Glosse:Eau vess gugent üna biera

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Die Menschen in St. Moritz sprechen Rätoromanisch, von dem es mindestens so viele Unterdialekte gibt wie Skimodelle, Wachssorten und Skandälchen von Sonnenkönig Peter Schröcksnadel zusammengezählt.

Von Johannes Knuth

Der Skizirkus führt seine Begleiter an wunderschöne wie wundersame Orte, an denen diese oft auf wilde, weitgehend unerforschte Bergvölker prallen. Die Werdenfelser etwa, oder, noch geheimnisumwehter: die Österreicher. Auch das Oberengadin, wo sie in St. Moritz gerade zum fünften Mal alpine Weltmeisterschaften abhalten, ist eine kulturelle Schatzkiste. Die Menschen sprechen Rätoromanisch, von dem es mindestens so viele Unterdialekte gibt wie Skimodelle, Wachssorten und Skandälchen von Österreichs Ski-Sonnenkönig Peter Schröcksnadel zusammengezählt.

Der in St. Moritz geläufige Dialekt heißt Rumauntsch Puter. Die Organisatoren haben vor der WM in einem Bulletin deshalb die wichtigsten Redewendungen zusammengestellt, um WM-Besuchern den Erstkontakt mit der Urbevölkerung zu erleichtern. Die wichtigsten Redewendungen, in aufsteigender Reihenfolge: "Wie geht es dir?" (Cu vo que), "Ich hätte gerne ein Bier" (Eau vess gugent üna biera), "Kann ich bitte die Rechnung haben?" (Possi avair il quint per plaschair), und, überlebenswichtig, nachdem man in St. Moritz die Rechnung für ein Bier geordert hat: "Wo gibt es hier einen Bancomaten" (Inua do que cò ün automat da munaida)?

Nach zehn Tagen werden die Vorräte langsam knapp

Wenn etwas in diesen Tagen in St. Moritz gut ausgeschildert ist, dann der Laufweg zum nächsten Geldautomaten. Die Lösungsstrategien der Gäste variieren. Manche ausländische Reporter haben sich vor der WM in heimischen Supermärkten mit Naturalien eingedeckt, als zögen sie in einen bewaffneten Konflikt (die Grenzposten winken das maximal beladene Fahrzeug gnädig durch, als die Besucher die Grenze passieren). Mittlerweile, nach knapp zehn Tagen im Engadiner Champagnerort, werden die Vorräte allerdings doch etwas knapp. Und jetzt?

Man könnte Handelsgeschäfte mit den Einwohnern betreiben, die man beim Bier in der Wirtschaft kennen gelernt hat, wobei, das ist gar nicht so einfach, die Schweizer sind auf Importwaren ja nur begrenzt angewiesen. Nach jüngsten Berichten der helvetischen Wirtschaftskammer ist das Land mit Schokolade, Kuckucksuhren, Almhütten und Steuer-CDs bis 2030 ausreichend versorgt. Forderungen der CSU nach einer Franken-Obergrenze verpufften bislang. Bleibt nur zu hoffen, dass Angela Merkel sich an umsichtigen Staatschefs wie Donald Trump ein Vorbild nimmt, 20 Prozent Strafzölle auf alle Kuckucksuhr- und Käsefondue-Exporte aus der Schweiz erhebt und die Einnahmen den deutschen Schweiz-Urlaubern zuführt.

© SZ vom 15.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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