 1976 Silber und 1980 Bronze. Der Lebensmittelpunkt hatte sich dann schon nach Berlin verlagert. Mit dem Mauerfall begann für die Eltern beruflich eine schwierige Zeit, drei Jahre noch fungierte Peter Kretzschmar als Sportdirektor beim TSC Berlin. Er selber hat seinem Sohn auch ein Kapitel in dessen Biografie gewidmet. Wegen der vielen Spiele hat Stefan seine Kindheit oft ohne die Eltern verbringen müssen, "trotz häufiger Trennung hatten und haben wir aber ein inniges Verhältnis", schrieb der Vater, "ohne uns permanent in den Armen zu liegen und dauernd zu sagen: ,Ich liebe dich.' Man weiß es eben."

© SZ vom 11.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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