Hallenhockey:Mosaik in der Geisterbahn

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Ohne Vorbereitung ist Aron Flatten vom Münchner SC (am Ball, hier gegen Frankfurt) in die Hallenrunde eingestiegen. (Foto: Jürgen Kessler/imago images)

Die strauchelnden Hockey-Erstligisten aus München und Nürnberg hoffen im Abstiegskampf auf einen weinenden Dritten

Von Katrin Freiburghaus

Am ersten Doppelspieltag der Hallenbundesliga waren die Hockey-Männer des Münchner Sportclubs noch reichlich irritiert, als das Derby gegen die in diesem Winter schwächer eingeschätzten Nürnberger in eigener Halle 4:9 verloren ging. Die Vorbereitung war ordentlich gelaufen, das junge Team vorfreudig in die Indoor-Saison gestartet, nachdem diese im Vorjahr pandemiebedingt entfallen war. Für viele im Kader ist es deshalb die erste Bundesliga-Spielzeit in der Halle. Doch was als Abenteuer ohne allzu viel Druck konzipiert war, entwickelt sich zunehmend problematisch: Der Blick auf die Tabelle verheißt für die Münchner nach dem letzten Spieltag des Jahres Geisterbahn statt Budenzauber.

Neben mehreren Spielern fehlte zuletzt auch das komplette Trainerteam

Der MSC hat aus bislang sechs Spielen lediglich einen Punkt geholt, am vergangenen Wochenende beim 5:5 in Frankfurt. Hinter ihm lagen zu diesem Zeitpunkt zwei Wochen mit Corona-Infektionen inklusive freiwilliger Spieltagsverlegung und Isolation. "Wir wollten die Infektionskette unterbrechen", hatte Interims-Coach Stefan Kermas die Eigenmaßnahmen begründet. Laut Statuten und den Corona-Regelungen für Profisport hätten zwar alle negativ schnellgetesteten Spieler weiter gemeinsam trainieren und zum Spieltag antreten dürfen. Die Sorge davor, noch unentdeckte Fälle im Kader zu haben und weitere Spieler oder womöglich den Gegner anzustecken, war bei den Verantwortlichen jedoch zu groß gewesen.

Kermas befand sich am vergangenen Wochenende noch in Quarantäne - genau wie der etatmäßige Männer-Trainer Patrick Fritsche, den Kermas vertritt, weil Fritsche parallel zur Hallenrunde als Co-Trainer der deutschen U21-Junioren WM-Silber in Indien gewann. Das klingt genauso spektakulär, wie es organisatorisch ist. Klaus Holzmüller hatte das Team deshalb in Frankfurt und Frankenthal (4:8) betreut und war ob der geringen Punkteausbeute einigermaßen ernüchtert. "Andere Teams haben mit dieser Corona-Sache ja auch zu tun, aber das macht es für uns nicht einfacher", sagte er. Drei Spieler fehlten, weil sie sich noch nicht freitesten konnten, zwei weitere spielten mit Trainingsrückstand, die U21-Fahrer Philipp Holzmüller und Aron Flatten kamen zudem ohne Vorbereitung in der Halle zum Einsatz. "Und dann fehlt zusätzlich im Prinzip auch noch das ganze Trainerteam", sagte Holzmüller weiter, "das ist für sich alles nicht dramatisch, aber es sind kleine Mosaiksteinchen."

Es liegt im Wesen von Mosaiksteinchen, für sich genommen nicht besonders dramatisch zu sein, das fertige Bild ist dann aber mitunter doch eine Herausforderung. Nun ist der MSC als Klub im dramatischen Abstiegskampf in der Halle vergleichsweise erfahren, sein aktuelles Team aber ist es nicht. Drei Spieler haben schon einmal Hallenbundesliga gespielt. Bei der schnelleren Variante des Hockeys, bei der Erfahrung und technische Fertigkeiten einen deutlich höheren Stellenwert besitzen, ist das ein echter Nachteil. "Die Jungs sind alle talentiert, aber unterm Strich sind zehn Jahre Hallenbundesliga eben was anderes, da fehlt in vielen Situationen einfach die Erfahrung", sagte Holzmüller.

Nürnberg und München treffen beide noch auf Frankenthal, das einzige Team in Schlagdistanz

Die Münchner hatten auf individuelle Qualität gesetzt. Schnell den Verbleib in der Liga zu sichern und dann vorsichtig nach oben zu schauen, hatten sie sich vorgenommen. Nun lotet der Klub aus, ob sich für die verbleibenden vier Spiele womöglich ehemalige Spieler zur Stabilisierung reaktivieren lassen.

Weil auch der Nürnberger HTC seit dem überraschenden Auftakterfolg in München in sechs weiteren Partien nicht mehr punktete, ist der Abstiegskampf der Südstaffel aktuell eine rein bayerische Angelegenheit. Der Letzte der Sechsergruppe steigt in die zweite Bundesliga ab, einzig Frankenthal liegt mit sechs Punkten in Schlagdistanz. "Die sind noch nicht weg", sagt Nürnbergs Kapitän Frederic Wolff, der ebenfalls reichlich Erfahrung mit heißen Schlussphasen im Tabellenkeller hat. Ob Frankenthal bei dieser Variante mitspielt, haben Nürnberg und München selbst in der Hand: Beide Teams treffen im neuen Jahr noch einmal auf den möglichen weinenden Dritten im Bunde.

Deutlich ruhigere Feiertage liegen vor den Frauen des Münchner Sportclubs, die mit dem Abstieg in dieser Saison nichts mehr zu tun haben und sich als Dritte der Südstaffel mit lediglich zwei Zählern Rückstand auf das Spitzenduo aus Mannheim sogar noch Chancen auf das Viertelfinale ausrechnen.

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