Formel 1:Fahrt ins Blaue

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Bei der Präsentation des neuen Rennwagens reagiert Flavio Briatore äußerst empfindlich auf Fragen nach einem Ausstieg Renaults aus der Formel 1.

Elmar Brümmer

Draußen schwappt das Mittelmeer in der Farbe, die der Côte d'Azur ihren Namen gab, an die Grundfesten des Forum Grimaldi.

Renaultboss Flavio Briatore (l.) stellt den neuen Renault R26 vor. Im Hintergrund die Fahrer (von rechts) Giancarlo Fisichella, Fernando und Alonso Heikki. (Foto: Foto: AFP)

Drinnen im Kongresszentrum setzt sich die Farbgebung bei den Wildlederschühchen von Teamchef Flavio Briatore fort - und der neue Renault-Rennwagen vom Typ R 26 strahlt erst recht im himmlischen Ton.

Im Sinne der Farbenlehre darf beim ersten offiziellen Auftritt von Formel-1-Weltmeister Fernando Alonso und seinem neuen Dienstwagen angenommen werden: Die Fahrt geht ins Blaue. "Mein neues Spielzeug stimmt mich sehr zuversichtlich, dass wir den Erfolg wiederholen können", sagt der Spanier.

"Winning is just the beginning"

Mit zum Wichtigsten in der Formel 1 zählt eine griffige Formel. "Winning is just the beginning" haben die Vermarkter des Renault-Teams, die die Präsentation sonst strikt auf Französisch abhalten, getextet. Der Sieg 2005 soll demnach erst der Anfang gewesen sein.

Gewinnen gibt Selbstsicherheit. Statt wie die anderen Rennställe angesichts der Umstellung von Zehn- auf Achtzylindermotoren den Winter über mit Zwitter-Rennwagen (altes Auto, neues Aggregat) zu experimentieren, startete der R26 vor drei Wochen auf der Teststrecke gleich richtig durch.

Das ist Effizienz à la Briatore: "Andere geben das Dreifache aus, um zu verlieren", sagt er. Da bekommt selbst das Unperfekte, als bei der feierlichen Enthüllung ein Stück weißes Tuch an der Lufthutze des Autos hängen bleibt, seinen eigenen Charme.

Seit kurz vor Weihnachten bekannt wurde, dass Fernando Alonso von 2007 an seinen Ruhm andernorts versilbert, ist die Feierlaune etwas getrübt. Die Frage bewegt die Öffentlichkeit, wer sich von der durch McLaren-Mercedes früh verbreiteten Personalie mehr destabilisieren lässt - der Fahrer oder sein Team? Intern will sich keiner diese Gefühlsduselei leisten.

Absichtlich verlieren? Sich weniger anstrengen? Eher will man es sich gegenseitig nochmal beweisen. "In meinem Leben hat sich nichts geändert. Ich werde immer Rennen fahren, um zu gewinnen", sagt Fernando Alonso trotzig, "selbst wenn ich mal 50 Jahre alt bin, wird das noch so sein."

Nummer 1 klebt noch

Wichtiger als der Saisonstart am 12.März in Bahrain ist für die Equipe der 9.Februar. Dann verkündet der neue Konzernchef Carlos Ghosn seinen Drei-Jahresplan für das Unternehmen. Ob und in welcher Form die Formel 1 dann noch auf der Agenda steht?

Für Teile der französischen Presse stand der Ausstieg schon fest, weshalb sie sich bei der Präsentation kollektiv von Briatore beschimpfen lassen mussten.

Der Italiener zürnte: "Sucht Euch besser einen neuen Job!" Zuvor hatte Sanierer Ghosn per Video aus der Zentrale beruhigt: "Die Formel 1 hat der Moral unserer Firma einen Schub gegeben und die Marke bekannter gemacht.

Ich sehe kein großes Fragezeichen hinter unserer Zukunft. So lange wir eine gute Show bieten und gewinnen, zahlt sich das Engagement aus. Es gibt nur einige Unsicherheiten über die Rahmenbedingungen der Formel 1 ab 2008, das gilt für alle Hersteller."

Ganz vom Tisch ist die Ausstiegsdrohung damit nicht. In jedem Fall aber setzt sie die eigene Mannschaft unter Erfolgsdruck. So war das auch gedacht. Mit Pessimismus kann man schließlich keine Saison beginnen, schon gar nicht als Weltmeister.

Die Beleuchter im Kongresszentrum zu Monte Carlo gaben sich redlich Mühe, alle und alles strahlen zu lassen. Immerhin bringt der 24 Jahre alte Alonso eins mit, dass ihm vorerst niemand nimmt: den Titel des jüngsten Weltmeisters der Grand-Prix-Geschichte.

Einmal zu gewinnen, reicht uns nicht

Der Ritterschlag für den Spanier ist aber der, die Ära Schumacher zumindest unterbrochen zu haben. Teampräsident Patrick Faure weiß um die Schwere der Wiederholungsaufgabe: "Wenn man alles gewonnen hat, kann man nicht besser werden. Aber es stimmt nicht, dass Renault alle Ziele schon erreicht hat. Einmal zu gewinnen, reicht uns nicht."

Technikdirektor Bob Bell sagt mit Blick auf das schlanke Heck und die kleinen Seitenkästen des Autos: "Der R 26 ist eine Kampfansage." Flavio Briatores grimmiges Gesicht irritierte den Moderator auf der Bühne zum Ende der Show so sehr, dass er nachfragte, ob irgendetwas nicht in Ordnung sei.

Briatore: "Nein. Ich habe nur nach der Nummer eins geguckt." Keine Sorge, sie klebt noch.

© SZ vom 2.2.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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