Handball-Pokal:Schlimm und schlimmer

Lesezeit: 3 min

Die SG Flensburg-Handewitt mit Thomas Mogensen darf nach dem Sieg gegen die Rhein-Neckar Löwen weiter von der Titelverteidigung träumen. (Foto: Lukas Schulze/dpa)

Die Rhein-Neckar Löwen scheitern bei ihrer neunten Pokal-Endrunde zum neunten Mal. Im Finale kommt es zum Duell zwischen Cupverteidiger Flensburg und Magdeburg.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Auch ein kleiner psychologischer Trick reichte den Handballern der Rhein-Neckar Löwen nicht, um ihr Pokal-Trauma loszuwerden. Auf dem Trikot von Hendrik Pekeler stand in der ersten Halbzeit nicht wie gewohnt sein Name, sondern das Wort "Europameister". Es sollte wohl heißen, dass die Löwen nicht als achtmaliger Verlierer der Pokal-Endrunde nach Hamburg gekommen waren, sondern hochdekoriert und mit viel Selbstbewusstsein.

Doch als das erste Halbfinale des Final-Four-Turniers zwischen dem Bundesliga-Tabellenführer und dem Pokalverteidiger SG Flensburg-Handewitt nach Verlängerung beendet war, hielt der Löwen-Trainer Nicolaj Jacobsen seinen Kopf deprimiert in den Händen. 30:31 (12:14, 26:26) hatte die Mannschaft aus Mannheim gegen Flensburg verloren, ähnlich wie im vergangenen Jahr. Damals hieß es 23:24. Jetzt sagte Jacobsen: "Letztes Jahr war es schon schlimm, diesmal ist es noch schlimmer." Es war eine grandiose Partie vor 13 200 Zuschauern in der ausverkauften Hamburger Arena, die keinen Verlierer verdient hatte.

"In Hamburg ist der Wurm drin", sagt Löwen-Manager Lars Lamadé

Und doch musste es einen geben. 28:26 hatten die Nordbadener in der Verlängerung schon geführt, ehe die skandinavische Auswahl aus Flensburg durch Treffer von Rasmus Lauge, Anders Eggert (Siebenmeter) und Kentin Mahé das Spiel noch drehte. Löwen-Manager Lars Lamadé versuchte, in einem Satz Frust und Mut zusammenzufassen, als er sagte: "In Hamburg ist der Wurm drin, aber wir werden es ein zehntes Mal versuchen." Flensburgs Coach Ljubomir Vranjes hob den Erfolg so hoch wie es überhaupt geht: "Es gibt Siege und Siege. Und dieser ist einer der größten meiner Karriere."

Denn eigentlich schien diesmal alles für die Mannheimer und gegen die SG zu sprechen. Während sich die Löwen ausgeruht auf das Mini-Turnier vorbereiten durften, schieden die Flensburger am Mittwochabend beim 28:29 in Kielce (Polen) durch eine Fehlentscheidung des Schiedsrichters, der ihnen in den letzten Sekunden einen klaren Siebenmeter verweigerte, im Champions-League-Viertelfinale aus. Sie fuhren direkt nach Hamburg und versprachen, erneut zu kämpfen bis zum Ende. Auch am Samstag war das Spiel schon fast verloren, als Eggert drei Sekunden vor der Schlusssirene noch einen Siebenmeter ausführen durfte. Er hob ihn cool über Keeper Mikael Appelgren zum 26:26 und zur Verlängerung. Nachher meinte der listige Schütze: "Das war nichts besonderes, auch wenn es spannend war." Schließlich hat er eine Trefferquote von 80 Prozent bei Siebenmetern.

Eine noch bessere Quote hat Uwe Gensheimer (83 Prozent in der Bundesliga), im Halbfinale von Hamburg verwandelte er alle acht Strafwürfe. An ihm, dem gebürtigen Mannheimer, der im Sommer zu Paris St. Germain wechselt, sollte es auf keinen Fall liegen, wenn seine Mannschaft den Pokal wieder nicht gewinnt. Auch an Keeper Appelgren lag es nicht. Lange war er der größere Rückhalt für sein Team als sein Gegenüber Mattias Andersson bei Flensburg. Doch in der zweiten Hälfte der Verlängerung parierte Andersson drei entscheidende Würfe. Gegen die Flensburger Moral kamen also weder Gensheimer noch Dirigent Andy Schmid an. Der Schweizer wurde weitgehend ausgebremst, was wohl auch dem Taktik-Fuchs Vranjes zugeschrieben werden konnte.

Im Finale fehlt den Flensburgern ihr Spielmacher Rasmus Lauge

Die ausgelaugten Profis von der deutsch-dänischen Grenze hatten ihre ganze restliche Kampfkraft eingebracht gegen einen Gegner, der, wie Vranjes meinte, "wahrscheinlich deutscher Meister wird". Manager Dierk Schmäschke strich noch einmal das heraus, was auch im vergangenen Jahr beim Triumph in der Champions League und beim Final Four erkennbar war: "Die Spieler werfen in den wichtigen Spielen alles in die Waage. Diesen Charakter haben alle in sich."

Und manchmal geht es noch darüber hinaus. Regisseur Rasmus Lauge, der über weite Strecken ein überragendes Spiel abgeliefert und wie Holger Glandorf sowie Thomas Mogensen fünf Tore geworfen hatte, tickte in der letzten Minute aus. Nach einer Provokation von Patrick Groetzki stieß er den Nationalspieler um und erhielt die rote Karte. Der Däne ist damit für das Endspiel am Sonntag (15 Uhr/Sport 1) gesperrt.

Auch im zweiten Halbfinale zwischen dem SC Magdeburg und dem Bergischen HC ging es nach einem 29:29 in die Verlängerung. 15:14 hatte der Außenseiter Bergischer HC, der in der Bundesliga noch gegen den Abstieg kämpft, zur Pause geführt. Am Ende setzte sich Magdeburg 36:33 durch; zwölf Tore erzielte dabei Robert Weber. Das Finale zwischen Flensburg und Magdeburg ist im Übrigen die Neuauflage des Vorjahres. Damals gewannen die Flensburger erst nach Siebenmeterschießen.

© SZ vom 01.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: