Golf:Meeres-Ungeheuer

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Einsam in den Weiten der Sandbunker: Martin Kaymer strebt bei der US Open in Chambers Bay die Titelverteidigung an. (Foto: Andrew Redington/AFP)

Vor allem die Amerikaner stellt der Platz der US Open vor große Herausforderungen - nicht allen gefällt das. Aufregend indes sollte das zweite Major 2015 werden.

Von Frieder Pfeiffer, Chambers Bay/München

Jordan Spieth hat in dieser Woche ein paar Bälle verloren. Alltag, würde der Normalgolfer einwenden. Die Nummer zwei der Weltrangliste berichtete jedoch mit Erstaunen davon, dass ihm das Spielgerät in den hohen Gräsern von Chambers Bay abhanden gekommen war. Die Besten der Welt verlieren selten mehrere Bälle auf einer Runde. Und es könnte noch schlimmer kommen.

An diesem Donnerstag beginnen im US-Westküstenstaat Washington die US Open. Die Veranstaltung ist stolz darauf, als härtester Test der Saison zu gelten. Den Spielern gefiel das zuletzt nicht immer. Bernhard Langer sprach von dem "Gefühl, dass es nicht immer fair zugeht". Zu oft entscheidet auf kniffligstem Terrain dann doch das Glück. In diesem Jahr hat der Ausrichter, die United States Golf Association (USGA), die Ansprüche gar noch erhöht. Vor allem die welligen Grüns, auf denen der Ball in irrwitzigen Winkeln abspringt und lustige Kurven schneidet, sind in der Diskussion. USGA-Chef Mike Davis aber zuckt nur mit den Schultern - und schickt eine Warnung in Richtung Profis: "Wer hier nur zweimal herkommt und seinen Caddie über den Kurs schickt, der hat verloren."

"Historisch betrachtet ist es keine US Open", findet auch Mickelson

Die Profis fanden diese Ansprache wenig vergnüglich. Anweisungen nehmen sie sonst höchstens von ihren Trainern an. Rory McIlroy, die Nummer eins der Weltrangliste, konterte spöttisch: "Was ist Mike Davis' Handicap?" Und der Engländer Ian Poulter, immer laut im Ausdruck, teilte nach Rücksprache mit einigen ortskundigen Kollegen mit, dass all das "eine Farce" sei. Dabei könnte der erst acht Jahre alte Kurs im Nordwesten der USA als Geschenk an die Gäste vom alten Kontinent durchgehen. "Das ist schon ein Stil, der uns Europäern entgegenkommt", sagt der Nordire McIlroy. Und Phil Mickelson (USA) fügt an: "Es spielt sich wie eine British Open."

Breite Sanddünen durchziehen das offene, konturenreiche Gelände, auf dem sich lediglich hohes Dünengras dem Wind entgegenstreckt. Das sind typische Charakteristika eines so genannten Linkskurses, wie es auf den britischen Inseln viele gibt. Wegen der Böen vom nahen Meer ist kreatives Spiel in Bodennähe gefragt. Und: "Europäer spielen den Ball eben nicht immer hoch durch die Luft", sagt McIlroy. "Historisch betrachtet ist es keine US Open", findet auch Mickelson. Der 45-Jährige muss es wissen. Es ist seine 25. US Open. Sechs Mal war er Zweiter, es ist der letzte Major-Titel, der ihm fehlt.

Martin Kaymer, neben Marcel Siem und Stephan Jäger, der sich über ein Qualifikationsturnier ins Feld spielte, einer von drei Deutschen, lässt es trotz Titelverteidigung ruhig angehen - "wie eben bei allen anderen Majors vorher", sagt der 30-Jährige. Kaymer weiß: Der Kurs ähnelt dem bei der PGA Championship 2010 in Whistling Straits in Wisconsin, wo er den ersten Major-Titel gewann. Kaymer, zwölf Monate nach seinem Triumph nicht als Favorit gehandelt, kam spät nach Chambers Bay. Die Ansage von Mike Davis fand er "ein bisschen heftig". Der USGA-Boss hat wohl dennoch erreicht, was er wollte: Sein Kurs ist im Gespräch. Auch in den Tagen vor dem ersten Abschlag wird nun genau geschaut, wie sich die Favoriten dem hügeligen Ungetüm nähern. Manche, wie McIlroy, spielen einfach - der instinktive Ansatz. Andere besichtigten in dieser Woche nur wenige Löcher pro Tag, diese jedoch äußerst penibel, wie Tiger Woods, 39, der den Kurs "brutal" nannte. Und da der ehemalige Dominator inzwischen von seinen Schwungproblemen selbst dominiert wird, droht es für ihn doppelt brutal zu werden.

Masters-Sieger Spieth freut sich hingegen, trotz Ballschwund. Für den No-Name-Kurs, nur wenige der bislang 51 US-Open-Kurse waren vorher unbekannter, hat er den besten Caddie. Der wurde nicht nur auf der Anlage Bay getraut. Er wohnt auch ums Eck.

© SZ vom 18.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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