Fürth-Sandhausen 3:1:Auf den Schultern des Kriegers

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Plötzlich häufig Grund zum Jubeln: Der Fürther Mannschaft, hier gegen Sandhausen nach einem Tor von Daniel Keita-Ruel (2.v.r.), attestiert Azzouzi "eine gewisse Demut". (Foto: Zink/imago)

Fürths Zugang Daniel Keita-Ruel - der Stürmer, der aus dem Gefängnis in den Profifußball zurückkehrte - trifft beim Sieg gegen Sandhausen doppelt.

Von Thomas Gröbner, Fürth

Es dauerte am Samstag genau 78 Minuten, dann hatte Daniel Keita-Ruel seinem Chef bewiesen, dass er sich geirrt hatte. Und es dauerte nur weitere drei Minuten, bis er vom Elfmeterpunkt den zweiten Beleg dafür präsentierte. Mit seinen beiden Treffern (78., 81. Minute) hatte der Zugang von Fortuna Köln die für das Frankengemüt so wichtige Auftaktpartie gegen den SV Sandhausen gedreht; 3:1 gewann Fürth. Dabei hatte Geschäftsführer Rachid Azzouzi vor der Saison noch erklärt, Fürth könne und wolle sich "keine fertigen Spieler leisten, die direkt funktionieren". Doch Daniel Keita-Ruel ist eben ein spezieller Fall.

Vom Drittligisten Fortuna Köln gekommen, soll der 28-Jährige die größte Problemstelle im Fürther Kader besetzen - den Angriff. Denn nachdem Khaled Narey zum Hamburger SV weitergezogen ist und Serdar Dursun nach Darmstadt weggelobt wurde, war das Sturmzentrum praktisch verwaist. Die Hoffnungen auf Tore, sie liegen nun alleine auf den Schultern von Daniel Keita-Ruel.

Und das ist durchaus immer noch ein Wagnis. Denn es gehört zu Keita-Ruels Biografie, dass er vor sechs Jahren noch in der JVA einsaß, verurteilt wegen mehrerer Raubüberfälle. Doch bei der Fortuna kämpfte er sich wieder in den Profifußball zurück, 15 Tore schoss er im vergangenen Jahr in der dritten Liga. In Fürth glauben sie an ihn. Trainer Buric hatte sogar seinen Urlaub unterbrochen, er wollte um den Stürmer werben. "Der Trainer sieht mich als Krieger, der vorneweg marschieren soll", so beschrieb er seine Rolle bei der Vorstellung in Fürth. Krieger, so hatte ihn auch schon Fortunas Trainer Uwe Koschinat genannt.

Doch der Krieger, er war zunächst nur selten zu sehen in einem Spiel, das lange nur wenige erbauliche Momente bereit hielt. Chancen ergaben sich meist nur, wenn der Gegner dazu einlud. Wenig verwunderlich, es trafen hier ja zwei Mannschaften aufeinander, die in der vergangenen Saison dem Abstieg knapp (Sandhausen) oder in letzter Sekunde (Fürth) entgangen sind. Und so war es Maximilian Wittek vorbehalten, mit einer Slapstick-Einlage die Fürther an die vergangene Horror-Saison zu erinnern.

"Ich komme zwar von einem Drittligisten, aber jeder weiß, was ich draufhabe. Jeder wusste, ich gehöre nicht in die dritte Liga", sagt Keita-Ruel

Der Außenverteidiger senste nach einer Stunde über einen kullernden Ball, Sandhausens isländischer WM-Stürmer Rurik Gislason schnappte sich das Spielgerät, und am Ende traf Philipp Klingmann mit brutaler Präzision in den Winkel. Fürth zeigte sich durchaus beeindruckt vom Rückstand, fahrig waren die Angriffe in der Folge, und sogar Torwart Sascha Burchert ließ sich von der Unsicherheit anstecken. Er klärte einen Ball so schludrig, dass Gislason den Befreiungsschlag aus vierzig Meter aufs Tor köpfen konnte - Buchert bekam aber noch die Hände an den Ball.

Doch dann kam die Zeit, in der Fürths Trainer Damir Buric "alles auf eine Karte setzt", und die Minuten von Daniel Keita-Ruel. Der Trainer wechselte Zugang Tobias Mohr (Aachen) ein, der mit einer Übersteigerkaskade und einer flachen Hereingabe den Ausgleich durch Keita-Ruel vorbereitete; der Stürmer flog in den scharfen Ball hinein. Und nur wenig später folgte dann der nächste Aufreger. Fabian Ernst schoss seinem Gegenspieler an die Hand, Schiedsrichter Tobias Stieler zeigte auf den Punkt - Elfmeter. Keita-Ruel ging voraus, schnappte sich den Ball, trat an, traf und breitet die Arme aus, in der Pose des Erlösers.

Buric brachte dann auch noch David Atanga, den Fürth aus Salzburg geliehen hat. Und auch Atanga trug zum Fürther Glück bei. Er legte auf für Daniel Steininger, den nächsten Angreifer, den Buric ins Feld schickte - und der mit einem Flachschus zum 3:1 die Partie entschied (89.). "Das hätte ich bis zur 78. Minute nie gedacht", haderte Sandhausens Trainer Kenan Kocak nach dem Spiel. Und Keita-Ruel? Der wunderte sich nicht über seinen Einstand: "Ich komme zwar von einem Drittligisten, aber jeder weiß, was ich draufhabe. Jeder wusste, ich gehöre nicht in die dritte Liga." Das ist für einen Klub, der zuletzt von so großen Abstiegssorgen geplagt war, eine gute Nachricht.

© SZ vom 05.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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