Es war das riesige Banner der Fans im Straubinger Eisstadion am Pulverturm, das Jason Dunham am Sonntag innehalten ließ. Für ein paar Sekunden schaute der Sportliche Leiter der Straubing Tigers beim Heimsieg gegen die Fischtown Pinguins Bremerhaven (2:0) auf das Plakat und dachte nach. Er dachte an den Siegtreffer von Dallas Fallscheer, er dachte an die umkämpften Schlussminuten in einem engen Spiel und an den Moment danach, als er wie die Mitspieler seine Handschuhe vor Freude in die Luft warf und in eine dreitägige Party startete. "Es war so a schene Zeit. Des werd' ich nie vergessen", sagt der 46-Jährige in seiner ihm typischen niederbayerisch-kanadischen Sprachmischung. Auf dem Plakat stand: "Zehn Jahre später."
Damals, im Jahr 2006, spielte Dunham als Angreifer beim damaligen Zweitligisten Straubing, als er sich an Ostern mit seinen Kollegen auf eine 780 Kilometer lange Busreise quer durch die Republik begab, es war vielleicht die wichtigste Busreise seines Lebens. Er trat sie an, um das entscheidende Finalspiel um den Aufstieg beim REV Bremerhaven zu absolvieren - er war nervös wie nie zuvor. Am Ende gewannen die Tigers 2:1 nach frühem Rückstand und stiegen in die Deutsche Eishockey Liga (DEL) auf. Zwei Jahre darauf verriegelte die DEL den sportlichen Zugang zu ihr. Ein Wiedersehen schien ausgeschlossen.
Dass es nun dennoch, zehn Jahre später, zur Nordwest-Südost-Neuauflage kam, liegt am Rückzug der Hamburg Freezers im Sommer. Bremerhaven nahm deren DEL-Platz ein - und ist nun einer der Konkurrenten Straubings um den zehnten Ligaplatz, der zur Teilnahme an den Pre-Play-offs berechtigt. Und dieser Gedanke holte Dunham am Sonntag schnell wieder in die Gegenwart zurück. Er trägt ja nun als Sportlicher Leiter der Tigers die Verantwortung für den Erfolg. Und als solcher kann er durchaus zufrieden sein: Die neu zusammengemischte Mannschaft mit insgesamt zwölf Zugängen hat sich schnell gefunden und steht nach drei Siegen in den ersten vier Partien auf Tabellenplatz vier.
Wie damals setzen die Straubinger auf einen starken Charakter
Das diesjährige Team ähnelt durchaus der Mannschaft von vor zehn Jahren. Die zeichnete sich damals besonders durch einen starken Charakter aus, wovon nicht zuletzt der knappe Sieg im entscheidenden Aufstiegsspiel zeugt. Und diese Saison? Besiegt das Team von Larry Mitchell erst Ingolstadt wenige Sekunden vor Schluss, dann Nürnberg trotz drei Treffer von Nationalstürmer Patrick Reimer und nun im nächsten engen Spiel Bremerhaven. "Bisher erkenne ich schon einen guten Charakter im Team", sagt auch Dunham. "Aber ob das so bleibt, hängt von den Tiefpunkten ab. Erst durch sie kann man wirklich den Charakter einer Mannschaft sehen." Wobei Dunham schon guter Dinge ist, nachdem er und der seit 2014 in Straubing beschäftigte Mitchell im Sommer besonders auf ausgewogene Typen achteten, als sie ihr Team zusammenstellten. Neben dem ehrgeizigen Teamspieler Mike Cornell spielt nun etwa auch der letztjährige Strafbankkönig der zweiten Liga und Ex-Bremerhavener Tim Miller für die Tigers.
Mit dieser Ausgewogenheit im Kader versuchen die Straubinger nun den anstehenden und deutlich schwereren Aufgaben gegen die Spitzenklubs München, Köln und Mannheim entgegenzutreten: "Da siehst du dann wirklich, wie es um den Charakter steht", sagt Dunham und fügt an: "I weiß', wo mia san. Aber ich sage natürlich nicht, dass wir nicht mit Selbstvertrauen gewinnen können." Dabei baut Dunham auch auf einen, der vor zehn Jahren auch dabei war - allerdings als einer seiner Gegenspieler: auf den 34-jährigen René Röthke. Damals unterlag der Angreifer den Niederbayern, seit sieben Jahren spielt er inzwischen für sie - und machte gegen Bremerhaven seine 700. DEL-Partie. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.