Fortuna Düsseldorf:Rheinisches Wintererwachen

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Entspannt ins neue Jahr: Der Düsseldorfer Kristoffer Peterson trifft gegen Paderborn zum 1:0. (Foto: Lars Baron/Getty)

Fünf Siege in Serie, drei Punkte Rückstand auf den Tabellenführer - und sogar Torjäger Kenan Karaman trifft in die Maschen. Fußball-Zweitligist Fortuna Düsseldorf sammelt sorgsam Gründe, um wieder nach Höherem zu streben.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

Uwe Rösler will den Gürtel enger schnallen. Mit erhöhter Transferdisziplin im Wechselmonat Januar hat das Vorhaben allerdings rein gar nichts zu tun. Neulich sei ihm ein Hosenknopf abgesprungen, hat der Trainer von Fortuna Düsseldorf soeben belustigt berichtet: "Deshalb würde ich gern fünf Kilo abnehmen."

Rösler, 52, war nach seinen Vorsätzen für das neue Jahr gefragt worden. Er hätte anmerken können, dass er seine Zweitligafußballer, die in dieser Saison schon acht Elfmeter verschuldet haben und fünf Mal des Feldes verwiesen worden sind, zu mehr Vorsicht anhalten wolle. Er hätte antworten können, dass er seinem türkischen Nationalstürmer Kenan Karaman das Toreschießen beibringen wolle. Er hätte betonen können, dass er sich viele Siege wünscht, damit seine Mannschaft vom kommenden Sommer an wieder zur Bundesliga gehört. Das alles hat er aber nicht gesagt. Er hat nur erklärt, dass er gern ein bisschen Gewicht reduzieren würde.

Während über die ersten kleinen Erfolge dieser persönlichen Ambition nichts verlautet wurde, haben sich zwei der unausgesprochenen sportlichen Hoffnungen im ersten Spiel des neuen Jahres sogleich erfüllt: Kein Elfmeter wurde verschuldet gegen den SC Paderborn, kein Düsseldorfer des Feldes verwiesen. Und Karaman hat ein Tor vorbereitet und eines selbst geschossen. Der 2:1-Erfolg war bereits der fünfte Düsseldorfer Zweitliga-Sieg nacheinander. Danach hat Rösler gutgelaunt das Angebot des Paderborner Trainers Steffen Baumgart angenommen, miteinander ein Bier zu trinken. Dass sich dies eher kontraproduktiv auf die avisierten fünf Kilo auswirken könnte, war verzeihlich.

Rösler, so die Bilanz, klingt mittlerweile wieder ein bisschen entspannter. Dabei war doch das Jubiläumsjahr 2020 bei der Fortuna (125 Jahre!) von Enttäuschungen geprägt gewesen: Ende Januar hatte Rösler das Traineramt von dem bei den Fans so beliebten Friedhelm Funkel übernommen; im Sommer konnte er den Bundesliga-Abstieg nicht verhindern; kurz darauf stand die Fortuna in der zweiten Liga nach vier Spieltagen auch schon wieder auf dem Abstiegsrelegationsplatz. Und dann scheiterte Düsseldorf im Laufe der elf Monate gleich zwei Mal an einem Viertligisten im DFB-Pokal: im März im Viertelfinale beim 1. FC Saarbrücken und im Dezember in der zweiten Runde bei Rot-Weiss Essen. Derlei Pokalblamagen sind nicht nur peinlich - in Pandemiezeiten bedeuten sie auch schmerzhafte Prämienausfälle.

Doch die Fortunen steckten alle Rückschläge relativ gut weg. Noch vor fünf Wochen hatten sie nach einer fatalistisch anmutenden 0:5-Niederlage in Bochum neuerlich den Weg Richtung Abstiegszone eingeschlagen. Nach der Fünf-Siege-Serie sind sie jetzt Tabellenfünfter mit nur noch drei Punkten Rückstand auf den Spitzenreiter Hamburger SV. Ihr Schicksal haben sie zeitnah selbst auf dem Fuß, wenn sie ihre nächsten drei Heimspiele gegen den Dritten (Fürth), den Ersten (HSV) und den Zweiten (Holstein Kiel) bestreiten. Als heimstärkstes Zweitligateam (sechs Siege, ein Remis) könnte Düsseldorf dadurch sogar den tabellarischen Gipfel erklimmen. Rösler jedoch bremst die Erwartungen vorsichtshalber: "Wir sind auf dem Weg, eine Spitzenmannschaft zu werden", sagt er, "aber wir sind noch nicht ganz da."

Auch Klaus Allofs, die im September aus dem zwischenzeitlichen Ruhestand in den Fortuna-Vorstand geholte Vereinslegende, gibt sich entschieden demütig. Dem Magazin Kicker erklärte Allofs, die Fortuna sei kein schlafender Riese - weil man eben nicht bloß mit den Fingern schnipsen müsse, um gleich wieder zum Establishment zu gehören. Fast entschuldigend erläuterte Allofs, warum trotzdem fast alle im Klub den Wiederaufstieg als Ziel nennen. Mit den Möglichkeiten, die in Düsseldorf zur Verfügung ständen, "wäre es nicht richtig zu äußern, dass wir nur im gesicherten Mittelfeld landen wollen".

Im Sommer hatte die Fortuna wichtiges Personal verloren: Kaan Ayhan (zu Sassuolo/Italien), Niko Gießelmann (Union Berlin), Erik Thommy (Stuttgart) und Kevin Stöger (Mainz). Neue Spieler kamen an den Rhein, aber die fußballerische Integration von Zugängen wie Kevin Danso (FC Augsburg), Kristoffer Peterson (Swansea), Edgar Prib (Hannover) und Luka Krajnc (Frosinone) dauerte länger als erwartet. Weit überraschender war allerdings, dass der mit 15 Treffern fünftbeste Torschütze der vergangenen Bundesliga-Saison, Rouwen Hennings, und sein Nebenmann in der Doppelspitze, Kenan Karaman, sich mit der Chancenverwertung bislang ein bisschen schwer tun: Hennings traf zwar vier Mal in den jüngsten fünf Spielen, und Karaman gelangen zwei Scorerpunkte gegen Paderborn. Doch insgesamt sechs (Hennings) und vier Tore (Karaman) reichen nicht, um sich in der Spitze der Zweitliga-Torjägerliste zu etablieren.

Karaman, 26, werden trotzdem internationale Interessenten nachgesagt. Er beteuerte soeben aber, bis zum Vertragsende am 30. Juni in Düsseldorf bleiben zu wollen. "Ich will mit der Fortuna aufsteigen", sagt er unmissverständlich. Rösler setzt große Hoffnungen in Karaman, er könnte ihn sich auch figurmäßig zum Vorbild nehmen. Dem wahrlich durchtrainierten Fußballer ist garantiert noch nie ein Hosenknopf abgesprungen.

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