FC Schalke:Kühne Lösung

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Den jüngsten spielerischen Fortschritten in Barcelona und Bremen haben die Schalke-Bosse nicht getraut. Doch die Übergangslösung mit den alten Helden Büskens und Mulder ist riskant.

Philipp Selldorf

Es ist kein gutes Zeichen für einen Trainer, wenn ihn seine eigenen Spieler als "die ärmste Sau" bezeichnen, wie es Mirko Slomka am Samstag durch die Worte Jermaine Jones' widerfuhr. Derlei Solidarität stellt die Autorität des Chefs in Frage und bezeichnet meist das nahende Ende seines Engagements. Jones hat es zwar wirklich gut gemeint mit Slomka, als er nach Schalkes 1:5 in Bremen sein Unverständnis äußerte über die Bedrängnis des Trainers trotz immer noch vorzeigbarer Bilanz und Ausgangslage, aber vor allem hat er ja unfreiwillig recht: Slomka hat zuletzt einen verlorenen Kampf um den Erhalt seines Postens geführt; auf Dauer gab er dabei notwendig eine "arme" Figur ab, was irgendwann auch seine persönliche Würde bedrohte. Siehe Bremen. Daher beendet die abrupte Trennung einen quälenden Prozess und befreit beide Seiten - den Betroffenen und den Klub.

Mirko Slomka, nur noch Schalker Ex-Trainer (Foto: Foto: dpa)

Mitgefühl für Slomka ist menschlich berechtigt, Mitleid aber verbietet sich, sobald man das Fußballgeschäft in den Zusammenhang des realen Lebens rückt. 40-jährig verlässt er Schalke als wohlhabender Mann, in Ehren gekündigt und mit bester Aussicht auf eine weitere prominente Anstellung in der Bundesliga.

Die hätte er sich ohnehin suchen müssen. Im Sommer hätte der Verein die Zusammenarbeit beendet, und das wäre eine korrekte Antwort auf die sportliche Entwicklung in dieser Saison gewesen. Schalke erreichte zwar das Viertelfinale der Champions League und damit mehr als jemals vorher im Europacup, und die Mannschaft hat auch weiterhin die Aussicht, ihr Saisonziel zu erfüllen.

Aber sportlich stagnierte das Team, Slomkas spezieller Nimbus als Hochschul-Fachkraft ohne die typische Bundesliga-Haudegenprägung war vergangen, seine personelle Linie rief ständig Grundsatz-Diskussionen hervor, seine Rhetorik geriet zur Geschmacksache. Schalke wurde für ihn zunehmend zum Hochspannungsgebiet, nicht zuletzt, weil ihn Präsident Schnusenberg nicht mehr mochte und das auch öffentlich aussagte - schlau war das übrigens nicht.

Durch die Belastung für und durch Slomka ist die Atmosphäre im Klub zuletzt bleiern geworden. Den jüngsten spielerischen Fortschritten in Barcelona und Bremen hat man nicht getraut. Deswegen das Risiko der Entlassung mitten im Saisonfinale. Die Folgen werden sich aber allein gegen die Verantwortlichen richten, wenn die charmante und sicherlich populäre, aber extrem kühne Übergangslösung mit den alten Helden Büskens und Mulder schief gehen sollte. Einen Sündenbock gibt es dann nicht mehr.

© SZ vom 14.4.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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