Erste Pyrenäen-Etappe:Froome wankt

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Trägt seine Freude im Gesicht spazieren: Fabio Aru, der neue Gesamterste der Tour de France. (Foto: Lionel Bonaventure/AFP)

Auf dem extrem schweren letzten Kilometer verliert der Brite den Anschluss und damit das Gelbe Trikot an den Italiener Fabio Aru.

Von Johannes Knuth, Peyragudes

Eine Attacke. Noch eine. Und dann knisterte das Finale dieser zwölften Etappe bei der Tour de France plötzlich vor Spannung, als hätten sich die Favoriten sämtliche Dramatik für die letzten 500 Meter aufgespart. Der Italiener Fabio Aru eröffnete den Sprint. Romain Bardet, Frankreich, und der Kolumbianer Rigoberto Uran folgten. Und Christopher Froome, der Inhaber des Gelben Trikots, der während der 214 Kilometer langen Schinderei in den Pyrenäen so souverän gewirkt hatte? Kam nicht mehr hinterher! Bardet verschärfte noch einmal das Tempo, er gewann, dann blickte er kurz über die Schulter. Er sah das Feld der Geschlagenen, und er sah Froome, der so dynamisch ins Ziel kroch wie ein Schwertransporter, der sich durch einen französischen Kreisverkehr quetscht.

Vielleicht werden sie in knapp zwei Wochen in Paris noch einmal auf diesen Donnerstag zurückblicken. Und zwar als jenen Tag, an dem sich die Kräfte im Peloton nachhaltig verschoben. Froome war bisher zwar nicht so überlegen wie bei seinen bisherigen Gesamtsiegen (2013, 2015, 2016), aber sein Team Sky hatte ihn souverän durch die Berge gezogen. Am Donnerstag wollte er "keinen zurück ins Spiel bringen", doch am Ende war dieses Glück gleich drei Verfolgern vergönnt: Aru machte aus 18 Sekunden Rückstand im Klassement sechs Sekunden Vorsprung. Bardet halbierte seine Hypothek auf 25 Sekunden, auch Uran ist mit 55 Sekunden Distanz wieder dabei. "Das war eine sehr harte Etappe", sagte Froome, befreit vom Nimbus der Unantastbarkeit, "ich hatte nicht die Beine. Ein sehr schöner Erfolg für Romain und für Fabio." Aru bestätigte: "Ich bin sehr glücklich."

Freudige Erwartung hatte sich am Donnerstag über das Ziel gelegt, den Col de Peyresourde und die letzten Meter hinauf zur Skistation Peyragudes. Viele hatten sich zum Gipfel aufgemacht, Dünne, Dicke, Kinder, Männer mit Turnschuhen und schweren Rucksäcken - viele auf dem Rad, klar. Sie wurden nicht enttäuscht. Die Favoriten rauschten geschlossen den Peyresourde hinauf, fingen die letzten Ausreißer ein. Nairo Quintana flog aus der Gruppe, wieder einmal. Froome und seine Mitbewerber überquerten den Peyresourde gemeinsam, es ging kurz bergab, vieles sprach für einen Patt. Dann kamen drei giftige Kilometer ins Ziel. Und zwei Attacken, die einen gewöhnlichen in einen außergewöhnlichen Tag verwandelten.

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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