Golf:Der Magnet zieht nicht mehr an

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Das waren noch Zeiten: Der achtmalige Turniersieger Tiger Woods (li.) 2013 mit Gastgeber Arnold Palmer. (Foto: John Raoux/AP)

Beim ersten "Arnold Palmer Invitational" nach dem Tod des Namensgebers fehlt ein großer Teil der Golfelite.

Von Frieder Pfeiffer, Orlando/München

Arnold Palmer hatte sein Büro im zweiten Stock des Clubhauses. Wer die Holzlamellen nach oben zog, blickte durch eine breite Fensterfront auf den großen Parkplatz des Bay Hill Club and Lodge in Orlando, US-Bundesstaat Florida. Die Einrichtung ist auch heute, sechs Monate nach Palmers Tod, so unspektakulär wie der Blick: ein Ledersessel, ein Schreibtisch, Bücher und Pokale im Regal.

Doch es gibt die Fotos an der Wand, auf dem Boden stehen sie, überall in den Fluren und Zimmern hängen sie. Sie machen diesen Ort zu einem Museum der Golfgeschichte - so detailreich, wie sie Arnold Palmers Leben eben erzählen kann. Lange vor Tiger Woods, Ende der Fünfziger- und Anfange der Sechzigerjahre, hatte Palmer den Golfsport mit Tolle, Zigarette, legerer Kleidung und einem Haudrauf-Schwung ins Zentrum gerückt, das Gentlemen-Image gewaltig entstaubt. Die US-Zeitschrift Sports Illustrated sah "kerniges Sex Appeal", andere erkannten Palmer als den ersten Superstar des Sports.

"Wie zollt man denn Respekt?" fragt McDowell. Anteilnahme einzufordern, ist schwierig

Die Bilder beschreiben den Weg des siebenmaligen Majorsiegers, sie zeigen ihn - so alltäglich wie ikonisch - mit seinem Gruß, dem nach oben gestreckten Daumen. Man sieht Palmer aber auch als den Gastgeber, der er war - was dem Mann, dem die New York Times eine "magnetische Persönlichkeit" beschied, ähnlich lag wie das Golfspielen. Von 1979 an, nach seiner aktiven Karriere, lud er die Besten seines Sports nach Bay Hill, zum "Arnold Palmer Invitational". Es wurde ein großes Turnier, ein Fixtermin auf der US PGA Tour, die Besten kamen, meist zahlreicher, manchmal weniger zahlreich. Tiger Woods gewann dort achtmal, es gibt vom anderen großen Golf-Entwickler also ebenfalls ein paar Bilder auf der Anlage.

In den hymnischen Nachrufen auf Palmers Leben blitzte im September 2016 immer wieder eine Frage auf: Würde sich die Möglichkeit eines passenden Abschlussbildes geben? Was würde das für ein Turnier werden, dieses erste "Arnold Palmer Invitational" nach dem Tod des Gastgebers? Würden sie wirklich alle kommen, um dem "King", wie sie ihn nannten, noch einmal Lebewohl zu sagen? In dieser Woche gibt es die Antwort: eher nicht. Von den besten 25 der Welt parken gerade einmal 14 ihren Wagen auf dem Platz unter Palmers Büro.

Und schon hat dieses Invitational im ersten Jahr nach Palmers Tod, noch bevor der erste Ball geschlagen ist, seine unglückliche Überschrift. Sam Saunders, Enkel von Palmer und einer der Golfer im Feld, ist "enttäuscht". Kollege Billy Horschel klagte im Internet: "Ehrt eine Ikone! Ohne ihn wären wir nicht, wo wir heute sind."

Die Rufe verhallen, auch weil selbst die, die kamen, verstehen, warum es viele nicht taten. Der Golf-Tross ist eine sensibel orchestrierte Maschinerie, in der die Tradition zermahlen wird, zermahlen werden muss. Woche für Woche wirbt ein neues Event um die freien Unternehmer, die Golfer letztlich sind. Es gibt keine Verpflichtungen, dafür sehr viele Reisen zu organisieren. Drei Wochen vor dem ersten Major der Saison, dem Masters in Augusta, US-Bundesstaat Georgia, ist zudem die Formkurve ein heikles Thema. Dustin Johnson, die Nummer eins der Welt, verzichtet aus diesem Grund, auch Jordan Spieth. Der ließ in seiner Vorbereitung den Trip nach Bay Hill immer aus. Beim Masters wurde er sodann Zweiter, Erster, Zweiter. Wieso sollte er nun etwas ändern und zudem riskieren, nach dann drei Turnieren am Stück müde zum Major zu reisen?

Saunders weiß eine Antwort, die zum Kern des Problems weist. "Wir dürfen alle um viel Geld spielen. Aber es geht auch darum, andere Dinge zu tun, als nur nach sich selbst zu schauen." Sein Opa wäre genau dafür ein Beispiel gewesen. Wie als Beweis veröffentlichte Rory McIlroy, der einst eine Kontroverse auslöste, weil er als aufstrebender Golfer trotz Versprechungen nicht nach Bay Hill reiste, einen Brief Palmers, in dem dieser ihm herzlich zum ersten Majorsieg gratuliert. 2017 ist er dabei.

Manchen beschäftigt die persönliche Erinnerung nachdrücklich. Rickie Fowler reiste im vergangenen Jahr extra an und erklärte Palmer beim Mittagessen, warum er nicht teilnehmen könne. In dieser Woche ist er im Feld - und trägt speziell auf das Turnier abgestimmte Schuhe mit dem berühmten Palmer-Autogramm. "Natürlich ist das hier wichtig, so direkt nach seinem Tod", sagt Fowler. Aber "das Letzte", was Palmer hören wollen würde, wären schlechte Worte über jene, die fehlen.

Es ist schwierig, Anteilnahme einzufordern. Deswegen fragt Graeme McDowell, der in einer Fünfergruppe als neuer Gastgeber fungiert, nur: "Kritik ist doch unfair, wie zollt man denn Respekt?" Ein gut besetztes Feld wäre ein Weg gewesen. Nun droht dem "Arnold Palmer Invitational" das Schicksal der "Byron Nelson Classic": Als die namensgebende Golfgröße 2006 starb, driftete das Turnier langsam in die Bedeutungslosigkeit.

© SZ vom 16.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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