Euroleague:Der Turm der Kapverden

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Antäuschen und vorbeilaufen: Auch der zuletzt so beeindruckenden Derrick Williams (rotes Trikot, im Duell mit Trey Thompkins) hatte am Freitagabend nicht genug Ideen, um Real Madrid zu besiegen. (Foto: Christian Kolbert/imago)

Die Bayern-Basketballer sind in der Euroleague gegen Madrid eine Halbzeit lang klar unterlegen - und verlieren 72:82.

Von Ralf Tögel, München

Nach dem bravourösen Erfolg von Mailand haben die Basketballer des FC Bayern am Freitagabend gegen Real Madrid mit 72:82 Punkten verloren. Dennoch haben sie in der Euroleague noch ein ausgeglichenes Konto von 7:7 Siegen. Und gerade die Leistung in der zweiten Halbzeit, als die Gastgeber einen hohen Rückstand aufholten und den Euroleague-Titelverteidiger in große Bedrängnis brachten, ließ die Mannschaft erhobenen Hauptes in die Kabine schreiten.

Dass auch Madrid trotz seiner Bilanz von 10:2 Siegen keineswegs unbezwingbar ist, wurde erst vor Wochenfrist deutlich. In der spanischen Liga ACB unterlag der spanische Meister beim Vorletzten Breogan. Was bewies, dass der mit spanischen Topspielern und NBA-erfahrenen Akteuren bestückte Kader zweifellos königlich, aber nicht galaktisch ist. Allerdings waren die Spanier mit der Empfehlung eines 89:68 gegen Athen nach München geflogen. Und sie waren fest entschlossen, daran anzuknüpfen.

Vor allem Sergio Llull traf am Freitag zunächst nach Belieben. Einen Dreier nach dem anderen ließ der 31-Jährige durch den Ring der Bayern rauschen, wurde dabei aber allzu oft sträflich allein gelassen. Beeindruckende 17 Punkte standen für den Regisseur Madrids schon zur Pause zu Buche. Aber die Bayern hielten dagegen. Kapitän Danilo Barthel (10 Punkte) traf per Dreier zur 13:11-Führung. Dann schlichen sich Fehler ein: Bälle wurden verlegt, dem Gegner in die Hände gepasst. Eine schlechte Idee gegen das Team aus Madrid. Zwar haben die Spanier ihr Wunderkind Luka Doncic an die Dallas Mavericks in der NBA verloren, doch neben Llull (19) noch eine Reihe Könner wie Anthony Randolph (22) im Team. So wuchs der Rückstand. Nach dem ersten Viertel lag der FCB 16:27 hinten.

Die Bayern initiierten zwar immer wieder kleine Läufe und ließen sich nicht entscheidend abschütteln. Real war aber ob seiner außerordentlichen Qualität stets in der Lage, diese Bemühungen zu bremsen. Vor allem in der Defense waren die Gäste in dieser Phase besser, die Bayern waren oft einen Schritt zu langsam. Real kam so zu leichten Punkten und blockte die Münchner ein ums andere Mal aus. Der kapverdische 2,21 Meter-Riese Walter Tavares stand wie ein furchteinflößender Turm unter dem Brett, an dem selbst der zuletzt so beeindruckende Derrick Williams (7) abprallte.

Zur Pause war der Rückstand auf 31:46 gewachsen. Die zweite Hälfte wurde mit einem Dreier von Madrids Jeffery Taylor eröffnet. Doch die Bayern kämpften leidenschaftlich und weckten die Zuschauer im erstmals in der Euroleague ausverkauften Audi Dome auf - egal welche Nackenschläge es wegzustecken galt, die Münchner blieben dran. Vor dem finalen Viertel war der Rückstand auf sechs Punkte geschrumpft und die Gäste wirkten kurzzeitig verunsichert. Petteri Koponen (10) verkürzte auf 66:68, jetzt herrschte Playoff-Atmosphäre. Leon Radosevic (8) traf zum 66:68, das Spiel war vier Minuten vor dem Ende wieder völlig offen. Doch trotz aller Bemühungen und zweistelliger Werte von Nihad Djedovic (10) und Stefan Jovic (11) behielt Real letztlich verdient die Oberhand. "Wir hatten nach einer schwachen ersten Halbzeit die Möglichkeit, das Spiel zu drehen", ärgerte sich FCB-Coach Dejan Radonjic, letztlich sei seine Auswahl an der Erfahrung des Gegners gescheitert.

Praktisch ohne Pause rauscht der deutsche Meister weiter durch die stade Zeit; am Sonntag (18 Uhr) erscheint der nächste schwere Gegner in der Halle: Alba Berlin gastiert zum zweiten Mal innerhalb von acht Tagen. Das Pokal-Viertelfinale wird der erste Vergleich mit Endspielcharakter für die Münchner sein: Es geht gegen ein Team, das mit viel Selbstbewusstsein anreist. Niels Giffey, der mit dem letzten Wurf die Möglichkeit zum Sieg hatte, kündigte nach der Partie an, dass man auf Augenhöhe war - und besser spielen könne.

© SZ vom 22.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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