Golf:Tigers Vertrauter

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Jason Day beim Finale des Arnold Palmer Invitational in Orlando. Auch ein Ausflug in den Bunker hielt ihn dort nicht vom Turniersieg ab. (Foto: Sam Greenwood/AFP)

Der Australier Jason Day gilt als Favorit beim Matchplay-Turnier in Texas. Sein Mentor ist Tiger Woods, der einstige Dominator - das versetzt die Branche in Aufruhr.

Von Frieder Pfeiffer

Als die Auslosung vorüber war und die Blätter mit den 16 Vierergruppen aus den Druckern rasten, fehlte in schwarz auf weißem Grund wieder ein Name, obwohl er zuvor in aller Munde gewesen war. Tiger Woods, 40, hat die Golfbranche vor dem wichtigsten Matchplay-Turnier des Jahres gut im Griff. Da ist es egal, dass der einstige Dominator verletzt ist, sich seit August 2015 nicht mehr auf einem Turnierplatz gezeigt hat und in der Weltrangliste auf Position 467 abgerutscht ist. In Austin, Texas, wird Woods in dieser Woche, in der mit wenigen Ausnahmen die 64 besten Golfer im ungewohnten Kampf Mann gegen Mann einen Sieger beim zweiten von vier World-Golf-Championship-Turnieren ermitteln, nicht dabei sein. Und doch werden alle über ihn sprechen.

Aus der Ferne prägt Woods derzeit nämlich wieder einmal die Golfwelt. Er hat dazu nicht einen Ball schlagen müssen, nicht einmal für ein kurzes Video wie im Februar, als er den Beweis lieferte, dass seine Heilung nach mehreren Rückenoperationen ordentlich voranschreitet. Nein, Woods schrieb diesmal ein paar Kurznachrichten auf seinem Mobiltelefon. Er schickte sie an Jason Day, einen Kollegen, mit dem er sich auch schon mal zur privaten Trainingsstunde trifft. Ein ungewöhnlicher Vorgang in Anbetracht der Tatsache, dass Day im Herbst die Nummer eins der Welt war und nun auf Rang zwei gelistet ist.

"Wir haben die ganze Woche hin und her getextet", offenbarte Day am Sonntag. Und was genau? "Offensichtlich weise Worte." Offensichtlich, denn Day hatte gerade das gut besetzte Arnold Palmer Invitational gewonnen. Der Dank ging nach hartem Kampf an den SMS-Schreiber in der Ferne, der das Turnier im Verlauf seiner Karriere immerhin acht Mal gewonnen hat. Woods ist für Day jedoch auch über diese Statistik hinaus der richtige Ansprechpartner. "Es gibt mir so viel Selbstvertrauen, dass jemand wie er an mich glaubt."

Woods hat eine weise Botschaft für Day: "Bleib du selbst, bleib in deiner Welt"

Der Australier Day, 28, gilt als Grübler; einer, der nachts gerne wach liegt und über das Spiel sinniert, über Fehler und verpasste Chancen. Erst im vergangenen August hatte er nach unzähligen Enttäuschungen seinen ersten Major-Pokal in die Hände bekommen. Woods hingegen war in besten Zeiten einer, der andere zum Grübeln brachte. Nun schrieb er Day: "Bleib du selbst, bleib in deiner Welt." Nach furiosem Beginn vor dem Wochenende feierte der im Finale schwächelnde Day dennoch seinen sechsten Turniersieg seit Anfang 2015. "Ich wollte flüchten, aber ich habe gekämpft", sagte Day, der in seiner schwierigen Jugend ohne Vater auch mal die Flucht in der Sinnesbetäubung gesucht hatte.

Die frisch gewonnene Eigenschaft, an schlechten Tagen trotzdem gut auszusehen, macht Day zu einem der aussichtsreichsten Spieler für das US-Masters in zwei Wochen. Bislang war er als Mitglied der aktuell gehypten Großen Drei etwas im Schatten von Jordan Spieth und Rory McIlroy verschwunden. Doch vor dem Ausflug in den K.o.-Modus ab diesem Mittwoch in Texas stecken Spieth und McIlroy einträchtig in der Mittelmäßigkeit fest. Ob dies der Vorbereitung auf das erste Major des Jahres geschuldet ist oder nicht, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass Day bereit ist.

Der Kampf Mann gegen Mann sei für ihn ein "bevorzugtes Format", sagt Day: "Auf 18 Löchern kann jeder jeden schlagen, man muss auf den Punkt da sein." Er weiß, dass er genau das unlängst bewiesen hat. 2014 war er in dieser Disziplin zudem sogar schon einmal der Beste.

Damals wurde der Sieger noch in sechs Runden ausgespielt. Inzwischen müssen die Golfer nicht mehr fürchten, nach ein paar Löchern wieder abreisen zu dürfen. Aus 16 Vierergruppen schaffen es die Besten ins Achtelfinale am Samstag. Vor dem Wochenende wird Day also in keinem Fall auf die große Konkurrenz um Spieth, McIlroy und die formstarken Adam Scott, Bubba Watson und Rickie Fowler treffen. Auch Martin Kaymer geht den Besten der Branche erst einmal aus dem Weg. 2011 hatte es der Deutsche ins Finale geschafft und war zur Nummer eins der Welt aufgestiegen. Davon ist er aufgrund fehlender Ergebnisse derzeit weit entfernt. Anders Day: Der aktuellen Nummer eins, Spieth, ist er wieder gefährlich nahe.

Näher ist er gefühlt nur einem früheren Weltranglistenersten: Tiger Woods. "Ich habe ihn schon als Kind verehrt. Und plötzlich bin auch ich persönlich sehr eng mit ihm." Day liegt nachts vielleicht immer noch wach, sinniert übers Spiel. Nur über Fehler muss er gerade nicht so viel nachdenken: Er macht kaum welche.

© SZ vom 23.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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