Fußball-Regionalliga:Gewohntes Wirrwarr

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Mann der Widersprüche: 1860-Investor Hasan Ismaik. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

Hasan Ismaik, Investor des TSV 1860 München, wiederholt ein altes Muster. Die E.V.-Vertreter wissen nichts von seinen Plänen.

Vor knapp zwei Jahren, kurz vor Weihnachten 2015, lud Hasan Ismaik Münchner Journalisten nach London ein, um ihnen dort einiges über sein Investment beim TSV 1860 München zu erzählen. Damals erklärte er: "Zwei Bedingungen müssen erfüllt sein, damit ich verkaufe. Die Fans müssen mehrheitlich sagen, dass ich gehen soll. Und ich muss die vollständige Summe, die ich investiert habe, wieder zurückerhalten" - dabei handelte es sich damals um 40 Millionen Euro für einen Zweitligisten, und dieses Zitat autorisierte er den anwesenden Vertretern von drei Münchner Tageszeitungen. Es dauerte danach nicht lange, bis er erklärte, er werde seine Anteile am TSV 1860 niemals verkaufen.

Genauso wie damals den Journalisten erging es nun dem Münchner Unternehmer Gerhard Mey, der sein Interesse bekundet hatte, Ismaiks Anteile zu erwerben. Er reiste in den Mittelmeerraum und erhielt von Ismaik die Botschaft, dass er verkaufen wolle, wenn er sein investiertes Geld zurückerhalte - dabei handelt es sich mittlerweile um 70 Millionen Euro für einen Regionalligisten, der an diesem Montagabend (20.15 Uhr, Sport1) gegen einen Verein namens TSV Buchbach spielt. Begleiter Meys werteten diese Aussagen ebenfalls als Auftakt für Verkaufsverhandlungen - hinterher erklärte Ismaik via Facebook: "Zum letzten Mal: 1860 ist unverkäuflich." Mey erzähle Märchen.

Die danach mancherorts gestellte Frage, wer lügt, ist offenkundig die falsche Frage. Ismaik handelt immer wieder gleich - er bietet die Anteile zu einem exorbitant hohen Preis an, um hinterher zu erklären, er habe nie verkaufen wollen und seine Gesprächspartner würden nicht die Wahrheit sagen. Weshalb er dies so handhabt, warum er seine Gesprächspartner aus seiner Perspektive möglicherweise wirklich für Lügner hält, bleibt offen. In jedem Fall löst es eine Menge Wirrwarr aus.

Da tat es ganz gut, dass in dieses Wirrwarr hinein zumindest ein Gesellschafter des Fußball-Regionalligisten ein ganz klares Statement abgab - am Samstag äußerte sich der e.V. um Präsident Robert Reisinger zu den Berichten von den Verhandlungen und zu Ismaiks Facebook-Nachricht. Zwischen den sehr sachlich formulierten Zeilen lässt sich vieles lesen. Erstens, dass der Verein sich einen Verkauf der Anteile Ismaiks an Mey oder einen anderen Interessenten überaus gut vorstellen könnte. Er schreibt: "Das Präsidium des TSV München von 1860 e.V. begrüßt grundsätzlich Veränderungen in der Gesellschafterstruktur, wenn diese dazu dienen, die (...) KGaA wirtschaftlich zukunftsfähig zu machen und den bestmöglichen sportlichen Erfolg zu garantieren."

Zweitens, dass der e.V. nichts über Ismaiks unerwartet angekündigte weitere Pläne für den Klub weiß: "Überrascht nehmen wir als Gesellschafter (...) zur Kenntnis, dass unser Mitgesellschafter laut einer von ihm veröffentlichten Meldung in den sozialen Medien ,seit Monaten mit einer herausragenden Münchner Persönlichkeit in sehr guten Gesprächen' sei und ,demnächst Vollzug melden' sowie ,mit dieser Person einen Neuanfang zum Wohle des TSV 1860 starten' wolle. Von etwaigen Verhandlungen - mit wem auch immer - haben wir keine Kenntnis."

Und der e.V. will, drittens, davon ganz offenkundig auch keine Kenntnis haben; jedenfalls signalisiert er keinerlei Interesse. Er möchte von Ismaik weder neue Ideen noch die damit verbundenen neuen Darlehen für den Klub haben. Das Präsidium um Reisinger bleibt bei dem Programm, ohne Ismaiks Mitwirken in die Zukunft gehen zu wollen. Zwar hängen dessen nur gestundete Darlehen als schwarze Wolken über einer solchen Zukunft. Doch Ismaik wird wohl nichts tun, das den Fortbestand der KGaA gefährdet - schließlich hat er gegenüber Mey mal wieder angekündigt, auf den Tag zu warten, an dem die 50+1-Regel fällt und er über den Klub bestimmen darf. Bis dahin werden, wenn es überhaupt passiert, noch etliche Weihnachtsfeste vergehen.

© SZ vom 20.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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