Flügelflitzer:Abseits!

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Fußballer jubeln, verzweifeln, ärgern sich - manchmal in den kreativsten Formen. Man darf sich jetzt schon auf die Gesten des kommenden Deutschen Meisters freuen.

Jürgen Schmieder

Fußballer haben einen reichen Gestenschatz: Sie jubeln in allen erdenklichen metaphorischen Formen, mit den Ärger-Szenen könnte man einen Western füllen - und wenn sie verzweifeln, dann ist das ein besseres Drama als viele Soap Operas. Besonders kreativ wird es, wenn der Linienrichter seine Fahne hebt, um Abseits anzuzeigen.

Da gibt es den hin- und herwackelnden Zeigefinger, das ungläubige Kopfschütteln, die erboste Wurfbewegung, den Tarzan-Gedächtnis-Schrei und zahlreiche andere Varianten. Am Sonntag in Bremen konnte man sie alle beobachten, denn der SV Werder lief geschätzte 152 Mal zu früh in die Gefahrenzone der Mainzer. Da die Bremer dachten, sie liefen 152 Mal rechtzeitig los, beschwerten sie sich immer wieder gestenreich.

Abseits ist eine der unglücklichsten Positionen im Fußball. Entweder ist es passiv - das ist nicht so schlimm, aber auch irgendwie doof. Wer aber aktiv im Abseits steht, der hat mit dem Spiel nichts mehr zu tun - er ist einfach nur raus aus der Nummer.

Extrem-Power-Umarming

So gesehen steht der FC Bayern im Meisterschaftskampf eindeutig im Abseits - aktiv wie passiv. Schuld daran ist jedoch nicht der Arm einer Linienrichters, der ständig nach oben zuckt, sondern der FC Bayern selbst. Acht Niederlagen - sieben davon auf fremden Terrain - sind einfach zuviel, um sich aus dieser Stellung noch berfreien zu können.

Dagegen hat sich Schalke 04 aus dem Abseits herausgeschlichen und wieder freigelaufen von Stuttgart und vom FC Bayern. Nach dem Sieg gegen den VfB wollte Trainer Mirko Slomka keinen seiner Spieler im Abseits stehen lassen und zeigte eine andere Geste: Extrem-Power-Umarming aller Verinsangestellten.

Ganz entledigen konnte sich Schalke jedoch nicht von den Verfolgern. Der SV Werder schaffte es tatsächlich, sich einmal regelgerecht freizulaufen. Es war ausgerechnet Jurica Vranjes, der nach seinem desaströsen Auftritt im Uefa-Cup von den Fans ausgepfiffen und von Trainer Thomas Schaaf ins Aufstellungs-Abseits bugsiert wurde. Er setzte ihn auf die Bank. Zumindest wollte er. Dann aber verletzte sich Christian Schulz beim Aufwärmen - Vranjes durfte spielen und erzielte das erlösende 1:0 für Werder Bremen.

Aus dem Meisterschafts-Vierkampf ist nun ein Zweikampf zwischen Schalke 04 und Werder Bremen geworden. Man darf sich jetzt schon auf die Gesten des Vereins freuen, der am Ende oben steht. Auf Schalke würde Mirko Slomka jedes Vereinsmitglied persönlich umarmen. In Bremen würde Thomas Schaaf die Faust ballen und schelmisch lächeln. Er steht nicht so auf große Gesten. Dafür hat er seine Spieler.

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