Felix Magath:"Ich bin ein Diener des Vereins"

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Trainer Felix Magath über seine erste Spielzeit mit dem FC Bayern und sein Verhältnis zu Ernst Happel und Jürgen Klinsmann.

Interview: Klaus Hoeltzenbein und Philipp Selldorf

SZ: Herr Magath, sind Sie zufrieden mit dem, was Sie bisher beim FC Bayern geleistet haben?

Den berühmtesten Satz über Trainer Felix Magath hat der Norweger Jan Aage Fjörtoft hinterlassen: "Ob er die Titanic gerettet hätte, weiß ich nicht. Aber die Überlebenden wären topfit gewesen." (Foto: Foto: ddp)

Magath: Sehr sogar, jetzt, rückwirkend betrachtet. Als ich im Juli 2004 hierher kam, hatte Bayern ein sehr schlechtes Jahr hinter sich. Es war sehr viel Unzufriedenheit da. Die Mannschaft ist viel kritisiert worden, das hatte Spuren hinterlassen. Jetzt tut jeder so, als sei es selbstverständlich, konnt' ja gar nicht sein, dass es anders kommt, als dass man im April kurz vor der Meisterschaft und im Pokalfinale steht. Das habe ich damals anders empfunden.

SZ: Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern, summierte diese erste Phase im Herbst unter einem Begriff: "Kulturschock".

Magath: Das Wort erschien mir damals ein bisschen hoch gegriffen - ich hab' das nicht auf mich bezogen, sondern auf die Spieler und auf unsere unterschiedlichen Beurteilungen der Trainingsarbeit. Platt gesagt: Für mich war es zuwenig, für die Spieler war es zuviel.

SZ: Gab es eine Schlüsselsituation, in der sie feststellten: Jetzt kommen wir hier allmählich zusammen?

Magath: Schwer zu sagen. Erstmals erleichtert war ich nach unserem 4:0 gegen Ajax Amsterdam. Da war ich erstaunt, wie gut und flüssig wir gespielt haben. Auch Ihre Zeitung hatte ja so ihre Probleme mit mir, wenn ich mich zur latenten Passivität der Mannschaft geäußert habe. Da hieß es sofort: Das ist Kritik an Herrn Hitzfeld - die man zwar daraus entnehmen kann, aber nicht muss. Wie käme ich dazu, Ottmar Hitzfeld zu kritisieren? Er war viele Jahre hier, hatte Erfolg, aber er hat auf eine andere Art spielen lassen als ich sie gerne sehen würde. Seine hatten die Spieler verinnerlicht.

SZ: Irritiert es Sie, wenn Sie jetzt, nach diesem Prozess des Kennenlernens und kurz vor dem Titelgewinn, ständig dem Begriff "Dusel-Bayern" begegnen?

Magath: Nein. Das ist das Gleiche wie vor 30 Jahren: Hat jemand öfter Erfolg, ist das kein Glück, dann hat das seine Gründe. Hier wird Großes geleistet, seit vielen Jahren. Im Ausland findet man Vergleichbares allenfalls bei Juventus Turin, selbst Real Madrid hatte schlechte Phasen. Man kann vielleicht einmal Glück haben - oder zweimal wie Chelsea gegen uns.

SZ: Arbeiten Sie damit, dass der FC Bayern die eine Partei ist und der Rest des Landes die andere? Sagen Sie den Spielern: Zeigt's denen da draußen?

Magath: Natürlich. Ich habe ja gar kein Problem damit, dass alle anderen sagen: Kann denn nicht mal ein anderer Meister werden? Die wollen uns alle nicht gewinnen sehen, und wir sagen: Jetzt zeigen wir's denen. Das macht uns doch stark, dafür müssen wir zusammenhalten. Sonst hilft uns doch eh keiner.

SZ: Und deshalb teilen Sie wahrscheinlich auch die Meinung von Uli Hoeneß, dem Klubmanager, dass die Leistung der Bayern gegen den FC Chelsea nicht angemessen gewürdigt wurde?

Magath: Das gilt nicht nur für dieses Spiel. Was ich festgestellt habe: Die Ansprüche, die man an die Spieler des FCBayern stellt, sind total überzogen. Da heißt es einerseits immer, es sind nur Menschen, andererseits lässt man genau das völlig außer acht.

SZ: Das ist der Ballast der Geschichte.

