FC Bayern Frauen:Das erste und letzte Mal

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Lange erfolgreich: Thomas Wörle wurde mit Bayerns Fußballerinnen Pokalsieger und Meister. (Foto: imago)

Die Fußballerinnen stehen mit Trainer Wörle im Champions-League-Halbfinale.

Von Anna Dreher

Als Thomas Wörle 2015 zum ersten Mal mit den Fußballerinnen des FC Bayern Meister wurde, feierte auch Pep Guardiola mit den Männern den Gewinn dieses Titels. Auf dem Bankett trafen sich die beiden Trainer, sie sprachen eine Weile, und Guardiola gratulierte Wörle. Der bedankte sich, aber, meinte er, das zu wiederholen und zu bestätigen, werde sehr schwierig. Guardiola widersprach. Er fand, so etwas zum ersten Mal zu schaffen, sei schwieriger und wichtiger. "Und ich weiß, was er gemeint hat", sagt Wörle fast vier Jahre später: "Einmal Grenzen zu sprengen und etwas zu erreichen, das man vorher nicht geschafft hat, gibt dir so ein Selbstvertrauen, dass du weißt, du kannst es wieder schaffen." Im Jahr darauf bestätigte sich die These des Katalanen.

Am Sonntag kommt es für Wörle erneut darauf an, etwas zum ersten Mal zu erreichen - und es wäre in dieser Konstellation zugleich das letzte Mal. Nach dieser Saison wird der 37-Jährige als Trainer des FC Bayern aufhören, was überraschend und zu einem fragwürdigen Zeitpunkt nach der einzigen Saisonniederlage im Oktober gegen den VfL Wolfsburg bekannt gegeben worden war. Damit endet eine besondere Ära: Von 2008 bis 2010 hatte Günther Wörle die FC-Bayern-Frauen trainiert, auf den Vater folgte der Sohn, der in neun Jahren viel Anteil an der Professionalisierung und Entwicklung des Frauenfußballs in München hatte, der einmal Pokalsieger (2012) und zweimal Meister (2015, 2016) wurde - und noch die Chance hat, sich mit einem Titel zu verabschieden.

Erstmals in der Geschichte der Frauenfußballabteilung steht der FC Bayern im Halbfinale der Champions League. Am Ostersonntag (18 Uhr/live auf Sport 1) findet auf dem FC-Bayern-Campus im Münchner Norden das Hin-, eine Woche später das Rückspiel statt. Es ist der bisherige Höhepunkt dieser Saison und wichtig für den Trainer und für den Klub, der sich weiter in dem ehrgeizigen Prozess befindet, national und international zu den Besten im Frauenfußball zu gehören - und dabei in den vergangenen Wochen erkennen musste, dass noch etwas dazu fehlt.

Auf die einzige Liganiederlage, ein herbes 0:6 gegen Wolfsburg, reagierte die Mannschaft mit einer konstant guten Leistung, über die ein auffällig großes Selbstvertrauen aufgebaut wurde. Es war fast schon egal, wen Wörle aufstellte, die Breite im Kader war auf hohem Niveau groß. Bayern war punktgleich mit Wolfsburg Zweiter, stand im Halbfinale des DFB-Pokals und der Champions League. Der Gewinn von zumindest einem Titel schien mit dieser Mannschaft in dieser Form kein verwegenes Ziel zu sein. Dann aber verlor München im Pokal 0:4, erneut gegen Wolfsburg, und in der Liga waren trotz spielerischer Dominanz und vieler Chancen gegen Essen und Sand nicht mehr als Unentschieden drin. Die Meisterschaft dürfte damit entschieden sein. Wolfsburg liegt bei einem Spiel weniger einen Punkt vorne - und dass der über Ausnahmespielerinnen verfügende Titelverteidiger am Montag gegen Duisburg und danach gegen Sand, Hoffenheim und Potsdam verliert: unwahrscheinlich. "Das hat schon sehr weh getan, weil ich der Meinung war, dass wir bis zum Schluss dran bleiben können", sagt Wörle: "Aber die Liga ist durch, das muss man einfach anerkennen. Alles andere wäre vermessen."

Nur eine Titelchance bleibt noch. Und von den möglichen Gegnern ist der FC Barcelona der angenehmere unter unangenehmen. Das zweite Halbfinale bestreiten Olympique Lyon um die deutsche Nationalspielerin Dzsenifer Marozsan - das zum fünften Mal in Serie die Königsklasse gewinnen kann - und der FC Chelsea, gegen den München 2017 das Achtelfinale verpasste. Wichtig wird vor allem sein, das uneingeschränkte Selbstvertrauen wieder zu finden und tatsächlich als Mannschaft zu funktionieren. Denn international herausragende Künstlerinnen, die mit einzelnen Aktionen die dominante Spielweise des FC Barcelona aushebeln könnten, fehlen München. "Barcelona erstickt viele seiner Gegner in der spanischen Liga regelrecht mit extremem Ballbesitzspiel, Gegenpressing und enormer Kampfbereitschaft", sagt Wörle.

Fast ein Jahrzehnt seines Lebens hat er als Trainer beim FC Bayern verbracht. Im Finale der Champions League zu stehen, war für ihn dabei immer ein großes Ziel. Und zum Abschied würde Wörle gerne noch mal etwas erreichen, das er vorher nicht geschafft hat.

© SZ vom 20.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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