Glosse:Geheimoperation Flammenwerfer

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Im Profisport geht offensichtlich nicht immer alles mit rechten Dingen zu. Delikat ist aber diesmal das neueste Vergehen in Gwangju: eine Schmuggelaktion kurz vor der Mitternachtsstunde.

Von Claudio Catuogno

Es gehört quasi zum Berufsethos des Sportreporters, sich bei einer Weltmeisterschaft nur von Keksen und Tütensuppe zu ernähren, weil man für etwas anderes ja leider gar keine Zeit hat. Aber erstens ist es so schlimm dann meistens doch nicht. Und zweitens sind auch Land und Leute immer eine Recherche wert - deshalb habe ich mir vor ein paar Tagen auf dem Gelände der Nambu-Universität von Gwangju, wo die Schwimm-WM sich sehr harmonisch in den Uni-Campus einfügte, ein traditionell zubereitetes koreanisches Gericht bestellt. Jedenfalls machte das Ambiente mit seinen Lampions und den dampfenden Garkesseln den Eindruck, hier werde nach alter asiatischer Sitte gekocht.

Ich konnte dann dabei zusehen, wie ein junger Koreaner mit Totenkopf-Tuch um die Stirn Fleischwürfel, Zwiebeln und geschnittene Auberginen auf eine heiße, mit Öl bestrichene Grillplatte warf. Irritiert war ich allerdings, als er zu einem gasbetriebenen Flammenwerfer griff. Vor der Stichflamme, die nun mein Mittagessen einhüllte, konnte ich gerade noch in Deckung gehen. Nach 30 Sekunden Feuersbrunst war alles schön kross.

Zwei Gestalten reichen heimlich etwas über den Zaun des Gelände

Ungefähr in diesem Geiste haben die Südkoreaner ihre Schwimm-Weltmeisterschaften veranstaltet. Was es zu organisieren gab, haben sie auf angenehm praktische Weise erledigt. Ihre moderne Schwimmhalle lässt sich auf einer Seite quasi aufschneiden und um eine riesige temporäre Stahltribüne ergänzen. Nach der WM kommt die wieder weg - bis zum nächsten Mal. Und anstatt, wie sonst oft üblich bei Sportturnieren, einem Sponsor zu erlauben, zu überteuerten Preisen lauwarme Burger anzubieten, parkten hier auf dem Uni-Gelände kleine Lieferwagen mit Mini-Küchen auf den Ladeflächen. Wegen der Flammenwerfer schienen die WM-Organisatoren keine Sicherheitsbedenken zu haben. Schön, dass es noch Orte gibt, an denen der Sport so möglich ist.

Kürzlich bin ich kurz vor Mitternacht allerdings Zeuge einer verdeckten Operation geworden. Weder der Weltverband Fina noch das Organisationskomitee wissen etwas davon, aber in dieser familiären Kolumne kann ich es ja verraten: Zwei Gestalten näherten sich aus der Dunkelheit dem Zaun des WM-Geländes, von innen kamen in diesem Moment ihre Komplizen hinzu. Dann wurden von draußen, sichtgeschützt durch einen Container, mehrere sperrige Gegenstände über den Zaun gereicht. Ein offenkundiges Sicherheitsleck!

Was dort aufs WM-Gelände gelangt ist, habe ich recherchiert. Es waren drei Familienpizzen, zwei Paletten Dosen mit Coca-Cola, drei 1,5-Liter-Flaschen Pepsi in einer Plastiktüte sowie eine große Kiste mit unbestimmbarem Inhalt sowie der mysteriösen Aufschrift "Burger King". Die Männer, die all das über den Zaun schmuggelten, gehörten zum Sicherheitspersonal. Wahrscheinlich hatten sie auch keine Lust mehr auf Kekse und Tütensuppe.

Aber nun sind die Weltmeisterschaften ja schon zu Ende, die Schwimmer verkriechen sich wieder in ihren Trainingsbecken, um in einem Jahr bei Olympia in Tokio das nächste Mal im Fokus zu stehen. Und die südkoreanischen Sicherheitsleute können sich zu Hause wieder in aller Ruhe ihr Hühnchen mit dem Flammenwerfer flambieren.

© SZ vom 29.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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