Magath: Schon klar, dass der Fluch des Erfolges auf den Spielern lastet. Sie werden danach be- und verurteilt. Das habe ich am Anfang nicht so gut erkannt, dass sie unter diesem Druck Schwierigkeiten haben. Zuletzt in Hannover, beim 1:0, da hat sich vieles entladen. Das habe ich vorher hier nie gesehen, dass sich plötzlich alle begeistern, die Ersatzbank, der Manager, alle. Eine Erlösung. Da hat sich der ganze Druck entladen.

SZ: Summiert wurde dies von vielen unter eben jenem Stichwort: Bayern-Dusel - das späte Tor, in der Schlussminute, ausgerechnet durch den drei Minuten zuvor eingewechselten Hargreaves...

Magath: ... aber seh'n Sie, ich denke doch nicht so. Ich sitze nicht zwanzig Minuten vorher da und sag: Es geht nichts mehr. Platter Spruch dazu: Ich weiß, dass ein Spiel 90 Minuten dauert.

SZ: Beim Chelsea-Spiel haben Sie auch bis zum Schluss gehofft?

Magath: Nach den ersten drei oder vier vergebenen Chancen habe ich gedacht: Das wird schwer. Das kann man sich im Pokal gegen einen Zweitligisten erlauben, aber auf dem Niveau nicht. Deswegen waren wir ja alle so enttäuscht: Wir sind ausgeschieden, weil uns im Rückspiel die Konsequenz vor dem Tor gefehlt hat.

SZ: Ist dies das Manko Ihrer Mannschaft, dass sie im entscheidenden Moment nicht zugepackt hat?

Magath: Sinn des Spieles ist es, Tore zu verhindern und zu erzielen. Dieser Sinn muss vehementer verfolgt werden. Die Spieler müssen begreifen, dass sie die heiklen Situationen vor dem eigenen Tor vermeiden - wie es die Italiener glänzend machen. Aber gleichzeitig die gleichen Situationen vor dem gegnerischen Tor nutzen. Das gelingt nur, wenn es begriffen wird - verstehen tun's ja alle.

SZ: Sie sind nach München mit dem Vorsatz gekommen, wieder, wie damals als Spieler mit dem Hamburger SV, den Europapokal zu gewinnen. Sind Sie in dieser Ambition bestärkt worden?

Magath: Ich habe gerade erst zu Uli Hoeneß gesagt: "Jetzt ärgere ich mich richtig über das Ausscheiden." Wir hätten's drin gehabt, die Champions League zu gewinnen. Man braucht sich ja nur die Konstellation anzuschauen. Halbfinale, Liverpool! Es gab die gute Chance, ins Finale zu kommen. Ob das nächstes Jahr wieder so ist? Ich weiß nicht, was in Chelsea und bei Real Madrid passiert oder wie sich der FC Barcelona verstärkt.

Was bringt die Zukunft? (Foto: Foto: AP)

SZ: Trotzdem sagen Sie: Ich fordere keine neuen Spieler, ich will mit diesem Kader arbeiten. Die bekannten Fakten sind: Verteidiger Robert Kovac geht, Sie bekommen den Nationalspieler Philipp Lahm vom VfB Stuttgart zurück und ein neues Stadion. Das genügt Ihnen?

Magath: Der ein oder andere Spieler kommt schon hinzu, aber es wird kein Umbruch stattfinden, es ist nicht notwendig, etwas durchzurütteln. Unsere Hierarchie ist ja davon geprägt, dass wir einen Oliver Kahn, einen Michael Ballack haben. Und ein Willy Sagnol zum Beispiel ist einer, der Führungsspieler werden kann. Aber er müsste sich auch mal etwas klarer bekennen. Und dann bin ich überzeugt, dass mit dieser Mannschaft international noch mehr drin ist.

SZ: Mit dieser Einstellung sind Sie ja ein Traumtrainer für den Verein.

Magath: Ich bin immer der Traumtrainer für einen Fußballklub. Weil ich mich an den Belangen des Vereins orientiere, ich arbeite mit dem, was mir der FC Bayern zur Verfügung stellt. Ich hab' ja mit den Finanzen hier nichts zu tun - und trotzdem kann ich mich nicht freimachen von der Gesamtsituation. Ich bin halt so, ich bin ein Diener des Vereins. Nicht weil ich anders sein will, mein Leben hat sich so entwickelt.

