FC Chelsea:Out of the Blues

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Mourinho hält es nicht mehr länger mit dem allmächtigen Abramowitsch aus und verlässt den Klub. Was bleibt? Fünf Titel in drei Jahren, ein paar kernige Rüpeleien und die Frage: Kommt jetzt doch "Diver" Klinsmann? Und wer kommt eigentlich nach Hitzfeld?

Thomas Becker

Der pure Hohn: Als die Chelsea-Belegschaft nachmittags gemütlich im Kino am Fulham Broadway saß und sich "Blue Revolution" ansah, den neuesten Dokumentar-Film über die Erfolgs-Ära Roman Abramowitsch bei den "Blues" (zwei Meister-Titel, zwei Siege im Liga-Cup, ein Sieg im FA-Cup), wusste einer der Hauptdarsteller schon, dass er nicht mehr Teil dieser Story war: Jose Mourinho.

Der Trainer hatte nach dem enttäuschenden 1:1 zum Champions-League-Auftakt gegen Rosenborg am Dienstagabend und einem anschließenden Streitgespräch mit Chelsea-Boss Abramowitsch die Brocken hingeworfen.

Per SMS informierte er am Mittwochnachmittag die Spieler John Terry, Frank Lampard und Didier Drogba ("Thanks very much lads; good luck in the rest of your careers.") über seine Entscheidung, am Abend wussten alle Akteure Bescheid und spät in der Nacht um 1.45 Uhr erschienen auf der Homepage des Klubs zwei dünne Zeilen: "Chelsea Football Club and José Mourinho have agreed to part company today (Thursday) by mutual consent." Das Ende einer wundersamen Freundschaft.

Der Rücktritt kam nicht "out of the blue", wie die Briten so schön sagen. Es musste so kommen. Alpha-Tiere kommen in den seltensten Fällen miteinander aus. Und dem Gesetz des Stärkeren folgend, flüchtete der Rüpel-Trainer nun endlich vor dem allmächtigen Millionär. Man muss kein Freund des nur bedingt sympathisch wirkenden Mannes aus Setubal sein, um seine Entscheidung zu verstehen.

Immer wieder hatte Abramowitsch ihm in den vergangenen drei Jahren in sportliche Belange hineinregiert. der Geldgeber verpflichtete - jeweils gegen Mourinhos Willen - Frank Arnesen von Tottenham Hotspur als Scouting- und Nachwuchs-Chef, den in England merklich nachlassenden Stürmer Shevchenko und zuletzt im Sommer den Israeli Avraham Grant als Sportdirektor. Die Liste der Einflussnahmen ist lange und auch für die weiteren Beteiligten meist unerfreulich gewesen.

So marschierte der Öl-Multi nach dem traurigen, von Pfiffen begleiteten Remis gegen Trondheim in die Kabine und forderte von seinem Team nicht bloß zu gewinnen, sondern mit Stil zu gewinnen. Auch nach dem torlosen Unentschieden gegen die Blackburn Rovers am vergangenen Wochenende soll es zu einem wortstarken Disput zwischen Coach und Besitzer gekommen sein. Die britische Presse sprach von "showdown talks". Die Fähigkeit, Kritik ohne markige Widerworte aufzunehmen, ist Mourinho nicht gegeben. So dozierte er auch gerne mal, dass es halt Qualitätseier brauche, um Omelett zu machen.

Zahlenmäßig liegen die Argumente auf Abramowitschs Seite: nur elf Punkte aus den ersten sechs Liga-Spielen, Rang fünf - der schlechteste Saisonstart seit 2003, seit dem Beginn der Ära Abramowitsch. Doch die britische Bühne interessierte den Russen eher am Rande: Sein Ziel war es von Anfang an, den europäischen Fußball zu beherrschen - was bislang trotz heftigster Investitionen misslang. Da nutzte Mourinho auch der erste englische Titelgewinn seit 50 Jahren nichts.

Bis 2010 läuft sein mit 5,2 Millionen Pfund (7,4 Millionen Euro) pro Jahr dotierter Vertrag. Jorge Mendes, sein Berater, ist schon unterwegs nach London, um die Abfindung auszuhandeln. Die Nachfolger-Debatte läuft: Sportdirektor Avraham Grant übernimmt zunächst die Geschäfte. Außerdem köcheln in in der Gerüchteküche unter anderen folgende Namen: Guus Hiddink, Didier Deschamps - und Jürgen Klinsmann, the diver, wie er seit seiner Zeit bei Tottenham heißt. Sie müssen sich beeilen, die "Blues": Am Sonntag geht es zum Tabellenführer und Lieblingsfeind Manchester United.

Und Mourinho? Der Welt-Klubtrainer: der Jahre 2005 und 2006 ist dermaßen unberechenbar, dass man ihm sogar zutrauen würde, sich irgendwann einmal für den FC Bayern zu interessieren - wenn da bloß nicht diese Alpha-Tiere-Trias Beckenbauer/Hoeneß/Rummenige wäre.

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