Frankreich:Kovac braucht noch Zeit zum Einrichten

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Noch spielen sie nicht, wie er will: Niko Kovac in Frankfurt bei der Anleitung der Profis von AS Monaco. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Nach einem dürftigen 1:1 mit seinem neuen Klub AS Monaco in Frankfurt sagt der frühere Bayern-Trainer: "Wir haben wirklich noch einiges vor uns."

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Vermutlich wird dieser Corona-Sommer noch eine Menge solcher Kontraste produzieren. Im Frankfurter Stadtwald liegen das Stadionbad und das neuerdings in "Deutsche Bank Park" umbenannte Fußballstadion nur einen Steinwurf voneinander entfernt. Während sich am Samstag vor den Schwimmbadtoren und an den Kiosken lange Schlangen bildeten, Dutzende von Menschen sich auf den großen Wasserrutschen drängelten, fand unter den strengen Auflagen des Hygienekonzeptes eines der ersten Testspiele der neuen Saison statt.

Ausgerechnet Niko Kovac mit seinem neuen Arbeitgeber AS Monaco war nach dem Trainingslager in Polen zum Zwischenstopp bei seinem Ex-Klub Eintracht Frankfurt aufgeschlagen. Um bei einem schmeichelhaften Ausgang (1:1) zu erfahren, sagte Kovac hinterher einigermaßen ernüchtert, "dass wir viel Arbeit vor uns haben". Man habe zwar gesehen, "dass wir eine schwere Woche im Trainingslager hinter uns hatten, aber wir haben wirklich noch einiges vor uns. Ärmel hoch und weiter."

Der Hoffnungsträger auf bessere Zeiten im Fürstentum hatte seinen Trainerjob beim FC Bayern ja verloren, nachdem eine entfesselte Eintracht die pomadigen Münchner am 2. November vergangenen Jahres mit 5:1 überrollte. Der Trainer war schnell als der Schuldige des chaotischen Auftritts ausgemacht - und noch am selben Wochenende erfolgte für Niko Kovac und Bruder Robert als Assistent die Freistellung. Diesmal sah das Resultat auf dem Videowürfel der Frankfurter Arena ein bisschen freundlicher aus: Zunächst hatte der Portugiese Gonzalo Pacienca die Frankfurter in Führung gebracht (58.), dann aber unterlief Verteidiger Evan Ndicka ein folgenschwerer Fehlpass und Anthony Musaba erzielte noch den unverhofften Ausgleich (85.).

Kovac ersparte sich am Spielfeldrand zu diesem Zeitpunkt bereits jede Regung. Der angekündigte Frankfurter Spielstil - hinten sicher stehen, vorne schnell kontern - war bei den Gästen unter seiner Anleitung zu keiner Phase zu sehen. Monacos Abwehr wirkte zwar sattelfester als bei der 1:2-Niederlage im Test gegen Standard Lüttich, dafür blieb der Angriff um den französischen Hoffnungsträger Wissam Ben Yedder vollkommen harmlos. Kovac hockte irgendwann im Laufe der zweiten Halbzeit nur noch neben der Coaching Zone auf einem Metallkoffer: Der 48-Jährige hatte nach einer Stunde einmal komplett durchgetauscht und wirkte zu diesem Zeitpunkt gar nicht zufrieden.

Immerhin: Nach Schlusspfiff heiterten ihn die Begegnungen mit alten Weggefährten auf. "Ich spüre wirklich, dass ich hier willkommen bin. Es ist immer wie nach Hause kommen für mich. Frankfurt ist für mich etwas Besonderes", sagte Kovac, der als lebenslanges Eintracht-Mitglied - diese Auszeichnung war ihm vor seinem Abschied zu den Bayern verliehen worden - dem Gegner artig Komplimente machte: "Man hat gesehen, dass die Eintracht eingespielt und einige Jahre zusammen ist."

Rechtsverteidiger Danny da Costa nahm ungeachtet aller Abstandsregeln noch eine freundliche Umarmung mit seinem einstigen Förderer Kovac vor. Und natürlich plauschte der auch mit Linksaußen Filip Kostic, der ja sogar auf der Wunschliste des AS Monaco stehen soll. Aber ob sich der durchsetzungsstarke Serbe damit wirklich sportlich verbessern würde? Zunächst einmal müssen Kostic und Co. die noch nicht erledigten Aufgaben aus der vergangenen Spielzeit abarbeiten: Bereits am Donnerstag bestreitet die Eintracht das Europa-League-Achtelfinalrückspiel beim FC Basel, wo eine 0:3-Klatsche vor der Corona-Unterbrechung eine immense Bürde bedeutet. Trainer Adi Hütter wollte aus dem Testspiel dafür "gar keinen Fingerzeig" ableiten.

Kovac verriet derweil, dass er sich an der Côte d'Azur erst noch einrichten müsse. "Ich bin ja erst am Sonntag vor knapp zwei Wochen in Monaco gelandet, dann waren wir gleich im Trainingslager. Ich lebe noch im Hotel, ich werde mir in nächster Zeit ein Apartment suchen." Am Samstag waren Gerüchte aufgekommen, dass er künftig die Länderspiele der deutschen Nationalmannschaft analysieren würde. Das stimmt so nicht: Der Fernsehsender RTL hätte Kovac sehr gerne im März als Nachfolger für Jürgen Klinsmann bei den Testspielen in Spanien und gegen Italien eingesetzt, die dann aber in der Pandemie ausfielen. Danach gab es Bestrebungen, ihn ab Herbst einzusetzen, aber nach seiner Unterschrift unter einen angeblich recht fürstlich dotierten Dreijahresvertrag hält es der Fleißarbeiter Kovac für nur schwerlich vereinbar, gleichzeitig Vereinstrainer in Frankreich und Experte für die DFB-Auswahl zu sein.

Zudem umfasst seine Arbeitsplatzbeschreibung in Monaco insofern mehr Machtfülle als beim FC Bayern, da er in Absprache mit dem neuen Sportchef Paul Mitchell maßgeblich Einfluss auf die Kaderplanung nehmen soll. Kovac hatte nur 26 von insgesamt 39 Profis ins polnische Trainingslager mitgenommen, das Aufgebot ist analog zu vielen Bundesligisten viel zu üppig bestückt. Die Zeit drängt, ein schlagkräftiges Ensemble zu formen. Die Ligue 1 will bereits am 23. August - und damit vier Wochen vor der Bundesliga - wieder starten. In dem spanischen Weltmeister Cesc Fabregas, 33, und dem Montenegriner Stevan Jovetic, 30, sind zwei wichtige Leistungsträger des AS Monaco noch verletzt.

Kovac möchte den französischen Meister von 2017 so schnell wie möglich wieder nach oben führen, was in einer Liga, in der es an gut ausgebildeten Nachwuchsspielern in den meisten Vereinen nicht mangelt, keine Selbstverständlichkeit ist. Bei seiner Vorstellung sagte er: "Wir alle wollen, dass der AS Monaco an die Spitze zurückkehrt. Ich möchte den Aufzug wieder zurück nach oben schicken." In Frankfurt hat er Gewissheit bekommen, dass dafür nicht ein Knopfdruck reicht.

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