Handball:"Fast schon krank"

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Wieder schmerzfrei: Paul Drux hat seine Rippenprellung auskuriert. (Foto: Annegret Hilse/Reuters)

Die Handball-Nationalspieler klagen nach der Weltmeisterschaft über die große Belastung. Auch Bundestrainer Christian Prokop wirbt dafür, das Thema ernsthaft zu diskutieren.

Von Carsten Scheele, München

Martin Strobel geht es besser. Zum All-Star-Game in Stuttgart kam er in blauer Trainingsjacke und auf Krücken in die Halle, der Mittelmann wurde mit lautem Applaus begrüßt. Die Ärzte seien zufrieden, sagte Strobel, es gehe langsam aufwärts, Stück für Stück. Im WM-Spiel gegen Kroatien hatte sich Strobel einen Kreuzbandriss zugezogen; er wurde noch während des Turniers operiert. Alles sei gut verlaufen, sagte Kniespezialist Jörg Richter, der Strobel unterm Messer hatte, der Heilbronner Stimme. Ein Kreuzbandriss sei "einfach nur Pech", so Richter, "keine Überlastungsverletzung".

Trotzdem ist die Belastung der Nationalspieler das große Thema zum Wiederbeginn der Handball-Bundesliga, nach der tatsächlich sehr kurzen Erholungsphase im Anschluss an die WM im eigenen Land, bei der die deutschen Nationalspieler zehn Spiele in 18 Tagen zu absolvieren hatten - neben den Reisetagen und all dem Bohei rund um die Heim-WM. Ein Pensum, das in anderen Sportarten nach wie vor undenkbar wäre; die meisten Nationalspieler hatten nur wenige Tage bei ihren Familien, bevor sie wieder bei ihren Klubs vorstellig werden mussten. Zehn Tage nach dem Spiel um Platz drei geht es schon am Donnerstag wieder los: Der THW Kiel reist mit seinen zahlreichen Nationalkräften nach Göppingen, die Füchse Berlin nach Lemgo; die Rhein-Neckar Löwen spielen erst am Samstag gegen den Bergischen HC, müssen aber am Mittwoch schon in der Champions League gegen Skopje ran.

Einige Spieler formulieren ihre Sorgen deutlich. "1,8 beziehungsweise 1,7 Tage an Erholung" habe man während der WM gehabt, rechnete etwa Patrick Groetzki vor. Anschließend der quasi nahtlose Übergang in den Ligaalltag. Das sei "fast schon krank", echauffierte sich Groetzki. Auch der Berliner Paul Drux hat Bedenken, wie sich die kommenden Wochen bewältigen lassen. Auf seine Füchse warten sieben Spiele in 20 Tagen. Dies werde eine "gewaltige Aufgabe", so Drux: "Da können wir nur hoffen, dass alle Kräfte reichen."

Auch Bundestrainer Christian Prokop warb für Verständnis, das Thema Belastung müsse "definitiv ernsthaft in den wichtigsten Verbänden und Gremien diskutiert" werden, so Prokop. Beim All-Star-Game tauschten sich die Kapitäne der 18 Bundesligaklubs über eine gemeinsame Linie aus; auf Verbandsseite werden erste Maßnahmen diskutiert, wie diejenigen Spieler, die in Liga, Champions League und Nationalmannschaft gefordert sind (und auf mehr als 70 Pflichtspiele pro Jahr kommen), ihre Regenerationsphasen bekommen können. So soll im neuen Rahmenterminkalender künftig die Sommerpause um zwei Wochen verlängert werden - dies ist ein wichtiges Anliegen der Spieler.

Welthandball-Präsident Hasan Mustafa ließ zudem anklingen, dass er sich bei der nächsten WM für mehr Ruhetage einsetze. Wie das funktionieren soll, muss Mustafa ebenfalls klären, denn das Turnier 2021 in Ägypten wird erstmals mit 32 statt 24 Teams ausgetragen.

© SZ vom 06.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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