Formel1:Schuld war nur die Hitze

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Die Mercedes-Schwäche beim Rennen in Spielberg dürfte eine Ausnahme bleiben. Das dominierende Team hat Probleme mit der Kühlung seiner Autos - kurioserweise als einziges im Feld.

Von Philipp Schneider, Spielberg

Lewis Hamilton schaut mit großen Augen in die Runde. Er überlegt. Die Zukunft des Motorsports? Ob es nicht auch für ihn eine tolle Erfahrung gewesen sei, diese talentierten 21-Jährigen gegeneinander rennfahren zu sehen? Max Verstappen ist gerade mal 16 Tage älter als Charles Leclerc. An der zusätzlichen Lebenserfahrung lag es mutmaßlich nicht allein, dass sich der Niederländer kurz vor Rennenende noch mit einem knallharten Manöver an dem Monegassen vorbeigeschoben hatte, über das nun alle sprachen. Hamilton denkt weiter nach, lächelt. Naja, sagt er: "Ihr habt drum gebettelt, dass ihr Rennfahren bekommt, da hattet ihr es!"

Auch Hamilton war klar, dass es ohne die Debatte über die Fairness von Verstappens Manöver in Spielberg ein anderes dominierendes Thema gegeben hätte: diesen merkwürdigen Auftritt von Mercedes, den ersten Schwächeanfall der Saison. Statt den alten McLaren-Rekord aus dem Jahr 1988 mit saisonübergreifend elf Siegen in Serie zu egalisieren, gewann zum ersten Mal überhaupt in diesem Jahr kein Mercedes. Valtteri Bottas schleppte sich 20 Sekunden nach Verstappen gerade so aufs Treppchen. Hamilton wurde nur Fünfter. Doch ehe im Fahrerlager der Hauch von Hoffnung aufkommen konnte, das könne es nun gewesen sein mit der irrwitzigen Dominanz von Mercedes in diesem Jahr, gaben Hamilton und Teamchef Toto Wolff Entwarnung. Also aus ihrer Sicht. Aus der Sicht von Ferrari und Red Bull entsprach die Entwarnung einer Warnung: Es war schlicht zu heiß in Spielberg.

Mehr als 30 Grad Celsius Außentemperatur, fast 60 Grad Asphalttemperatur, die Silberpfeile hatten bei der Berg- und Talsause in der Steiermark massive Probleme mit der Kühlung. Kurioserweise als einziges Team im Feld. Er habe gewusst, dass die Kühlung die "Achillesferse" sei, sagte Wolff. Schon seit Saisonbeginn. "Es war schmerzhaft zu sehen, dass wir heute nur cruisen konnten und nicht in der Lage waren, anzugreifen oder zu verteidigen."

Die Strecke in Spielberg ist mit ihren langen Geraden und gerade einmal zehn Kurven wie geschaffen für Überholmanöver, was Verstappen und auch Sebastian Vettel in diesem Jahr bewiesen. Verstappen fuhr nach seinem verpatzten Start, bei dem er in den Leerlauf geriet, noch von Position sieben zum Sieg - und Vettel vom neunten auf den vierten Platz. Grundvoraussetzung zum Überholen ist allerdings, dass sich ein Verfolgerauto dem des Vordermanns nähern kann. Und dies sei ihm unmöglich gewesen, erklärte Hamilton.

Er habe jede Runde bei 400 Metern und mehr "Lift and Coast" betrieben, um den Motor nicht zu überhitzen. Diese Fahrtechnik wird in der Regel nur angewandt, um Sprit zu sparen. Dabei geht der Fahrer am Ende der Geraden, kurz vor dem normalen Bremspunkt, vom Gas und lässt ausrollen. Hamilton schilderte ausführlich, wie wenig Spaß ihm das Rennen bereitet habe. Tatsächlich sagte er sogar: "So sollte die Formel 1 nicht sein." Das war nicht ohne Ironie. Schließlich war nach dem vergangenen Rennen in Le Castellet eine Diskussion darüber aufgekommen, dass die Formel 1 nicht so sein sollte, dass nur die Fahrer eines Teams alle Siege unter sich aufteilen. So könnte es schon sehr bald wieder kommen. Das nächste Rennen findet in zwei Wochen in Silverstone statt. "Ich hoffe, dass es so kalt und regnerisch wird wie nur möglich", sagt Wolff. Englisches Wetter dürfte genügen.

© SZ vom 02.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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