Formtief:Demütigung für den Meister

Lesezeit: 3 min

Der FC Bayern blamiert sich im Abschiedsspiel für Giovane Elber mit einem 0:3 gegen 1860 München.

Christian Zaschke

In der 52. Minute hatte das 202. Derby zwischen dem FC Bayern und dem TSV 1860 München seinen Höhepunkt erreicht: Giovane Elber wurde ausgewechselt. Der ehemalige Profi nahm mit einer Ehrenrunde Abschied vom Publikum, er lief zur unvermeidlichen Schnulze "Time to say Goodbye" ums Rund, und er weinte einige Tränen. Selbst die Fans der Sechziger zollten dem Brasilianer mit Beifall Respekt, schließlich nahm Uli Hoeneß ihn lange in den Arm. "Leute, es war sehr schön bei euch", sprach Elber in ein Mikrofon, das ihm schnell gereicht wurde.

Abschied tut weh, und mit so einem lausigen letzten Spiel erst recht: Giovane Elber. (Foto: Foto: dpa)

Er führte aus, dass er sechs Jahre lang Spaß hatte und schloss seine Ansprache mit den Worten "vielen, vielen Danke". Es war ein gelungener und stimmungsvoller Abschied. Allein das Ergebnis stimmte so gar nicht: Die Bayern unterlagen den Sechzigern 0:3 (0:1), und die Fans mögen sich gewünscht haben, dass Elber noch im Dress der Roten spielte und träfe.

Der Anhang des FC Bayern mag also noch ein paar Probleme mit dem aktuellen Kader des Klubs haben, doch das geht den Fans des TSV 1860 nicht anders, wenn auch in anderer Hinsicht. Es ist üblich, dass der Stadionsprecher bei der Vorstellung der Profis den Vornamen des Spielers ruft und die Fans den Nachnamen dann schreiend ergänzen.

Als nun 1860-Sprecher Stefan Schneider ein beherztes "Mate" ins Rund schmetterte, ertönte als Antwort aus der 1860-Kurve nicht wie vorgesehen "Ghvinianidze" - der Name ist wohl zu schwierig. Stattdessen erscholl aus der Bayern-Kurve eine rituelle Beschimpfung, eine derbe Bezeichnung fürs Hinterteil des Menschen, so dass der Georgier Mate Ghvinianidze damit leben muss, dass er bei seinem ersten Spiel in der Arena recht unfreundlich empfangen wurde. Später nahm er auf subtile Weise Rache.

Knallgelbe Schuhe für Brasilien

Dabei ging es ja eigentlich nicht um die übliche Rivalität zwischen den Bayern und den Sechzigern, es ging um Giovane Elber. Vor drei Jahren hat der Brasilianer den FC Bayern verlassen, und nun bekam er wie versprochen sein Abschiedsspiel. Mit knallgelben Schuhen betrat er den grünen Rasen, so dass mit etwas Fantasie aus dem Zusammenspiel von Rasen und Schuhen die brasilianische Fahne entstand.

Der Vorstand des Klubs hatte sich eingefunden, Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß und Karl Hopfner, um Elber zu verabschieden. Die drei hielten eine besondere Auszeichnung bereit: Elber wurde zum "Ehrenspieler" des FC Bayern ernannt. Er ist der erste seiner Art, denn diese Form des Spielers gab es bisher im Klub nicht. "Das ist der Dank für all das", sagte der Stadionsprecher ein wenig prosaisch - da hatte Elbers spätere kleine Rede deutlich mehr Schwung. Mehr Schwung übrigens auch als seine Darbietung, denn er hatte nicht eine Torchance, was allerdings nicht weiter wichtig war.

Es entfaltete sich mit und ohne Elber ein lockeres Spiel, in dem deutlich zu sehen war, dass der Zweitligist besser eingespielt ist. Das wiederum ist wenig erstaunlich, da die Sechziger bereits seit sieben Wochen gemeinsam trainieren, wohingegen beim FC Bayern die letzten Stammkräfte erst vor einer guten Woche wieder zum Kader stießen. Dass die Roten die Blauen dennoch nicht in den Griff bekamen, dürfte erneut für einige aufgeregte Diskussionen sorgen, ob der Klub im Mittelfeld richtig besetzt ist.

Grober Schnitzer der Abwehr

Die Abwehr bleibt von solchen Diskussionen derzeit verschont, obwohl sie sich in der 27. Minute einen groben Schnitzer leistete. Björn Ziegenbein flankte in den Strafraum der Bayern, die Abwehr versuchte, Antonio di Salvo ins Abseits zu stellen, was gründlich misslang. Di Salvo stand vollkommen frei und beförderte den Ball per Kopf zum 1:0 für die Sechziger in Tor. Gut zehn Minuten später folgte Ghvinianidzes Rache: Er umspielte Philipp Lahm wie einen Schüler, indem er den Ball rechts vorbeilegte und selbst links sprintete - als WM-Held war Lahm vor der Partie angekündigt worden. Nun hatte ihn ein Sechziger düpiert.

Nachdem Elber das Feld verlassen hatte, agierte der Sturm, der auch in der Bundesliga Tore schießen soll: Lukas Podolski und Roy Makaay arbeiteten in der Offensive, doch auch das nächste Tor erzielten die Sechziger. Nicky Adler, zur Halbzeit eingewechselt für den Torschützen di Salvo, setzte sich auf der linken Seite durch, er lief im Strafraum und schaute, und dann schob er den Ball überlegt ins entfernte Eck zum 2:0 ins Tor (62.). Dieses Ergebnis war dann doch ein bisschen unangenehm für den FC Bayern, Abschiedsspiel hin oder her. Der Bundesligist erhöhte den Druck, was Giovane Elber als Co-Kommentator im Fernsehen wohlwollend erwähnte. Die Sechziger hatten jedoch noch einen Trick in petto.

In der 81. Minute wechselte Trainer Walter Schachner den 20-Jährigen Christoph Burkhard ein sowie den B-Jugendlichen Sven Bender - ein B-Jugendlicher gegen den FC Bayern! Zwei Minuten später durchmaß 1860 das Mittelfeld des Rivalen, Adler lief erneut in den Strafraum und erhöhte auf 3:0. So geriet das Spiel am Ende zur Demütigung für den deutschen Meister.

© SZ 09.08.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: