Formel 1:Nur halb konkurrenzfähig

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Hat 63 Punkte weniger als Teamkollege Verstappen: Pierre Gasly, 23. (Foto: Bryn Lennon/Getty Images)

Das Team von Red Bull hadert vor dem Grand Prix in Spielberg mit der Leistung seines Piloten Pierre Gasly.

Von Philipp Schneider, Spielberg

Hach, Spielberg! Allein die Anreise: Ausfahrt Knittelfeld West. Um die Ecke die Örtchen Kleinlobming, Großlobming und Apfelberg. Grüne Wiesen, wohlgeformte Hügel. Nicht weit entfernt der Märchenwald Steiermark, wo "Hänsel und Gretel die Hexe austricksen", wie das Programm verspricht. Sebastian Vettel kommt gerne dorthin. Nach Österreich, wo der Unternehmer Dietrich Mateschitz, geboren in Sankt Marein im Mürztal, vor acht Jahren mit 250 Millionen Euro Einsatz den ehemaligen Österreichring in einen sogenannten Red-Bull-Ring verwandelte - damit mehr Rennsportfreunde jene Limonade trinken, die Mateschitz reich machte. "Eine einzigartige Landschaft mit den Bergen drum herum", schwärmt Vettel: "Wenn du Glück hast, siehst du Schnee auf den Gipfeln in der Ferne. Außerdem ist es ungewöhnlich, wenn du mit einem Formel-1-Auto fährst und Kühe in der Nähe der Strecke siehst." Das dürften auch die Kühe finden.

Nach einer Unterbrechung von zehn Jahren werden in Spielberg seit 2014 wieder Rennen gefahren, gewonnen hat Vettel noch nie. Einmal war er Vierter, einmal, Dritter, einmal Zweiter. Aber Spielberg ist die Heimat von Red Bull, jenes Teams, das auch mal Vettels Heimat war. Gemeinsam feierten Vettel, Teamchef Christian Horner und auch der Motorsportberater Helmut Marko von 2010 bis 2013 vier Weltmeisterschaften, 2015 wechselte Vettel zu Ferrari. Seitdem jagt sein ehemaliges Team genauso vergeblich den nächsten Titel wie Vettel.

Marko saß in der vergangenen Woche als Gast im Studio des TV-Senders von Mateschitz. Als die Sprache auf Vettels Fünf-Sekunden-Strafe in Montreal kam, die ihn den Sieg gekostet hatte, setzte Marko seine Lesebrille auf, fingerte einen Zettel aus der Tasche und sagte: "Die Telemetrieaufzeichnung von der Vettel-Runde." Er argumentierte eine Weile und kam zu dem Ergebnis: "Es sind viel zu viele Regeln. Das ist Rennfahren und kein Hausfrauenkränzchen! Man hat Vettel den Sieg gestohlen." Nach Markos flammendem Plädoyer für Vettels Unschuld hielt sich eine Weile das Gerücht, Red Bull plane, Vettel zurückzuholen. Dem sei nicht so, sagte Marko am Mittwochabend am Rande einer PR-Veranstaltung in Graz. Vettel besitze schließlich bei Ferrari einen Vertrag bis 2020. Aber zweifelsfrei hat Red Bull derzeit ein Problem mit seiner Cockpit-Besetzung.

Für Max Verstappen, der im Vorjahr in Spielberg gewann, läuft es ordentlich. In Australien und Spanien stand er als Dritter auf dem Podium - er hat 100 Punkte und damit 13 Zähler mehr gesammelt als Ferraris Charles Leclerc. Alles andere als gut läuft es allerdings für Pierre Gasly. Der 23 Jahre alte Franzose, der vor der Saison aus dem Nachwuchs-Team Toro Rosso hochgezogen wurde, hat mit demselben Material nur 37 Punkte eingefahren. Bei seinem Heim-Grand-Prix in Le Castellet vergangene Woche wurde er nur Zehnter. Es sei "frustrierend", sagte Teamchef Horner, aktuell nur mit einem Auto konkurrenzfähig zu sein. Das war ungewöhnlich deutlich.

Als Marko schließlich in Le Castellet bei einem Treffen mit Nicolas Todt fotografiert wurde, der als Manager auch den Toro-Rosso-Fahrer Daniil Kvyat betreut, wurde gemutmaßt, der 25 Jahre alte Russe dürfe in Spielberg in Gaslys Cockpit sitzen. Das wäre eine feine Pointe gewesen, schließlich fiel Kvyat einst selbst in Ungnade bei Red Bull und wurde versetzt zu Toro Rosso. Es sei "nicht angedacht", Gasly auszutauschen, sagte nun Marko. Wer 2020 der Fahrerkollege von Verstappen sein wird, darauf werde sich das Team im September oder Oktober festlegen. Das klang nicht nach Gasly.

© SZ vom 28.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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