FC Bayern:"Es geht ums Prinzip"

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Bayern-Manager Uli Hoeneß schließt einen Verkauf von Owen Hargreaves ebenso aus wie weitere Einkäufe.

Raphael Honigstein und Christian Zaschke

Nachdem englische Medien in den vergangenen Tagen intensiv über die Wechselpläne von Owen Hargreaves berichtet hatten, ging die Boulevardzeitung The Sun am Donnerstag einen Schritt weiter: Hargreaves, beim FC Bayern mit einem bis zum Jahr 2010 gültigen Vertrag ausgestattet, habe bei Manchester United unterschrieben; die Klubs hätten sich auf eine Ablösesumme von rund 20 Millionen Euro geeinigt.

Das klang insofern erstaunlich, als dass die Bayern-Vorstände Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge mehrmals erklärt hatten, sie dächten gar nicht daran, Hargreaves zu verkaufen. Waren sie vom Geld verlockt worden? ,,An der Geschichte ist nichts dran'', sagte Hoeneß am Donnerstag. Hargreaves bleibt.

Richtig ist, dass Hargreaves vor einigen Wochen bei Hoeneß im Büro war und vom Interesse Manchester Uniteds berichtete. Er wolle den Kontakt gern intensivieren, sagte er. Hoeneß antwortete ihm, das brauche er nicht zu tun, denn man würde ihn nicht ziehen lassen. In einem weiteren Gespräch erläuterte Hoeneß dem Spieler, wie wichtig er beim Aufbau einer neuen Mannschaft sei. Zwischen beiden Gesprächen gab es einige Anrufe von Manchester United.

Hoeneß unterhielt sich also mit David Gill, dem Generaldirektor von ManU. ,,Ich verstehe mich gut mit ihm'', erzählt Hoeneß, ,,und ich habe ihm gesagt: ,David, du kannst mich gerne jeden Morgen so gegen halb neun anrufen, dann können wir plaudern. Aber du kannst mir auch 50 Millionen für Owen Hargreaves bieten, wir werden ihn nicht hergeben.' Damit war die Sache erledigt.''

Erstaunliches Signal

Nach dem Weggang von Michael Ballack und Zé Roberto wäre der Verkauf eines weiteren Spielers tatsächlich ein erstaunliches Signal gewesen. ,,Es geht hier nicht ums Geld, es geht ums Prinzip'', sagt Hoeneß und führt aus: ,,Was soll ich mit dem Geld? Ich müsste einen neuen Spieler kaufen, von dem ich aber noch nicht weiß, ob er zu uns passt.''

Zudem geht es darum, den anderen europäischen Großklubs zu zeigen, dass man dazugehört und sich nicht die Mannschaft auseinanderkaufen lässt. Insofern ist das Angebot nicht nur eine Ehre für Hargreaves, der durch das Interesse von ManU an Profil gewinnt, sondern auch eine Möglichkeit für den FC Bayern, den Konkurrenten in Europa zu zeigen, dass man so einen Verkauf nicht nötig hat.

,,Es ist eine Frage der Philosophie'', sagt Hoeneß, ,,wir haben nie geplant, jemanden zu verkaufen. Im Gegenteil: Wenn wir Franck Ribéry für 20 Millionen Euro bekommen hätten, dann hätten wir ihn gekauft. Und zwar nicht statt Hargreaves, sondern zusätzlich. Das wäre ein Signal gewesen.''

Dieses Signal wird nun allerdings ausbleiben, der FC Bayern hat seine Aktivität auf dem Transfermarkt eingestellt und bestreitet die Saison mit dem bestehenden Kader.

Dass Hargreaves überhaupt wechseln wollte, liegt neben dem grundsätzlichen Wunsch, einmal in England zu spielen, an seiner Rolle im Mittelfeld der Bayern. Er wird dort flexibel eingesetzt, aber Hargreaves möchte zentral vor der Abwehr spielen, auf der Sechser-Position, und zwar immer. Dort sieht er die Chance, sich zu einem Weltklassespieler zu entwickeln. Beim 4:0 Englands gegen Griechenland am Mittwochabend spielte er genau auf dieser Position - und war wie im WM-Viertelfinale gegen Portugal der überragende Akteur.

Er wurde zum Mann des Spiels gewählt. Als ,,Eckstein des neuen Englands'' sieht ihn der Guardian nach seiner Klassepartie, das ganze Land fragt sich beschämt, wie man den Münchner so lange verkennen konnte. Nach der Partie wollte er sich ,,nicht in Einzelheiten'' über einen möglichen Wechsel zu United äußern, er verwies abermals auf das bis zum 31. August offene Transferfenster: ,,Schauen wir mal, was bis dahin passiert.'' Vielleicht hoffte er noch auf das Unmögliche, wahrscheinlicher ist, dass er den Moment auskostetete und ein wenig kokettierte.

Wirklich ,,forciert'', wie manche deutsche Medien berichteten, hat Hargreaves den Wechsel übrigens eher nicht. Andere Spieler drohen in solchen Situationen Arbeitsverweigerung an, oder sie überwerfen sich gezielt mit dem Trainer. Hargreaves erklärte dagegen am Mittwochabend, dass ,,Bayern immer gut zu mir war''.

Es ist in erster Linie eine Genugtuung für ihn, nach den gehässigen Kritiken auf der Insel in den vergangenen Jahren nun ein Angebot eines englischen Spitzenklubs zu haben.

Bleibt die Frage nach der Sechser-Position. Bayern-Trainer Felix Magath hatte am Mittwoch gesagt: ,,Es interessiert mich nicht, was er in der Nationalelf spielt.

Es wird hier bei uns eine gute Rolle spielen.'' Magath ist bekannt dafür, dass er sich ungern diktieren lässt, wo er einen Spieler aufstellen soll. Bessere Werbung für sich selbst auf der Sechser-Position als mit seiner überragenden Leistung gegen die Griechen kann Owen Hargreaves allerdings nicht machen.

© SZ vom 18.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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