FC Bayern Frauen:In Essen unter Druck

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Melanie Leupolz musste sich in ihrem letzten Heimspiel in München mit einem 0:0 begnügen. (Foto: Sebastian Widmann/Getty Images)

Die Fußballerinnen vom FC Bayern bangen vor dem Abschlussspieltag in der Bundesliga noch um die Champions-League-Teilnahme.

Von Anna Dreher

Kurz hatte es so ausgesehen, als ob es in dieser Partie doch noch eine Pointe geben würde. 90 Minuten waren zwischen dem FC Bayern München und dem VfL Wolfsburg am Sonntag gespielt, Lineth Beerensteyn hatte sich auf der rechten Seite ihren Weg nach vorne gebahnt und auf Melanie Leupolz gepasst. Der Ball versprang nicht, er blieb eng am Fuß von Bayerns Kapitänin, die ihr rechtes Bein nach hinten zog, bereit, nach viel Kampf ohne Belohnung endlich diesen einen so wichtigen Treffer zu erzielen. Noch ein letztes Tor im letzten Heimspiel für diesen Verein vor dem Wechsel zum englischen Meister Chelsea LFC. Aber die Fahne der Linienrichterin ging nach oben, Leupolz war etwas zu schnell gewesen, Abseits. Kurz danach ertönte der Schlusspfiff, 0:0, keine Pointe.

"Ich denke, dass wir dem Sieg heute etwas näher waren als Wolfsburg. Wir haben ein paar gute Möglichkeiten liegen lassen", sagte Bayerns Trainer Jens Scheuer, und: "Ich bin relativ entspannt, weil ich genau weiß, dass wir in Essen gewinnen werden. Es ist ja schön, dass wir das in der Hand haben und nicht auf andere schauen müssen. Wenn wir gewinnen, ist das Ding durch." Gemeint war: die Qualifikation zur Champions League. Hätte der FC Bayern gegen Wolfsburg gewonnen, wäre ihm diese sicher gewesen. Weil aber der Tabellendritte TSG Hoffenheim zeitgleich gegen den 1. FFC Frankfurt 4:0 gewann und nun nur noch zwei Punkte weniger als der FC Bayern hat, wird es in dieser Frage am letzten Spieltag kommenden Sonntag noch einmal spannend in der Bundesliga.

Die SGS Essen ist Tabellenvierter und hat es ins Pokalfinale (Gegner: Wolfsburg)

geschafft, ein Selbstläufer wird das für den FC Bayern also keineswegs. Die Meisterschaft jedenfalls ist seit Mittwoch entschieden: Wolfsburg hat zum vierten Mal in Serie und zum sechsten Mal insgesamt den Titel geholt. Für den VfL ging es in München aber um Prestige und ums Prinzip - in der Dauerrivalität der besten Bundesligaklubs. Die Partie fügte sich ein in die Reihe so vieler umkämpfter Begegnungen. Beide Teams machten viel Druck, spielten schnell und gingen keinem Zweikampf aus dem Weg. Nach ersten Versuchen hätte Jovana Damnjanovic der Partie in der 14. Minute eine andere Dynamik geben können. Wolfsburgs Sara Doorsoun unterlief ein Abwehrfehler, Linda Dallmann schnappte sich den Ball und spielte in die Mitte zu Damnjanovic, ihr Abschluss geriet jedoch zu harmlos. Sechs Minuten später hätte Dallmann aus kurzer Distanz und aussichtsreicher Position selbst für die Führung sorgen können. Auf der anderen Seite wiederum versuchte es nach einer halben Stunde am energischsten Alexandra Popp, die all ihre Entschlossenheit in einen Fernschuss packte und doch nur Verteidigerin Carolin Simon traf, die danach lange am Boden lag. Beide Teams wollten, keines konnte.

Und während sich Simon erholt hatte und fünf Minuten nach der Pause selbst aus der Ferne abzog und es wieder nicht klappte mit diesem vermaledeiten ersten Treffer, erhöhte in der baden-württembergischen Ferne Tabea Waßmuth für Hoffenheim auf 3:0. In München aber: Ein Versuch nach dem anderen von Beerensteyn, von Carina Wenninger und schließlich zum Abschluss von Leupolz - nichts ging. "Ich finde, wir haben das echt gut gemacht, wir haben uns so viele Torchancen erarbeitet wie noch nie gegen Wolfsburg", sagte Leupolz. "Das baut natürlich den Druck auf für das letzte Spiel bei uns."

Unter anderen Bedingungen hätte das Ergebnis wohl nicht ganz so im Vordergrund gestanden. Blumensträuße und Fotocollagen wären überreicht worden und sicherlich wäre auch die ein oder andere Träne geflossen bei der Verabschiedung von Spielerinnen wie Mandy Islacker, die zum 1. FC Köln wechselt, und eben Leupolz, die in den sechs vergangenen Jahren zu einer der wichtigsten für den FC Bayern geworden ist. Unter den ungewöhnlichen Umständen der Coronavirus-Pandemie und ohne Zuschauer wurde auf einen öffentlichen Abschied verzichtet. "Ich habe gar nicht so daran gedacht, ohne Fans war es nicht so emotional", sagte Leupolz noch, bevor sie in die Kabine ging. Was blieb, war an diesem Tag also wenigstens ein Punkt - und die Hoffnung auf eine Pointe in einer Woche in Essen.

© SZ vom 22.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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