Formel 1:Karikatur der leeren Dose

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Seit der Österreicher Dietrich Mateschitz gleich zwei Formel-1-Rennställe besitzt, läuft hinter den Kulissen einiges schief.

René Hofmann

Weil die Firma von Dietrich Mateschitz keine Firma wie jede andere sein soll, müssen auch die Formel-1-Rennställe, die ihr gehören, anders daherkommen. Schriller, frecher, irgendwie cooler.

Nach jedem Test, jedem Training und jedem Rennen verteilt jedes Team eine Meldung, wie es gelaufen ist. Bei den meisten sind das nüchterne Notizen auf einem Blatt Papier, das rechts und links die Logos der Sponsoren zieren.

Andere Sponsoren als Red Bull gibt es nicht bei den Teams, die Dietrich Mateschitz gehören. Also ist viel Platz.

Den nutzt seine Equipe für eine Karikatur. Nach der Wettfahrt am Sonntag auf dem Nürburgring war dort zu sehen, wie David Coulthard und Christian Klien enttäuscht dem Sonnenuntergang entgegenmarschierten. Der Text dazu: "... aber in Barcelona ...".

An diesem Wochenende in Spanien soll also endlich glücken, was bisher regelmäßig schief ging: mehr als einen Punkt einzufahren.

Gut eineinhalb Jahre ist es nun her, dass der Süßgetränke-Mischer Mateschitz in die Formel 1 einstieg. Im vergangenen Jahr hatten seine schnellsten Angestellten zur gleichen Zeit schon 14 Punkte gesammelt, beim Europa-Grand-Prix auf dem Nürburgring war David Coulthard nur um einige Sekunden an einem Platz auf dem Podium vorbeigeschrammt.

An gleicher Stelle kam der Schotte dieses Mal gar nicht ins Ziel. Zwei magere Pünktchen - so viele haben alle Piloten, die im Zeichen der Dose losziehen, bisher zusammen geholt, und das obwohl Mateschitz seinen Aufwand sogar verdoppelt hat.

Im Herbst kaufte er, um mehr der von ihm geförderten Talente unterbringen zu können, quasi im Vorbeigehen das Hinterbänkler-Team Minardi und benannte es in "Squadra Torro Rosso" um. "Für alle, die kein Italienisch können: Das heißt Team Red Bull", verlautbarte die PR-Abteilung gewohnt forsch.

Wenige Tage später musste sie kleinlaut eingestehen: Squadra steht im Italienischen doch eher für Fußballmannschaften. Das Team wurde erneut umgetauft. Jetzt heißt es Scuderia. Nur ein kleines Beispiel, aber es zeigt: Seit er zwei Rennställe besitzt, hat Mateschitz zwar das größte Motorhome im Fahrerlager stehen, doch hinter der mächtigen Kulisse läuft offenbar noch so einiges schief.

Weil die Motoren in diesem Jahr von zehn auf acht Zylinder geschrumpft sind, hatten die Konstrukteure des RB2 gedacht: Fein, dann können wir ja die Kühler zwanzig Prozent kleiner bauen.

Die Rechnung ging nicht auf, weil die Aggregate viel häufiger mit Vollgas bewegt werden. Bis der Fehler korrigiert war, verging viel Zeit, das Team musste ohne Generalprobe in die Saison starten.

Ähnlich teure Fehlkalkulationen soll in Zukunft Adrian Newey verhindern. Den Konstrukteur mehrerer Weltmeister-Autos warb Mateschitz McLaren im Winter für ein fürstliches Gehalt ab.

Ihm folgten gleich so viele Kollegen, dass hinter den Boxen inzwischen der Witz kursiert, bald werde eine Busverbindung zwischen der McLaren-Basis in Woking und der Red-Bull-Fabrik in Milton Keynes eingerichtet, one-way natürlich. Spätestens 2007 sollen die Einkäufe Wirkung zeigen.

Wer Neweys Neuwagen lenken darf, ist offen. Coulthard ist wild darauf; der 35-Jährige hat bei der Verpflichtung des Konstrukteurs eine Schlüsselrolle gespielt, ist wie alle anderen Piloten aber auf Bewährung beschäftigt.

"Der Fahrer darf nicht das schwächste Glied in der Kette sein", hat Mateschitz vor kurzem dem ihm treu ergebenen Fachblatt Motorsport aktuell gesagt, was vor allem Christian Klien als Drohung verstehen darf.

Extravagante Fahrer

Der 23-jährige Österreicher kam in diesem Jahr erst ein Mal ins Ziel und wird in seiner Unbeständigkeit lediglich noch von Vitantonio Liuzzi übertroffen. Der Italiener fährt beim Junior-Team neben dem Amerikaner Scott Speed.

Statt mit rennfahrerischen Glanztaten fällt er aber öfter durch modischen Extravaganzen auf. Goldene Schuhe, Glitzer-Kettchen, Tatoos - gewagter als Liuzzi tritt höchstens noch Cora Schumacher auf.

Im vergangenen Jahr beantragte der 24-Jährige einen Tag "Test-Urlaub", weil er ein neues Bett geliefert bekam und das gleich ausprobieren wollte. Dank der emsigen PR-Arbeiter drang auch dieses Detail an die Öffentlichkeit. Der Inhalt kann ruhig dürftig sein, Hauptsache das Image stimmt - so läuft das bei Mateschitz.

50 Prozent seines Junior-Teams hat er an Gerhard Berger abgetreten und im Gegenzug die Hälfte an dessen elterlicher Spedition eingestrichen. Der ehemalige Formel-1-Pilot und ehemalige BMW-Sportchef kennt das Geschäft. Wie lange es dauert, bis sein neuer Laden läuft? Gerhard Berger sagt: "Drei Jahre - mindestens."

© SZ vom 12.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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