SZ: Wieso sind Sie wie Sie sind?

Magath: Ich war Einzelkind und hab' schon mit fünf Jahren im Verein angefangen - was damals ungewöhnlich war. Ich habe mein ganzes Leben im Verein zugebracht. Ich habe das verinnerlicht. Ich hatte keine Geschwister, meine Mutter hat immer gearbeitet, im Verein habe ich mich immer geborgen gefühlt und musste nicht allein durch die Gegend rennen. Als ich 16 war, hatte ich ein paar Angebote, vom 1.FC Nürnberg zum Beispiel. Aber ich bin lieber bei meinem Verein geblieben, wegen der Kameradschaft. Damals habe ich noch nicht das Fußballglück gesucht. Erst als mein schulischer Weg in die Sackgasse führte, bekam ich die Kurve und dachte: Ou, jetzt versuchst du, dein Geld zu verdienen mit Fußball.

SZ: Zurück zu Owen Hargreaves und seinem Tor in Hannover. Zuvor hatten Sie ihn durchs Karussell gejagt: Startplatz, Tribüne, Ersatzbank. Es hieß, Sie hätten ihm das nie so richtig erklärt.

Magath: Ach, diese Nummer kommt hinterher immer. Die ganze Saison läuft das schon so, dass ich nach dem Training einen Zettel an die Wand hänge, auf dem der Kader steht fürs nächste Spiel.

"Gewinner der Saison": Bastian Schweinsteiger (Foto: Foto: Reuters)

SZ: Sie sagen das nicht persönlich, Sie hängen nur einen Zettel dorthin?

Magath: Am Anfang habe ich die Spieler noch informiert, die nicht dabei sein würden. Das habe ich bei meinen Klubs vorher immer so gemacht, dass ich sie zu mir gerufen habe. Aber hier hat man darauf keinen gesteigerten Wert gelegt. So hängt seit September, Oktober jetzt der Zettel mit den Namen an der Wand.

SZ: Man kann nicht jedem alles erklären?

Magath: Das ist das eine. Das andere ist das Gesellschaftliche: dass man gar nichts mehr akzeptieren will, das ist ein Riesenproblem. Es wird ja alles zerdiskutiert. Erklären Sie mal einem Sammy Kuffour, der 2001 Champions-League-Sieger war, warum er nicht dabei ist. Die Akzeptanz der Entscheidung ist einfach schwierig. Ein Spieler beurteilt die Lage nur aus seiner Situation, er sagt: Warum ich? Warum nicht der?

SZ: Ernst Happel und Branko Zebec, Ihre legendären Lehrmeister beim Hamburger SV, haben auch nicht viel geredet.

Magath: Nein, aber sie waren die besten Trainer, die ich hatte. Happel hatte sowieso immer nur fünf Minuten. Hat ein Buch aufgeschlagen, Brille vorne auf der Nase, murmelte irgendwas, man verstand bloß: "Der spielt da und der spielt da. Danke, meine Herren."

SZ: Und Zebec?

Magath: Zebec sprach ja nur gebrochen Deutsch, obwohl er zwanzig Jahre in Deutschland war - ich glaube, er hat's absichtlich gemacht. Was auch sinnvoll ist: Wenn Sie jemandem zuhören, den Sie schlecht verstehen, sind Sie aufmerksamer. Wenn einer flüssig redet, nicken Sie nach einer Minute ein. Leise reden ist auch nicht so schlecht.

SZ: Sie reden leise.

Magath: Stimmt. Aber jetzt zu Zebec, von dem gibt es eine nette Geschichte mit einem neuen Spieler. Zebec machte einmal eine Sitzung, richtig mit Taktik - dauerte im Allgemeinen aber höchstens zehn Minuten. In dem Fall fragt nun Zebec: "Hat jemand noch Fragen?" Und der neue Spieler meldet sich gleich in seiner ersten Sitzung: "Trainer", sagt er, "das habe ich nicht so genau verstanden."

SZ: Und dann?

Magath: Dann hat Zebec den fünf Minuten zusammengestaucht. Es hat nie wieder irgendjemand was gefragt! Aber diese Mannschaft hat taktisch am allerbesten gespielt. Damals sagte man: Rasenschach. Und daraus ging dann mit Happel der unschlagbare HSV hervor (36 Punktspiele ohne Niederlage zwischen Januar 1981 und Januar 1982 - immer noch Bundesligarekord; die Red.).

