Fed-Cup-Team unterliegt 0:3:Ein Sturm namens Sabalenka

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6:2, 6:1 gegen Petkovic, 6:1, 6:1 gegen Siegemund: Aryna Sabalenka beschleunigt die Fed-Cup-Vorstellung in Braunschweig. (Foto: Susanne Hübner / Imago)

Das deutsche Fed-Cup-Team scheitert mit seiner zweiten Mannschaft klar an Weißrussland und dessen Top-Spielerin. Die Hoffnungen ruhen nun auf der Rückkehr von Angelique Kerber und Julia Görges.

Von Gerald Kleffmann, Braunschweig

Es ist nicht so, als ob die Menschen in Braunschweig nicht wüssten, wie man Stimmung macht. Am 3. März etwa wird der "Schoduvel", der Karnevalsumzug, durch die Stadt ziehen, an die 250 000 Zuschauer werden das Spektakel verfolgen. Die bösen Geister der Kälte, des Todes und der Gefahr sollen verscheucht werden. Wie das am besten geht, wissen vor allem die örtlichen Musiker, so war es nicht kompliziert für den Deutschen Tennis-Bund, eine Combo aufzutreiben, die schon an diesem Wochenende die höheren dunklen Mächte um Gnade bat. Bei jeder Pause während der Fed-Cup-Matches am Samstag und Sonntag spielten Vertreter einer Big Band auf, die sonst für den heimischen Autobauer in Trompeten bläst und auf Trommeln haut. Ja, die Atmosphäre beim Duell der deutschen Tennisfrauen gegen Weißrussland war meist prächtig. Aber wenn man es richtig gesehen hat, hat Aryna Sabalenka nicht mal mit den Wimpern gezuckt.

Damit immerhin konnten sich die deutschen Spielerinnen am Ende also trösten - "so spielen die Topleute halt", resümierte anerkennend Laura Siegemund.

"Sie hat mich einfach überrollt", sagt Andreas Petkovic über ihre Bezwingerin

Die 30-Jährige aus Filderstadt, die 2017 vor ihrem Kreuzbandriss 27. der Weltrangliste war, machte am Sonntag zwei Spiele gegen die 20-Jährige - 1:6, 1:6. Damit stand das 0:3 fest (Endstand 0:4; das Doppel Mona Barthel/Anna-Lena Grönefeld unterlag Viktoria Asarenka/Lidsija Marosawa 1:6, 6:0, 9:11) und der vorzeitige Sieg des Gegners, der am Samstag mit zwei Erfolgen die Basis gelegt hatte: Alexandra Sasnowitsch hatte sich mit 7:6 (3), 6:3 gegen die deutsche Nummer eins Tatjana Maria durchgesetzt, die aufgrund der Absagen von Angelique Kerber und Julia Görges aufgerückt war; Maria ist 67. im Ranking. Andrea Petkovic, gut, sie lebte noch, das schon. Aber bei ihrem 2:6, 1:6 gegen Sabalenka hatte sie eine spielerische Nahtoderfahrung machen müssen - "sie hat mich einfach überrollt", sagte die 31-Jährige, die nach zwei Jahren mal wieder im Fed Cup auflief und "stolz" war.

Das Wissen um die wuchtigen Fähigkeiten Sabalenkas linderte die Enttäuschung der Deutschen. Sabalenka, aus Minsk, ist eine der Aufsteigerinnen der Branche, Neunte der Weltrangliste. "Es hätte sicher nicht geschadet, Angie hier im Team zu haben", wusste Siegemund. Andererseits war das Spekulation. "Hätte, hätte, Fahrradkette", sagte Siegemund dazu passend. Es blieb die Erkenntnis aller zurück: Die zweite Reihe der deutschen Kräfte war sehr bemüht und fleißig, aber eben nicht in der Lage, halbwegs aussichtsreich Sabalenka etwas entgegenzustemmen, was logischerweise auch den Blick auf die absenten Kerber und Görges lenkte.

Die beiden hatten im Dezember Fed-Cup-Teamchef Jens Gerlach mitgeteilt, dass sie sich auf ihre Einzelkarriere weiter fokussieren und dem WTA-Turnier ab dieser Woche in Doha den Vorzug geben wollten. Ihre Entscheidungen habe er "akzeptiert und respektiert", sagte Gerlach. Für ihre Entscheidungen sprach, dass sie "kleine Unternehmen" sind, wie Barbara Rittner, Head of Women's Tennis und früher Profi wie Fed-Cup-Teamchefin, es einordnete. Dagegen sprach, dass gerade Kerber zum dritten Mal in Serie im Fed Cup bei der ersten Runde gepasst hatte - diesmal war es nicht mal ein beschwerliches Auswärtsspiel wie 2017 in Hawaii und 2018 in Minsk. Zudem war die Konstellation wie geschaffen für Kerber (und Görges): Die Fed-Cup-Mannschaft nennt sich Porsche Team Deutschland, Porsche entscheidet bei der Wahl des Austragungsortes und werblichen Rahmenprogrammes mit - und Kerber wie Görges sind Botschafterinnen der Automarke. Mehr Teppichausrollen und Heimspiel geht wohl kaum. Die Firma kommentierte indes nur kurz, wenn auch kühl das Fehlen ihrer zwei bekannten Tennisgesichter. "Es ist schade für die Tennisfans", hieß es, aber: "Die sportliche und organisatorische Verantwortung des Porsche Teams Deutschlands liegt beim DTB."

Rittner hatte Verständnis dafür, dass es von außen betrachtet seltsam anmuten konnte, wenn Porsche so viele Hebel in Gang setzt und die Hauptprotagonistinnen fehlten. "Ich hätte mir natürlich auch gewünscht, dass beide spielen, aber sie hatten diesmal andere Prioritäten", sagte sie als oberste Repräsentantin der DTB-Frauensparte, gab die Entscheidungshoheit aber weiter. Das letzte Wort hätten die Topkräfte. Immerhin geht sie davon aus, dass Kerber und Görges im April beim Relegationsspiel bereitstehen ("sie sagten nur für die erste Runde ab"), sofern nicht gerade die Partie in Australien am Dienstag zugelost wird. Am Wochenende vor dem Stuttgarter Grand Prix, den Porsche aufzieht, würden sie kaum diesen Ausflug auf sich nehmen. Grundsätzlich sieht Rittner Klärungsbedarf. "Es gilt abzuklären, wo geht die Reise hin?", sagte sie. "Wir müssen mal gucken, ob wir alle zu einem eingeschworenen Haufen zurückbekommen."

Das deutsche Frauenteam steht, so durfte man sie verstehen, an einer Weiche. "Vielleicht müssen wir uns alle mal zusammensetzen in einem großen Kreis und uns fragen: Haben wir noch das gemeinsame Ziel?" Rittner würde es jedenfalls gerne "mit allen zusammen versuchen", die Jahre sind ja überdies überschaubar, in denen Kerber, 31, und Görges, 30, den Fed Cup gewinnen können. "Aber die Antworten können nur die beiden selber geben", sagte Rittner, und es klang wie ein freundlicher, aber auch ernster Appell zur Solidarität.

© SZ vom 11.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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