Erste Liga:Doll soll's richten

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Jürgen Röber tritt zurück, Felix Magath sagt ab. Nun wird wohl Thomas Doll neuer Trainer der Borussia.

Freddie Röckenhaus

Es wird anscheinend zum Zeichen der Zeit, dass Klubs händeringend Trainer suchen. Bei Borussia Dortmund geht die Suche nach wenigen Wochen Pause sogar schon in die zweite Runde, denn nach nur acht Spielen und dem unerwarteten Absturz in die Abstiegszone hat Jürgen Röber den Posten als Chefcoach freiwillig wieder geräumt.

So die offizielle Version, die dem ehrenwerten Röber zumindest einen halbwegs ehrenhaften Abtritt verschafft. Am frühen Montagabend stellte sich heraus, dass sich Dortmunds Vorstandschef Hans-Joachim Watzke eine erste, prominente Absage eingehandelt hat: Felix Magath sagte ab. Als neuer Favorit steht der vor wenigen Wochen beim HSV entlassene Thomas Doll im Raum. Es soll bereits am Montag zu einer Einigung mit dem Ex-Nationalspieler gekommen sein.

Wie es heißt, sind sie in der Dortmunder Klubzentrale "so ziemlich alle Trainer in Europa" durchgegangen, die als Nachfolger für Jürgen Röber und Nach-Nachfolger von Bert van Marwijk in Frage kämen.

Absage von Magath

Doch Magath schien zunächst der Einzige zu sein, auf den das aktuelle Stimmungs- und Stellenprofil exakt gepasst hätte. Zwar hat Magath sein Image als distanzierter, knüppelharter "Quälix" durch elegante Titelgewinne relativiert; aber noch immer scheint seine harte Hand genau das zu sein, wonach man sich in Dortmund sehnt.

Einer, der die führungs- und disziplinlose Mannschaft aus Einzelkönnern das Fürchten lehrt. Nun aber ist bekannt, dass Magath nur das Management des BVB auf die Folter gespannt hatte.

Wie zuvor schon dem Hamburger SV gab der Ende Januar beim FC Bayern Entlassene auch Dortmund einen Korb - die kinderreiche Familie, die Regeneration und der Kommentatorenjob beim Pay-TV sind ihm momentan wichtiger. Watzke ließ dennoch zuversichtlich übermitteln, voraussichtlich an diesem Dienstag einen neuen Chefcoach präsentieren zu können.

Mit der am Montag verkündeten Trennung von Röber hat sich Borussia unter Zugzwang gebracht, aber "das wäre ohnehin nicht mehr vermeidbar gewesen", sagte Watzke. "Die Fakten waren ja bereits geschaffen. Röber wäre, das hat er auch selbst so gesehen, nicht mehr vermittelbar gewesen."

Watzke macht sich den Vorwurf, schon bei Röbers Engagement und dem vorangegangenen Rauswurf von van Marwijk nicht glücklich agiert zu haben. Zuerst vollzog er die Trennung vom ungeliebten Niederländer, ohne einen geeigneten Nachfolger in petto zu haben. Dann scheiterte der Coup der Wiederverpflichtung von Ottmar Hitzfeld, der gerne "Platz drei anpeilen" wollte, aber der BVB-Truppe ganz so viel nicht zutraute.

Röber von vornherein Übergangslösung

Und zuletzt schickte er den ohnehin nicht ausreichend hoch reputierten Röber mit der Hypothek ins Rennen, nur Übergangslösung zu sein, bis im Sommer aller Voraussicht nach der damals noch in Bielefeld beschäftigte Thomas von Heesen die Mannschaft übernehmen würde. Das hat der Mannschaft offenbar völlig falsche Signale gesetzt.

Das Thema von Heesen hat sich inzwischen erledigt, er ist wegen seines wankelmütigen Kurses im Umgang mit der stolzen Borussia gänzlich ad acta gelegt. Umso mehr müssen Watzke und Präsident Reinhard Rauball nun um Nachbesserung bemüht sein. Die finanzielle Sanierung des vor anderthalb Jahren vor dem Konkurs stehenden Klubs ist dem Duo gelungen - beim sportlichen Umsteuern dagegen sind zuletzt eine Reihe handwerklicher Pannen passiert.

Magath hat wohl nur kurz über das Für und Wider eines raschen Wiedereinstiegs in die Liga-Tretmühle nachgedacht. Sein Assistenztrainer Seppo Eichkorn, der ihm in Stuttgart und bis Ende Januar bei Bayern assistiert hatte, klang in einer ersten Reaktion noch begeistert: "Kein Problem damit, morgen in Dortmund anzufangen."

Eichkorn muss sich gedulden, dabei hätte für Dortmund viel gesprochen: Der Klub hat nach wie vor den höchsten Zuschauerschnitt Europas, und die nominell gut besetzte Mannschaft kann zur nächsten Saison noch mal erheblich verstärkt werden. Amüsant fast, dass das 2:3 der Bayern zum Rückrundenstart in Dortmund Magaths Rauswurf in München beschleunigt hatte - und den Flirt erst möglich machte.

Allzu sehr erinnert die Lage an die Saison 1999/2000, als Trainer Michael Skibbe bei Saisonhalbzeit durch Bernd Krauss ersetzt wurde, der dann nach elf Spielen ohne Sieg gehen musste. Trainer-Altmeister Udo Lattek und Trainer-Anfänger Matthias Sammer brachten dann die Rettung vor dem Abstieg. Der Unterschied: Damals hätte der Abstieg des BVB zum sofortigen finanziellen Kollaps geführt.

© SZ vom 13.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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