In Ostwestfalen ist die deutsche Handballwelt noch in Ordnung. Im ausverkauften Tennisstadion des Städtchens Halle haben die blendend aufgelegten Handballer ihr viertes Qualifikationsspiel zur Europameisterschaft vor begeistertem Publikum gegen Island haushoch mit 39:28 (20:13) gewonnen und können die für die Olympia-Qualifikation so wichtige EM-Teilnahme im Januar in Serbien weiter aus eigener Kraft schaffen.
Nur vier Tage nach einer deprimierenden 31:36-Niederlage in Reykjavik besiegten sie die diesmal schwächelnden Isländer dank einer leidenschaftlichen Vorstellung und lieferten ihrem zweifelnden Bundestrainer Heiner Brand ein gutes Argument, sein Amt vielleicht doch bis zur EM 2012 zu behalten. "Wir haben heute mit einer ganz anderen Einstellung gespielt", sagte der Torwart Silvio Heinevetter.
Zum neunten Mal traten deutsche Handballer in Halle zum Länderspiel an. Die Stimmung ist hier bei jedem Spiel so ausgelassen, als wären die heimischen Ballwerfer noch Weltmeister. Der kritische Gezeitenwandel im deutschen Handball wurde von 10.500 Zuschauern applaudierend und trompetend ignoriert, was den deutschen Spielern trefflich ins Konzept passte in diesem wichtigen Spiel, mit dem sie die verpatzte WM in Schweden sowie die bislang schwierige Qualifikation zur EM im Januar 2012 in Serbien vergessen machen und alles zum Guten wenden wollten.
"Den Weg zur Europameisterschaft zu ebnen, kommt einem wichtigen Schritt in eine bessere Zukunft gleich", hatte der Handballbund-Präsident Ulrich Strombach ins Hallenheft geschrieben, und der Gummersbacher Rückraumspieler Adrian Pfahl hatte das Magazin gründlich studiert, denn zur wegweisenden 5:1-Führung seiner hochkonzentrierten Mannschaft nach nur fünf Minuten trug er drei Tore bei.
Den Deutschen kam bei ihrem blendenden Auftritt zugute, dass den Isländern ihr herausragender Torwart Björgvin Gustavsson fehlte. Der angehende Magdeburger hatte sich im Training verletzt. Hreidar Gudmundsson vom deutschen Zweitligisten TV Emsdetten ersetzte ihn, aber genauso wie der dritte Torwart Sveinbjörn Petursson hielt Gudmundsson nicht halb so beeindruckend wie Gustavsson am vergangenen Mittwoch, als dieser die Deutschen beim 36:31-Sieg seiner Isländer im dritten Gruppenspiel der EM-Qualifikation vollständig entnervt hatte. Das gelang diesmal auf der anderen Seite dem Torwart Heinevetter, der seiner Mannschaft beim souveränen Herausspielen einer 20:13-Pausenführung ansehnlich den Rücken freihielt.
Nach einem Remis gegen Österreich, einem Sieg gegen Lettland und der Niederlage gegen Island benötigte die deutsche Mannschaft diesen Sieg im vierten Qualifikationsspiel gegen Island besonders dringend, denn nun kann sie das Ticket zur EM in Serbien in den verbleibenden Qualifikationsspielen gegen Österreich am 8. Juni sowie am 11. oder 12. Juni gegen Lettland aus eigener Kraft erspielen. Nur bei der EM 2012 können die Deutschen noch die Teilnahme an den Olympischen Spielen in London sichern, insofern besaß das Spiel gegen Island schon einen K.o.-Charakter, der die deutschen Spieler aber nicht lähmte. Im Gegenteil.
Mit der von Brand deutlich eingeforderten Leidenschaft dominierten die deutschen Spieler ihre Gäste derart klar, dass man schon rätseln musste, wie sie die Partie in Reykjavik gegen den selben Gegner vier Tage zuvor derart chancenlos hatten verlieren können. Mit der deutlichen Revanche schob sich Brands Team in der Qualifikationsgruppe auf den zweiten Platz vor.
Mit einem Sieg am 8. Juni in Innsbruck kann sie die Qualifikation zur EM schon so gut wie sichern. "Wenn wir so spielen, können wir jeden Gegner schlagen", sagte Rückraumspieler Holger Glandorf. Im begeisterten Ostwestfalen hat der deutsche Handball am Sonntag einen großen Schritt in eine bessere Zukunft gemacht.