SZ: Heutzutage wären solch kauzige Trainerfiguren undenkbar.

Magath: Sagt ja auch keiner, dass er jetzt noch so arbeiten will. Das Wichtigste aber bleibt: Der Spieler muss Vertrauen zum Trainer haben. Wenn die Spieler alles hinterfragen, sind sie unsicher. Das Spiel ist aber so kompliziert - auch das will keiner glauben, es heißt immer, Fußball sei ein einfaches Spiel. Nein: Es ist das komplizierteste Spiel! Weil es jeder anders sieht, jeder andere Schwerpunkte setzt und jeder es anders beurteilt. Damals mussten die Spieler akzeptieren, was der Trainer gesagt hat. Sie haben's akzeptiert - und wurden dadurch besser. Ich glaube, das ist auch das, was den Erfolg von Mourinho bei Chelsea ausmacht: Dass die Spieler nicht zweifeln an dem, was er sagt. Der hat ihnen am Anfang der Saison ein Schreiben gegeben, wie sie sich zu verhalten haben. Wer nicht akzeptiert, ist weg.

SZ: Bekamen die Bayern-Profis auch einen Brief?

Magath: Nein. Aber noch eine Geschichte von früher: Da gab's bei uns beim HSV einen Spieler, der hat sechs Wochen lang jedes Vorbereitungsspiel mitgemacht. Dann kam der letzte Test vor dem Saisonstart. Sagt Branko Zebec: "Plücki, du spielst links außen." Der erwidert: "Trainer, ich kann nicht links außen spielen." "Plücki, was?" "Ja, ich kann nicht links außen spielen." Er hat nie mehr gespielt. Wir anderen haben das verstanden.

SZ: Fühlten Sie sich als Trainer beim FC Bayern missverstanden?

Magath: Am Anfang war ich schon irritiert. Ich habe das anders als die Spieler beurteilt. Die Spieler haben gedacht und auch untereinander gesagt: "Was will denn der? Wir machen doch." Und ich hab' gedacht: "Was ist mit denen los? Die machen ja gar nichts."

SZ: Aber dann hat sich womöglich die Erkenntnis durchgesetzt, dass sie mit mehr Aufwand bei der Konditionsarbeit auch mehr leisten können. Eine Statistik besagt, dass, falls die Spiele dieser Saison nur 80 Minuten gedauert hätten, Schalke immer noch mit fünf Punkten Vorsprung Erster wäre.

Magath: Aber das ist auch durch die hohe Qualität der Spieler in unserem Kader zu erklären. Wenn die anderen müder werden, setzt sich Talent durch.

SZ: Wie bei Hargreaves in Hannover. Bei dem sagten Sie: "Ein wütender Spieler ist nicht der schlechteste Spieler."

Magath: Ein Spieler, der ein bisschen Wut hat, spielt besser. Jede Wette: Wer grantig ist, spielt konsequenter.

SZ: Wie Bastian Schweinsteiger, den Sie am Anfang Ihrer Zeit zu den Amateuren befahlen, während er bei Bundestrainer Klinsmann weiter Nationalspieler war. Nun gehört er meistens zu den Besten. Auch ein Effekt des Grantig-Seins?

Magath: Aus meiner Sicht ist er der Spieler, der sich am besten entwickelt hat in dieser Saison. Er ist offen für Kritik, und er ist offenbar auch selbstkritisch. Er hat diese Maßnahmen so aufgefasst, wie sie gedacht waren. Als Kritik und Ansporn. Nicht als Niedermachen.

SZ: Wenn Schweinsteiger der Gewinner der Saison ist, ist Torsten Frings ein Verlierer. Oder wie soll man's nennen?

Magath: Nein, nein. Torsten Frings ist sicher einer der Spieler, die sich mit der Atmosphäre hier in München schwer tun. Vor der Winterpause habe ich es noch auf seine körperliche Verfassung zurückgeführt, weil er gleich nach einem Kreuzbandriss wieder gespielt hat. Aber er ist in der Rückrunde nur etwas besser geworden - längst nicht so gut, wie er es jetzt im Pokal-Halbfinale bei Arminia Bielefeld mal gezeigt hat. So will ich ihn in der nächsten Saison erleben.

SZ: Bundestrainer Klinsmann hat erst jüngst gesagt, er setze darauf, dass Michael Ballack bei der WM 2006 eine so prägende Figur sein wird wie es Zinedine Zidane einmal für die Franzosen war. Teilen Sie diese Zuversicht?

