Fußball: Angriff auf Togos Nationalteam:Verwirrung um Zahl der Opfer

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Albtraum vor dem Afrika-Cup: Bei einem Anschlag auf Togos Nationalmannschaft sterben mehrere Menschen. Der Nationaltrainer erhebt schwere Vorwürfe gegen die Organisatoren.

Es ist immer noch unklar, wie viele Menschen beim Terroranschlag auf den Bus der togoischen Fußball-Nationalmannschaft geötet worden sind. Ein Mitglied der afrikanischen Fußball-Konföderation Caf erklärte am Samstag in Cabinda, es seien drei gewesen. Dabei handele es sich um den Assistenztrainer des Teams, den Pressesprecher und den Busfahrer. "Abolo Amelete und Stanislas Ocloo sind um vier Uhr am frühen Morgen verstorben", sagte Kodjo Samlan, der für Togos Mannschaft zuständige Sprecher der Caf. Über das Schicksal des Busfahrers hatte es widersprüchliche Angaben gegeben. Der Caf-Sprecher hatte anscheinend fälschlicherweise erklärt, Berichte über den Tod des Mannes beim Rebellenangriff auf den Fahrzeugkonvoi in der angolanischen Exklave seien falsch.

Spieler der togoischen Nationalmannschaft nach dem Anschlag von Rebellen auf ihren Bus. (Foto: Foto: AP)

Ob die togoische Fußball-Nationalmannschaft an dem Turnier teilnehmen wird, soll am Samstag entschieden werden. "Niemand ist bereit, hier sein Leben zu riskieren. Ich denke, dass viele Spieler nach Hause wollen", sagte Kapitän Emmanuel Adebayor vom englischen Premier-League-Klub Manchester City. "Sie haben gesehen, wie ein Mitspieler mit einer Kugel im Körper schrie, bewusstlos wurde und das alles", sagte Adebayor.

Nationaltrainer Hubert Velud erhob schwere Vorwürfe gegen das rganisationskomitee. "Die angolanischen Organisatoren sollten sich überlegen, den Wettbewerb abzusagen. Es ist ein Akt der Barbarei, während wir hier eigentlich den afrikanischen Fußball feiern wollen. Das war Krieg. Die Organisatoren scheinen das nicht ernst zu nehmen", sagte der Franzose, den eine Kugel am Arm erwischte. Mittelfeldspieler Alaixys Romao erklärte, Togo werde "versuchen, die anderen Mannschaften unserer Gruppe zum Turnierboykott zu überreden".

Der togoische Spieler Thomas Dossevi lieferte eine eindringliche Schilderung des Vorfalls in der angolanischen Exklave Cabinda. "Wir wurden beschossen wie Hunde. Die Angreifer waren bis an die Zähne bewaffnet. Wir versteckten uns zwanzig Minuten lang unter den Sitzen. Es war schrecklich."

Zu den Verletzten gehören neben dem Vizepräsidenten des togolesischen Verbandes, Gabriel Ameyi, auch die Spieler Obilale Kossi, der Torhüter vom französischen Amateurclubs GSI Pontivy, und Verteidiger Serge Akakpo vom rumänischen Club FC Vaslui. Außerdem seien ein Mannschaftsarzt und ein Journalist getroffen worden.

Bei dem Angriff ist der Bayer-Spieler Assimou Touré nach ersten Informationen unversehrt geblieben. "Was wir wissen, ist, dass ihm persönlich nichts passiert ist. Doch dies können wir nur mit aller Vorsicht sagen", erklärte Wolfgang Holzhäuser, Geschäftsführer des Bundesligisten, der dpa.

Angolas Regierung verschärft Sicherheitsverkehrungen

Die angolanische Regierung bemüht sich, die Lage zu beruhigen und verurteilte den Angriff als "terroristischen Akt". Sportminister Goncalves Muandumba sagte, man garantiere die Sicherheit aller Teilnehmer am Afrika-Cup.

Die Vorkehrungen würden nach dem Vorfall drastisch verschärft. "Wir garantieren, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Schutz und Unversehrtheit aller Mannschaften, Fans, Betreuer und Touristen zu gewährleisten", sagte Muandumba.

