Glosse "Maskenball":Nach der SZ die Sintflut

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Klein-Niagara im Centrul de Acreditare. (Foto: Javier Cáceres/SZ/oh)

Ein Regen, wie ihn nur die ganz Alten schon erlebt haben, Wasserfälle neben Steckdosen und hochgekrempelte Hosenbeine: Ein Tag im Akkreditierungszentrum in Bukarest.

Von Javier Cáceres

Eine Steckdose, um das Handy aufzuladen? Keine so gute Idee, sagte der Sicherheitsmann, der sich auch schon länger ins Innere des Bukarester Centrul de Acreditare geflüchtet hatte, ins Akkreditierungszentrum also, und in der Erinnerung verschwimmt (ha!), ob sein Grinsen nun eine Zahnlücke oder eine im 20. Jahrhundert eingesetzte Krone feilbot. Präsent hingegen blieb das Lachen seiner hellen, zusammengekniffenen Augen, wie er den Zeigefinger hob und in eine Ecke der großen Lobby deutete. Ein kleiner Wasserfall tröpfelte da - genau neben der Steckdose. Durch den unteren Spalt der Glastür begann sich das Wasser eine Bahn zu brechen und verwandelte sich in einen Mini-Niagara. Also gut, dann halt noch tiefer hinein in den Sitz des rumänischen Verbandes an der Nationalarena, in den Konferenzsaal, um genau zu sein. Doch als die Katastrophenwarnungen der rumänischen Behörden Dutzende Handys fies fiepen ließen, war auch das nicht mehr Schutz genug.

Zugegeben: Was sich draußen abspielte, bewegte sich wirklich am Rande einer biblischen Sintflut. Ein Sommergewitter, das auch angekündigt war, in dieser Dimension dann freilich doch überraschte. Wobei sich die Frage aufdrängt, ob die Bauherren wirklich jeden Euro, der vor zehn Jahren in den Budgets des Verbandes stand, in propere Baumaterialien und beste architektonische Standards investiert haben. Jedenfalls stand in Minutenschnelle auch der fensterlose Konferenzraum unter Wasser, ebenso der Eingangsbereich; von draußen kam man nicht mehr hinein, drinnen wurden alle Kabel und elektronischen Geräte auf die Tische getürmt, es verdingten sich die freiwilligen Helfer, die Zivilpolizisten, ein angstschlotternder Uefa-Offizier. Und draußen standen in Sichtweite ein paar Dutzend vorrangig österreichische Journalisten, die ihre Zugangsberechtigungen für das EM-Turnier abholen wollten. Später, beim Weggehen, konnte man feststellen, dass die ersten schon ihre Schuhe ausgezogen und die Hosenbeine auf Hochwasserstand gekrempelt hatten. Doch da war es schon zu spät. Das Centrul de Acreditare hatte geschlossen. Zumindest vorerst.

Die letzte Akkreditierung, die vor der vorläufigen Schließung ausgegeben wurde, griff übrigens die SZ ab: Kann man nicht lernen sowas, sagen die älteren Kollegen bei solchen Gelegenheiten. Etwas mehr Pech hatte ein offenkundig leidgeprüfter Kollege: Er trug ein älteres Ausweichtrikot des Bundesligaabsteigers Schalke 04 und lebt nach eigenem Bekunden in Bulgarien. Er nahm die Lage freudig und mit dem Humor hin, der den Briten angeblich typischerweise in die Wiege gelegt wird: Er komme am Sonntag wieder - "when you're dry."

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