Frankfurt nach dem Finale:Wichtig wird es erst am Mittwoch

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Die Eintracht konnte den DFB-Pokal gegen die Bayern nicht gewinnen - und blickt dennoch zuversichtlich in die Zukunft. Die einst launische Diva vom Main hat Realitätskontakt.

Javier Cáceres

Was den Frankfurtern blieb, war ein Sieg nach allen Regeln der Kunst. Beeindruckend die Chöre, mit denen sie die maulfaulen Anhänger der Münchner Bayern überstimmten, herrlich die Bilder, die sie auf den Rängen choreographiert hatten - und diese Dichtkunst erst! "Zurück im glorreichen Schein, erscheint unsere Diva vom Main", hatten die Anhänger der Eintracht auf ein Transparent gemalt, Ergebnis einer unwahrscheinlichen Auferstehung, für die das Pokalfinale 2006 Sinnbild bleiben wird.

Vier Jahre nur ist es her, dass jeder Anflug von Eintrachts Größe zu verblassen drohte wie die Bilder der Meistermannschaft von 1959, weil die Eintracht mit dem Absturz in den Amateurfußball kokettierte. In der Stadt wollte niemand mehr etwas mit dem Klub zu tun haben, zumindest die nicht, die in der Stadt der Banken Geld und also das Sagen haben. In der Nacht nach dem Finale war die Erinnerung mal wieder lebendig, irgendwie, und nicht nur wegen der Lindners, Bechtholds und Pfaffs, Legenden der Meistermannschaft von 1959, die ein Jahr darauf, in Glasgow, beim 3:7 im Europapokalfinale gegen Real Madrid einen Platz in der Fußballweltgeschichte ergatterten, als Darsteller im vermeintlich besten Spiel aller Zeiten.

Sie saßen um einen Tisch herum, auch sie beseelt von diesem Gefühl, dass vielleicht doch wieder sein könnte, was einmal war. Irgendwann. "Ich bin mir sicher, dass wir uns in der Bundesliga etablieren und an alte Zeiten anknüpfen", sagte Karlheinz Körbel, noch so eine Eintracht-Legende.

Eintracht-Habermas

Natürlich ist ein Glasgow noch unendlich weit entfernt. Doch niemand weiß darum besser als die Frankfurter selbst. Sie freuen sich bloß am Gefühl des Aufbruchs, das die junge Mannschaft mit regionalem Bezug verkörpert, und daran, dass die Stimmung sich gewandelt hat. "Alle sind der Eintracht wohlgesonnen, die ganze Stadt freut sich mit uns", sagte Heribert Bruchhagen, der Manager.

Es passte zur Doktrin der "neuen Frankfurter Schule" ( Frankfurter Rundschau), der Lehre von der Diva mit Realitätskontakt, dass er völlig unaufgeregt davon berichtete, auf der Tribüne nie das Gefühl verloren zu haben, dass die Bayern das Spiel gewinnen - trotz der vielen kleinen Sticheleien, die Benjamin Köhler, Stefan Lexa und Alexander Meier setzten, manchmal auch der emsige Ioannis Amanatidis. "Wenn es stimmt, dass die Bayern in der ersten Halbzeit mit wenig Aufwand gespielt haben, und das sehe ich auch so, dann steckt in der Aussage auch drin, dass sie noch Reserven hatten", erklärte der Eintracht-Habermas Bruchhagen. Und zum Unterschied zwischen den beiden Finalisten befragt, sagte Friedhelm Funkel: "Das sind Weltklassespieler. Ich hab' teilweise Oberliga-Spieler."

Natürlich sei er enttäuscht gewesen, sagte Trainer Funkel noch. Aber das Spiel, das wichtiger sei als dieses Finale, folge erst am Mittwoch gegen Kaiserslautern. Zwei Glas Bier hatte Funkel erlaubt, um drei Uhr morgens brachen die Spieler ins Bett auf. Widerspruchslos, denn auch aus ihrem Munde war zu hören, dass sie ihre Befriedigung nur aus dem Verbleib in der Bundesliga ziehen wollen. "Das Renommee des Vereins entscheidet sich allein durch den Klassenerhalt", sagte Bruchhagen, "wenn wir den nicht schaffen, war das hier eine Currywurstveranstaltung."

© SZ vom 2. Mai 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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