Fifa-Präsident Joseph Blatter hat den Opfern des Terroranschlags auf die togolesische Fußball-Nationalmannschaft die "allergrößte Anteilnahme" ausgeprochen und einen umgehenden Bericht angefordert. "Die Fifa und ihr Präsident sind zutiefst ergriffen von den Geschehnissen, mit denen die Nationalmannschaft Togos konfrontiert wurde, und drückt ihr ihre tiefe Anteilnahme aus", teilte der Weltverband mit.

Unterdessen erhebt das Organisationskomitee des Afrika-Cups in Angola (Cocan) hat schwere Vorwürfe gegen die togoische Delegation - weil diese mit dem Bus angereist war. "Die Regeln waren eindeutig: Kein Team sollte mit dem Bus anreisen. Ich weiß nicht, was Togo bewogen hat, es trotzdem zu tun", sagte Virgilio Santos, Mitglied des Cocan: "In der Stadt hätte es diesen Vorfall niemals gegeben."

"Wir haben alle Delegationen aufgefordert, uns über den Zeitpunkt ihrer Ankunft zu informieren und die Nummern der Personalausweise aller Spieler vorzulegen. Togo ist die einzige Mannschaft, die dieser Bitte nicht nachgekommen ist", sagte Santos: "Das COCAN wusste nicht, dass Togo mit dem Bus anreisen würde."

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was der frühere togoische Nationaltrainer zu dem Terroranschlag sagt.

Togos Spieler hatten sich in der Demokratischen Republik Kongo auf das Turnier vorbereitet, das mit einem Spiel gegen den deutschen WM-Gegner Ghana beginnen sollte. Nach Angaben des togoischen Verbandes war mit der Mannschaft vereinbart worden, dass sie fliegen und nicht per Bus nach Angola reisen sollte. Weshalb der Plan geändert wurde, ist bisher unbekannt.

Der togoische Kapitän Emmanuel Adebayor nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus. (Foto: Foto: Reuters)

Zu dem Anschlag an der Grenze zwischen dem Kongo und der angolanischen Exklave Cabinda bekannte sich die Rebellen-Organisation "Befreiungsfront für die Unabhängigkeit von Cabinda (FLEC)". In der ölreichen angolanischen Region Cabinda kommt es seit der Unabhängigkeit der ehemaligen portugiesischen Kolonie 1975 immer wieder zu bewaffneten Konflikten.

Experten sind sich sicher, dass die Tragödie einen Schatten auf das afrikanische Fußballjahr 2010 und die WM werfen wird. Vom 11. Juni an findet zum ersten Mal eine Fußball-WM in Afrika statt und die in den letzten Jahren geführte Debatte über die Sicherheit für Sportler und Fans wird weiter gehen - auch wenn zwischen dem Tatort Cabinda und Südafrika mehrere tausend Kilometer liegen.

Mit Entsetzen hat der ehemalige togoische Fußball-Nationaltrainer Otto Pfister auf den Terroranschlag gegen seine frühere Mannschaft reagiert. "Das war ein echter Schock für mich. Ich habe es am Freitag aus dem Videotext erfahren, eine ganz bittere Sache. Das ist schon unglaublich", sagte der Afrika-Experte, der Togo während der WM 2006 in Deutschland betreute, der Nachrichtenagentur SID.

Generell sei das Risiko in Afrika nicht höher als anderswo. "Aber die Sicherheitsmaßnahmen sind mit denen in Deutschland nicht zu vergleichen. Das sind auch in diesem Bereich Entwicklungsländer. Es ist teilweise eine endlose Weite dort - wie sollen sie so etwas vernünftig kontrollieren?"

Der 72-Jährige befürchtet zudem, dass der Angriff einen Schatten auf die WM in Südafrika werfen wird. "Klar wird das jetzt direkt auf die WM projiziert. Das ist ein echter Schlag für Afrika. Die Kritiker werden nun Oberwasser bekommen", sagte Pfister. Angola dürfe jedoch nicht mit Südafrika verwechselt werden. "Man sollte nicht in Panik verfallen."

Eine Absage des Afrika-Cups wäre die falsche Entscheidung gewesen, sagte Pfister. "Der Afrika-Cup ist ein unglaubliches Event für die Afrikaner. Man darf ihn nicht absagen. Da ist man ganz schnell bei Helmut Schmidt und dem entführten Flugzeug in Mogadischu - da wird man erpressbar."

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