Hall of Fame:Voller Gefühl

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Die Sporthilfe feiert vier Neulinge in der Hall of Fame - nur die Aufarbeitung der unbequemen Vergangenheit kommt zu kurz.

Von Barbara Klimke, Berlin

Die Sporthilfe-Stiftung hat am Freitag ein halbes Jahrhundert ihres Bestehens gefeiert, und wie stets bei Jubelfeiern dieser Art ging es beim Festakt in Berlin zunächst einmal um schöne, runde Zahlen: 50 000 DM hatte im Jahr 1967 das Startkapital des Förderprogramms für Spitzenathleten betragen, und in einer märchenhaft anmutenden Geldvermehrung haben bis heute annähernd 50 000 Sportler in 50 Sportarten davon profitiert. Allein in diesem Jahr werden 14 Millionen Euro an jene Sportler verteilt, die nicht zur Riege der Millionäre in kurzen Hosen gehören - was noch immer die Mehrheit betrifft. Die Aufgabe der Zukunft, so gab der Aufsichtsratschef Werner Klatten bekannt, müsse darin bestehen, den Anwärtern "höhere Prämien auszuzahlen", damit Leistungssportler möglichst auch über das Karriereende existenziell abgesichert sind.

Matthäus und Beckenbauer boten die beste Unterhaltung

Aber so wichtig Statistiken auch sind: Die Welt der Höhen, Weiten und Zeiten, so erläuterte der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbundes, Michael Vesper, der Festgemeinde in Berlin, bestehe nicht nur aus Zahlen, sondern auch aus jenem publikumswirksamen Element, das er die "Emotionalisierung des Leistungssports" nennt. Insofern traf es sich gut, dass bei der Jubelfeier gleichzeitig die vier neuen Mitglieder Heike Drechsler, Sven Hannawald, Franz Keller und Lothar Matthäus die höheren Weihen für die Aufnahme in die Hall of Fame des deutschen Sports erhielten. Die Bandbreite der Gefühle, von Rührung bis Heiterkeit, erwies sich damit als nahezu abgedeckt.

Den größten Unterhaltungswert hatte der Doppelauftritt von Fußball-Rekordnationalspieler Lothar Matthäus (Jahrgang 1961) und seinem Laudator Franz Beckenbauer, die man nun auch offiziell den besten Double Act in der Ruhmeshalle des Sports nennen darf. Zumal zu deren Mitgliedern auch eher nüchterne Vertreter wie Turnvater Friedrich Ludwig Jahn (Jahrgang 1778) gehören. In seiner Lobesrede ratterte Weltmeistertrainer Beckenbauer die Titel herunter, die sein Kapitän gewonnen hatte: "Weltmeister, Europameister, italienischer Meister, was es alles so gibt - also alles, quasi. Das berechtigt ihn, sich der beste deutsche Spieler aller Zeiten zu nennen." Matthäus wiederum erklärte sich seine Aufnahme damit, "dass ich mich nie für wichtig gehalten habe". Immer sei er "ein Mannschaftsspieler" gewesen, auch im WM-Finale 1990, als der Kapitän wegen des berühmten falschen Schuhs am Bein auf den Elfmeterschuss verzichtete. Beckenbauer, der sich seit den Vorwürfen der WM-2006-Affäre in der Öffentlichkeit etwas rar gemacht hatte, aktivierte seinen bekannten Charme: "Falsch", berichtigte er grinsend: "Er hatte drei Paar Schuhe dabei, aber sie wie immer aus Nachlässigkeit verlegt."

Weit ergriffener als dieses Duo waren die übrigen Geehrten, allen voran der frühere Nordische Kombinierer Franz Keller, der 1968 Olympia-Gold gewann und sich in dem illustren Kreise fast fehlplatziert wähnte: "Meine Erfolge sind gar nicht so groß", sagte er bescheiden, wenn ich die Anderen hier sehe." Keller, 1945 in Nesselwang geboren, war der Erste, der von der Sporthilfe profitierte.

Die Hall of Fame hat in Keller einen würdigen Vertreter. Doch Ruhm und Würde sind ihre einzigen Aufnahmekriterien und damit auch ihr Problem, wie sich an der Diskussion über den von der Jury nicht akzeptierten DDR-Radfahrer Täve Schur jüngst zeigte. Die Ruhmeshalle bedient nur den Mythos des Sports, statt sich mit seiner unbequemen Vergangenheit zu quälen. Und damit zurück zu Beckenbauer, der den Grund für seine Aufnahme so erklärte: "Ich bin in die Hall of Fame gekommen, weil ich die Sporthilfe nie in Anspruch genommen habe." Er hatte schon früh einen Fußballvertrag.

© SZ vom 27.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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