Erstes Bayern-Training:Klose wirkt geschockt

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Mehr als tausend Zuschauer sehen den Einstand des Nationalstürmers beim Rekordmeister. Zuerst spielt er Basketball, dann gibt er hohe Ziele aus.

Thomas Becker

Zur Mittagszeit durch die Münchner Fußgängerzone? Das ist kein Spaß. Da wird gerannt, gerempelt oder aber zu acht nebeneinander hergeschlendert, dass kein Durchkommen ist. Wenn irgend möglich, meidet der Münchner die Touristenmeile um den Marienplatz oder nutzt streng geheime Schleichwege.

"Wir haben einen guten Kader", sagt Trainer Hitzfeld (hinten) und meint damit sicher auch seinen neuen Stürmer (vorne). (Foto: Foto: AP)

Wer neu ist in der Stadt, ist klar im Nachteil. Wie Miroslav Klose. Mitten durch die Theatinerstraße marschierte er zur Praxis von Bayern-Doc Müller-Wohlfahrt in die Fürstenfelderstraße - und wunderte sich, dass sich ein ansehnliches Menschenknäuel um ihn bildete. Spätestens als er kurz darauf im Hotel Vier Jahreszeiten in der Maximilianstraße seinen Vierjahresvertrag unterschrieb, wusste er, dass ein Teil der sicher sehr anständigen Bezahlung auch als eine Art Schmerzensgeld zu sehen ist.

Dass die Münchner Medienlandschaft eine andere ist als die Bremer, wird dem Nationalstürmer nicht ganz fremd gewesen sein. Und doch schien er beim Trainingsauftakt an der Säbener Straße mittelprächtig geschockt von all dem Rummel. Mehr als tausend Menschen sahen die erste Übungseinheit (Basketball zum Aufwärmen!), mehrere Dutzend Journalisten quetschten sich zur Pressekonferenz in den Mini-Medienraum, und als Klose diesen mit Trainer Hitzfeld betrat, passte sein Gesichtsausdruck so gar nicht zu seinen Worten:

"Absolut positiv" sehe er all das, blickte dabei aber wie ein verschrecktes Reh: bodenwärts, wie immer. "Meine Erwartungshaltung ist sehr hoch. Ich will hier Titel sammeln." Klingt gewaltig, kam aber als kaum verständliches Geflüster an. Gleich am zweiten Spieltag nach Bremen? "Je früher, je besser. Da sind die Emotionen noch da. Das wird gut." Und das Zusammenspiel mit Luca Toni? "Wenn wir gesund bleiben und fit sind, wird es nicht viele geben, die uns aufhalten können."

Davon gehen Hitzfeld und Hoeneß ebenfalls aus, fordern aber vorweg schon mal Zeit und Geduld ein, bis sich das Team gefunden hat. "Wir haben einen guten Kader", sagte Hitzfeld, "und wir wollen auch die beste Mannschaft sein." Die Saisonziele seien beim FC Bayern "ja sowieso immer die gleichen: möglichst viele Titel holen". Zehn Neue muss er integrieren, zählt dabei auch die beiden Jungen Toni Kroos und Mats Hummels neben all den Stars mit.

Schwierig wird das, aber es war wohl schon mal schlimmer: "Bei meiner ersten Trainerstationen 1983/84 beim Sportclub Zug waren es elf neue Spieler. Eigentlich nur sieben, aber der Präsident hat noch vier dazugekauft - und wollte dann auch noch mitreden. Das war mein schwerstes Jahr."

Erstes Tor mit dem Fuß: Miroslav Klose beim FC Bayern. (Foto: Foto: dpa)

So was wird ihm jetzt nicht mehr passieren, aber spannend wird die Saison schon, das muss auch Hitzfeld zugeben: "Es wird sicher eine der interessantesten Saisons meines Lebens." Gemessen daran, dass er noch vor ein paar Monaten als Teilzeitmoderator müßig ging, hat er da sicherlich Recht.

Es wird keine einfache Vorbereitung werden. Viele Spieler sind nach diversen Operationen noch nicht fit. Lucio dürfte bis zum Beginn des Trainingslagers in Donaueschingen am 8. Juli wieder dabei sein, Schweinsteigers Teilnahme ist unsicher, andere fallen definitiv länger aus.

Laut Hitzfeld braucht Ismael noch drei Wochen, Podolski noch vier, Schlaudrauff sechs bis sieben, bei Sagnol wird es gar Ende August werden. Sonderurlaub bis Mittwoch haben derzeit noch die Nationalspieler Ribery, Luca Toni, Ze Roberto sowie die Noch-Bayern Roque Santa Cruz und Wolfsburg-Rückkehrer dos Santos, dessen Rückennummer 19 allerdings schon Jan Schlaudraff übernommen hat. Der Kader wird noch schrumpfen: 27 Spieler sind auch für den FC Bayern zu viel.

Die erste Dienstreise stand schon am ersten Arbeitstag an: Standesgemäß kommt der Testgegner aus Brasilien (Sao Paulo), und was liegt für einen Global Player wie den FC Bayern näher als solch eine Partie in Hongkong auszutragen (Sonntag, 8.30 Uhr, DSF)? Auch dort soll es zur Mittagszeit in der Fußgängerzone ja recht lebhaft zugehen.

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