Handball: Die Bestechungsaffäre:Ein Ehrenwort aus Kiel

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THW-Manager Uwe Schwenker weist alle Bestechungsvorwürfe zurück, die Handball-Liga sieht dennoch weiteren Klärungsbedarf.

Christian Zaschke

Gemessen an der Aufregung, die es zuvor gegeben hatte, war die Atmosphäre am Montagabend geradezu herzlich unter den Vertretern der Handball-Bundesliga (HBL) und Uwe Schwenker, dem Manager des THW Kiel. Der HBL-Aufsichtsratsvorsitzende Manfred Werner hatte gesagt, der THW solle seit dem Jahr 2000 internationale Spiele verschoben haben, darunter das Rückspiel des Champions-League-Finales 2007 gegen Flensburg.

THW Kiels Manager Uwe Schwenker (l) steht am Montag (02.03.2009) in Hamburg nach der Krisensitzung des Ligaverbandes Handball Bundesliga (HBL) neben dem HBL-Aufsichtsratsmitglied Dieter Matheis (M) und HBL-Präsident Reiner Witte (r). (Foto: Foto:)

Gestützt hatte er sich dabei auf Informationen von Dieter Matheis, den Beiratsvorsitzenden der Mannheimer Rhein-Neckar Löwen, der auch im Aufsichtsrat der HBL sitzt. Woher wiederum Matheis seine Informationen hatte, bleibt weiterhin unklar. Jedenfalls nutzte Schwenker das Treffen am Montagabend, um alle Vorwürfe zurückzuweisen. ,,In der Sitzung hat es keinerlei Anhaltspunkte gegeben, dass irgendwas an den Vorwürfen dran ist'', sagte er, "damit ist die Sache für uns erledigt."

100 Minuten hatte die Sitzung in einem Hamburger Hotel gedauert, neben Schwenker und Matheis waren auch HBL-Präsident Reiner Witte und HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann anwesend. ,,Die Vorwürfe sind massiv. Wir nehmen die Sache sehr ernst und wollen schnellstmöglich aufklären'', hatte Bohmann noch am Sonntag gesagt. Am Montag sagte Witte: "Die Fragen, die gestellt wurden, sind zunächst einmal beantwortet worden. Belastbare Tatsachen liegen nicht vor." Und Bohmann ergänzte: "Für heute sind die Fragen geklärt. Wir werden weiter recherchieren."

Auch Dieter Matheis gab sich defensiv. "Ich hatte Gerüchte gehört und in dem Brief an Schwenker Fragen gestellt. Meine Fragen sind heute beantwortet worden. Damit gebe ich mich zufrieden", sagte er. Schwenker hat der Runde sein Ehrenwort gegeben, dass die Vorwürfe nicht zuträfen. Was nun weiterhin unklar bleibt, ist die Quelle, auf die sich Matheis und die HBL stützten, um so massive Vorwürfe gegen den THW zu erheben. ,,Als ich von dem Gerücht gehört habe, wollte ich diesen ungeheuerlichen Vorwurf geklärt wissen'', sagte Matheis. Er habe ,,von diesen Gerüchten in einer Gesellschaftersitzung der Rhein-Neckar Löwen gehört'', sagte er.

Wer hinter den Anschuldigungen steckt, schien am Montagabend keinen der Offiziellen zu interessieren. HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann sagte: "Die Vorwürfe sind über Dieter Matheis gekommen, er hat sie kanalisiert. Es spielt keine Rolle, woher sie kommen." Dass der ehemalige Kieler Trainer Noka Serdarusic etwas damit zu tun haben könnte, schloss Schwenker aus. "Nein", sagte er auf eine entsprechende Frage.

Jesper Nielsen, dänischer Gesellschafter der Rhein-Neckar Löwen, erneuerte die Bestechungsvorwürfe am Dienstag. Dem dänischen Sender TV2 Sport sagte er laut Deutscher Presse-Agentur: "Wir wissen, dass es rund um die Champions-League-Spiele des THW Kiel Unregelmäßigkeiten gegeben hat."

Dieses Wissen basiere auf Aussagen von "Schlüsselpersonen innerhalb des THW Kiel und aus dessen Umfeld". Wegen dieser Problematik, sagt Nielsen, habe Serdarusic nicht zu den Rhein-Neckar Löwen wechseln können. Serdarusic sollte vom Sommer an die Löwen trainieren, hat in der vergangenen Woche aber aus - wie es hieß - gesundheitlichen Gründen abgesagt.

Am Dienstagabend verbreitete der THW Kiel seinerseits eine Erklärung, in der es heißt: "Noka Serdarusic hat dem THW Kiel am heutigen Tage ebenfalls bestätigt, dass er weder an derartigen Manipulationen beteiligt war, noch irgendjemanden vom THW Kiel beschuldigt hat, so etwas getan zu haben."

Auch die Bestechungsvorwürfe wies der Klub erneut zurück. "Spielmanipulationen seitens des THW Kiel hat es zu keiner Zeit gegeben, auch nicht im Zusammenhang mit dem Champions-League-Finale gegen Flensburg 2007." Der THW behalte sich rechtliche Schritte vor, heißt es weiter.

Dieter Matheis hatte, wie er am Montagabend darlegte, bereits vor rund zwei Wochen von den Vorwürfen erfahren. Er habe nicht früher reagiert, weil die Sache so brisant gewesen sei, dass sie überlegtes Handeln erfordert habe. Am vergangenen Donnerstag habe er einen Brief an Schwenker geschrieben und um Aufklärung gebeten, auch die HBL setzte er von den Vorwürfen in Kenntnis. Dennoch will Matheis nicht die Rhein-Neckar Löwen als Auslöser der Affäre sehen. "Den Brief an Uwe Schwenker habe ich in meiner Funktion als Aufsichtsrat der HBL geschrieben. Das geschah unabhängig davon, dass ich zugleich im Beirat der Löwen sitze", sagte er.

Am Dienstag kam der Aufsichtsrat der HBL zu einer mehrstündigen Sitzung zusammen, um die Ergebnisse des Treffens mit Schwenker vom Montagabend zu diskutieren. Ein Ergebnis gab es nicht, Aufsichtsratschef Werner verlas eine Erklärung: ,,Wir haben den gesamten Themenkomplex ausführlich diskutiert. Der Aufsichtsrat sieht weiteren Informationsbedarf.'' Das bedeutet, dass die HBL die Angelegenheit weiter verfolgt. An diesem Mittwoch tagt das Präsidium der HBL in Dortmund.

"Dort wird besprochen, wie es weitergeht und wer weiter recherchiert", sagte Geschäftsführer Frank Bohmann. "Das ist ein sehr ernstes Thema'', sagte Andreas Rudolph, HBL-Aufsichtsratsmitglied und Präsident des HSV Hamburg, nach der Sitzung am Dienstag, "wir wissen nicht, ob ein Bestechungsfall vorliegt. Wir müssen klären: Sind die Bestechungsvorwürfe berechtigt. Und wenn ja - woher sie kommen." Das klang nicht mehr danach, als sei die Sache "erledigt", wie Schwenker noch am Montag gesagt hatte.

Am Dienstag haben sich auch die polnischen Handball-Schiedsrichter Marek Goralczyk und Miroslaw Baum zu Wort gemeldet, die das in den Fokus geratene Rückspiel des Champions-League-Finale 2007 geleitet hatten. Sie wiesen alle Vorwürfe zurück.

© SZ vom 04.03.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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