Flügelflitzer:Ein Inning für Kevin!

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Der ehemalige Hockey-Bundestrainer Bernhard Peters fordert die Einführung des "fliegenden Wechsels" im Fußball. Aber das ist nur der Anfang.

Thomas Becker

Eigentlich gilt Jürgen Klinsmann ja als der Umkrempler vom Dienst. Doch Bernhard Peters kann man durchaus als Bruder im Geiste durchgehen lassen. Wäre es nach dem kalifornischen Freigeist Klinsmann gegangen, hieße der Sportdirektor des DFB seit zwei Jahren nicht Matthias "Spaßbremse" Sammer, sondern: Bernhard Peters, ehedem Hockeybundestrainer. Er heuerte dann bei den Alles-auf-den-Kopf-Stellern von Hoffenheim an, firmiert dort als "Direktor für Sport- und Nachwuchsförderung" und macht nun erstmals nach seiner Majestätsbeleidigung (man stelle sich vor: Kritik an Löw!) und dem folgerichtigen Rausschmiss aus dem DFB-Kompetenzteam (das gibt es wirklich) wieder von sich reden: Peters fordert im Fachblatt kicker "die traditionelle Auswechsel-Regelung abzulösen und ein unbegrenztes Ein- und Auswechseln auch während des laufenden Spiels (Interchanging) im Fußball zu ermöglichen". Na endlich! Das wurde aber auch Zeit.

Okay Kevin, aber nur ein Inning! Klar, Chef, dann muss ich eh heim. (Foto: Foto: dpa)

Peters erhofft sich höheres Spieltempo, weniger Stammplatz-Diskussionen und eine bessere Einflussnahme des Trainers. Die Ein- und Auswechslungen sollten an der Mittellinie erfolgen und seien "organisatorisch absolut problemlos". Allerdings sollte es nicht möglich sein, dass ein Spieler nur zu Freistößen oder Elfmetern eingewechselt werden darf: "Es wäre nicht im Sinne des Spiels, wenn ein Spezialist nur für Standardsituationen eingreifen würde."

Peters dürfte mit seinem Bäumchen-wechsel-dich-Vorschlag offene Türen einrennen. Endlich ein Mittelfeld mit Ballack, Frings, Rolfes, Hitzlsperger, Trochowski, Schweinsteiger, Odonkor und Mehmet Scholl. Auch hyperaktive Seitenlinienhampelmänner wie Klopp, Klinsmann und Rehhagel könnten sich wieder selbst stärker ins Spiel einbringen - zumindest kurzzeitig. Doch der fliegende Wechsel ist ja nur der Anfang. Die Abseits-Regel gehört ja schon längst aufgehoben, und auch ansonsten sind die Möglichkeiten auf dem Spielfeld ja amerikanisch, also unbegrenzt.

Zwecks höherer Werbe-Einnahmen ist die Neuaufteilung der Spielzeit ja bereits so gut wie abgemacht (Beckenbauer würde sagen: "Das ist ja jetzt schon fast kein Geheimnis mehr."). Statt zwei Halbzeiten à 45 Minuten werden künftig neun Innings mit je zehn Minuten gespielt: "Dieses Inning wird Ihnen präsentiert von: Krummberger!" Ein Kevin Kuranyi könnte sein Inning fertigspielen und wäre doch noch zeitig zu Hause.

Die in vielen Sportarten längst übliche Auszeit wird eingeführt. Da können die Fernsehsender prima das lange Stabmikro reinhalten und den feinen technisch-taktischen Ansagen der Übungsleiter lauschen ("... knallen wir durch die Wand!"). Logisch, dass in dieser Zeit ein paar Dutzend Cheerleader für Zerstreuung im Stadionrund sorgen.

Auf dem Feld muss sich auch einiges ändern. Alle reden vom Vertikalspiel, aber wenn's dann fast keiner macht? Ist es auch egal. Das darf nicht sein! Quer- oder gar Rückpässe gehören bestraft. Wer mit drei Pässen nicht mindestens zehn Meter Raumgewinn schafft, muss den Ball hergeben. Im American Football klappt das ganz prima. Ebenfalls dringend nötig: die shot clock. Im Basketball muss nach 24 Sekunden auf den Korb geworfen werden - da das Fußballfeld ein Stückchen größer ist, haben die Kicker künftig 48 Sekunden Zeit, um einen ernstgemeinten Torschuss abzugeben.

Auch schon lange in der Diskussion: größere Tore. Die Kollegen vom Rugby haben da eine recht ordentliche Lösung gefunden. Kicker wie Kuranyi und Podolski werden dankbar sein, und auch Alexander Zickler und Carsten Jancker könnten endlich ihr Comeback in der Bundesliga feiern. Auch über die Einführung von einheitlichem Material analog zur Formel 1 ist zu reden: Schuhgröße 44 für alle - was auch den ein oder anderen Querulanten ruhigstellen würde ("Ein Loddamaddäus zieht keine 44er an!").

Zu all dem hat Rio Reiser längst ein Lied geschrieben: "Das alles und noch viel mehr, würde Peters machen, wenn er der Kick-König von Deutschland wär." Ach, Rio.

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