Magath: Das kann sicher so kommen. Ich fühle mich nur immer missbraucht, was dieses Thema angeht.

SZ: Weil Sie davor warnen, Ballack könnte überfordert werden? Sie würden es gern sehen, wenn er den Konföderationen-Cup im Juni in Deutschland, die Generalprobe zur WM 2006, nicht spielt?

Magath: Die Frage hat den verkehrten Zungenschlag. Es geht nicht um mich, nicht um den FC Bayern. Der FC Bayern wird mit dieser Situation besser zurechtkommen als die Nationalmannschaft, wenn der Spieler nicht in einem guten körperlichen Zustand zur WM fährt. Ballack ist wahrscheinlich der meistbeanspruchte deutsche Spieler. Jetzt sage ich als Vereinstrainer: Ich glaube, dass für stark beanspruchte Menschen ein ausreichender Urlaub sehr wichtig ist. Ich frage mich, ob er die notwendige Erholung bekommt, wenn er nach Ende der Saison weiter zur Verfügung stehen muss. Wäre ich Nationaltrainer, würde ich bei dieser Frage graue Haare bekommen.

SZ: Jürgen Klinsmann will den Konföderationen-Cup gewinnen. Er nimmt das Turnier fast so ernst wie die WM.

Magath: Ich kann da niemandem eine Empfehlung geben, ich kann nur sagen: Ich hätte Bauchschmerzen.

SZ: Warum gibt es zwischen Ihnen und Klinsmann keine Kommunikation?

Magath: Wir haben verschiedene Situationen. Ich habe keine Forderung an ihn, etwa: Ballack soll nicht spielen. Ich sehe nur 2006, die WM und das Risiko. Wenn es Jürgen Klinsmann nicht tut, ist es ja gut. Er hat die Nationalmannschaft und nur das Ziel 2006. Ich habe...

SZ: ... nächstes Jahr die Champions League zu gewinnen.

Magath: Wir arbeiten daran.

SZ: Da kollidiert etwas ganz gewaltig.

Magath: Ich habe kein Problem damit, wenn die Spieler acht Wochen vor der WM nur noch die WM im Kopf haben. Aber ich habe ein Problem damit, wenn die Spieler schon heute, anderthalb Jahre vorher, die WM im Kopf haben sollen. Ich frage mich: Ist diese Fixierung nötig?

SZ: Michael Ballack ist Kapitän der Nationalelf. Er will ja immer spielen.

Magath: Es wollen alle dort spielen. Aber das wird immer auf dem Rücken der Vereinstrainer ausgetragen. Jürgen Klinsmann beschäftigt die noch vier Wochen, nachdem andere Urlaub haben. Und dann sage ich: Okay, die kriegen trotzdem drei Wochen Urlaub. Das ist das Maximale. Da habe ich aber schon wieder Kopfschmerzen, denn das führt dazu, dass wir zu Saisonbeginn nicht topfit sind, sondern uns im August irgendwie durchschlängeln müssen. Damit aber lebe ich jetzt.

SZ: Und füllen die Rolle des Chef-Oppositionellen zur Nationalelf aus?

Magath: Genau da fühle ich mich missbraucht. Dass ich aufgebaut werde als Gegner Klinsmanns, als Gegner der Nationalmannschaft. Völliger Quatsch.

SZ: Was sind Sie dann?

Magath: Ein Freund der Nationalelf. Vor allem bin ich, denke ich mal, verantwortungsvoller Vorgesetzter gegenüber den mir anvertrauten Arbeitnehmern.

SZ: Das wollen Sie lange bleiben. Mehr noch: Sie wollen, nach Ihren Worten, beim FC Bayern eine Ära prägen.

Magath: Ich will doch meinen Kindern nicht zumuten, jedes Jahr irgendwo anders hinzugehen. Wir sind uns einig, dass wir in München und in Bayern den besten Standort erwischt haben. Wir wollen hier bleiben. Ich bin aber zu sehr Profi, als dass ich sagen würde: naja, wird schon. Ich weiß, dass es hier eine latente Gefährdung gibt für einen Trainer. Aber: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Mein Vertrag mit Bayern läuft bis 2007. Wir arbeiten daran, dass es nicht der letzte ist.

© SZ vom 30.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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