Glosse:Badekappen unter der Schneekanone

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Die Weltmeisterschaft im Schwimmen kommt nicht ohne Wasser aus - die Athleten brauchen es, in den Becken, in den Hallen. Und auch außerhalb - zum Beispiel an der Bushaltestelle.

Von Claudio Catuogno

Die Ausläufer des Taifuns Danas sind über Gwangju hinweg gezogen, der Regen hat aufgehört, und auf dem Gelände der Schwimm-WM läuft den Besuchern jetzt nicht mehr das Wasser in die Schuhe. Aber es ist trotzdem noch genügend Wasser da. In den Pools durchpflügen es die Schwimmer und Wasserballer, und was danach noch übrig ist, wird durch die Schneekanonen gesprüht. Jedenfalls sehen die gebogenen Eisenstangen, die alle paar Meter die Gehwege zieren, so aus wie die Beschneiungsanlagen in Sölden, nur kleiner. Und wenn es mal wieder heiß wird, kommt dort das Wasser heraus und hüllt alles in einen angenehmen Nebel. Athleten, die nach ihren Wettkämpfen nicht in der prallen Sonne auf den Bus warten wollen, stellen sich in die Wolken. Und manchmal wollen sie da gar nicht mehr weg.

Die Wasserballerinnen aus Südkorea und Kuba hatten gerade ihr Spiel um Rang 15 absolviert, eher kein WM-Höhepunkt, die Kubanerinnen gewannen 30:0 (8:0, 9:0, 6:0, 7:0). Aber die Südkoreanerinnen sind ihnen nicht böse gewesen, fröhlich stellten sie sich mit den Kubanerinnen unter die Sprühdüsen. "Hopp, hopp, hopp", rief ihr Trainer, als hinter den Wolken zwei Busse auftauchten. "Wait, wait, wait", riefen die Kubanerinnen - und kamen kurz darauf mit Aufklebern von kubanischen Sehenswürdigkeiten zurück. "Hopp, hopp, hopp", rief der Trainer noch einmal, "wait, wait, wait", riefen nun die Südkoreanerinnen - und überreichten den Kubanerinnen in Folie eingeschweißte Badekappen.

Sollte jemand zweifeln, ob sich der Aufwand gelohnt hat - extra ein Wasserballstadion in den Campus der örtlichen Universität zu bauen -, muss er unbedingt die südkoreanischen Wasserballerinnen fragen. Für sie bleibt von dieser WM viel mehr als zweistellige Niederlagen, und sie sind da bestimmt nicht die einzigen. Dann sind aber doch noch alle schnell weggefahren. Und so kalt, wie die Südkoreaner in ihren Bussen die Klimaanlagen einstellen, muss man befürchten, dass sich eine dünne Eisschicht über die vom Sprühnebel benetzten Wasserballerinnen gelegt hat.

© SZ vom 25.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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