Eishockey:Roy oder Rahmen

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Das hoch qualifizierte Kollektiv macht beim Spitzenreiter München den Unterschied, aber Stürmer Mark Voakes (rechts, gegen Augsburg) ragt mit 17 Scorerpunkten heraus. (Foto: Burghard Schreyer/imago)

Eishockey-Meister EHC München scheitert im nächsten, scheinbar endlosen Halbfinalspiel an Augsburgs Torwart. In der Serie steht er nun unter Druck.

Von Christian Bernhard, München

Es war laut in der Münchner Olympia-Eishalle. Sehr laut. So laut, wie es wohl nur sein kann, wenn zwei große Derby-Rivalen in einem Playoff-Halbfinale der Deutschen Eishockey Liga (DEL) aufeinander treffen. Und doch war Kling-Geräusch, das Michael Wolf im Mitteldrittel mit seinem Pfostenschuss ausgelöst hatte, laut und deutlich in der gesamten Halle zu hören. Es war nicht das einzige Mal am Sonntagnachmittag, dass eine von Spielern des EHC Red Bull München geschossene Scheibe ans Torgebälk der Augsburger Panther krachte - allein im Mitteldrittel war das dreimal der Fall.

Wolfs Schuss stand beispielhaft für den hohen Aufwand, den der Meister betrieb. Immer und immer wieder brachte er den Puck auf das Augsburger Tor, wo Keeper Olivier Roy jedes Mal zu Höchstform auflief. Und wenn Roy mal nicht zur Stelle war, war der Torrahmen da.

Die diesjährigen Playoff-Derbys in München sind aber nicht nur laut, sondern vor allem: lang. Nach knapp 102 Minuten im ersten Spiel brauchte es am Sonntag wieder drei Verlängerungen, und sogar rund 104 Minuten, um einen Sieger zu küren. Dank Braden Lambs Treffer zum 2:1 sicherten sich die Augsburger die 2:1-Führung in der Best-of-seven-Serie. Spiel vier findet am Mittwoch wieder in Augsburg statt (19.30 Uhr). "Wir können uns ankreiden, dass wir unsere Chancen nicht nutzen, und irgendwann rutscht dann halt einer rein", fasst Wolf den Nachmittag zusammen.

Die Münchner liegen nun erstmals seit ihrer 2016 mit dem ersten von drei Titeln in Folge eingeläuteten DEL-Dominanz nach Spiel drei einer Best-of-seven-Serie zurück. Deutlich reibungsloser läuft es bei den Mannheimer Adlern. Dem Hauptrundensieger fehlt nach einem 4:0 gegen Köln nur noch ein Erfolg zum Endspiel-Einzug.

In München hatte sich von Beginn an das fortgesetzt, was schon die ersten beiden Duelle charakterisierte: Der EHC bestimmte das Spiel, Augsburg stand sicher und konterte oft gefährlich. Panther-Trainer Mike Stewart hatte angedeutet, dass sein Team die Münchner bewusst Zeit im eigenen Drittel verbringen lässt, dabei aber die Räume direkt vor dem eigenen Tor versperren will. Das gelang erneut: Die Panther waren kompakt, blockten viele Schüsse und konnten sich wieder auf Roy verlassen. Offensiv führten die Augsburger das vor, was sie am besten können: Schnell und schnörkellos umschalten. So tauchte der flinke Matt White in der achten Minute erstmals gefährlich vor Münchens Nationaltorhüter Danny aus den Birken auf. Zwei Minuten später lag die Scheibe im EHC-Kasten: Im Münchner Zentrum tat sich ein großes Loch auf, das James Arniel nach starkem Zuspiel von Thomas Holzmann zum 1:0 nutzte.

Kurz darauf leitete Holzmann erneut einen schnellen Angriff ein, diesmal war aus den Birken gegen Patrick McNeill, der seine Sperre abgesessen hatte, zur Stelle (13.). "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht Konter durch die Mitte zulassen", warnte Münchens Nationalspieler Yannic Seidenberg. Zudem forderte er, der EHC müsse vor dem Augsburger Tor "ein bisschen dreckiger" werden. Mangelndes Engagement konnte man dem Meister nicht vorwerfen, er brachte viele Scheiben vors Gästetor. Doch Roy war erneut in Topform: Allein in den letzten vier Minute des Startdrittels vereitelte er vier gute EHC-Chancen.

Augsburgs Keeper Olivier Roy hatte schon in den ersten zwei Duellen 89 Schüsse abgewehrt

Die Augsburger konnten sich aber nicht nur auf ihren starken Torwart verlassen, sondern auch auf ihr gutes Gespür für den Moment. Wann den Druck auf den EHC im Spielaufbau erhöhen, wann wieder weiter zurückziehen? Sie fanden meist die richtige Lösung. Im Mitteldrittel kamen die Münchner deshalb lange Zeit nicht dazu, ihr druckvolle Spiel aufzuziehen. Im Gegenteil: In Minute 23 hatten sie Glück, dass McNeill in Überzahl die Scheibe aus sehr guter Position neben das Tor schob. Mit dem dritten Überzahlspiel startete der Meister dann aber wieder eine sehr dominante Phase, die in Wolfs Pfostenkracher gipfelte (28.). Spätestens als Joslin auch nur die Querlatte traf (31.), schien das Gästetor für die Münchner endgültig verhext zu sein. Mitchell entzauberte es aber nur zwei Minuten später mit einem Überzahl-Flachschuss, der durch Roys Beine ging. Kurz vor der zweiten Drittelpause traf Voakes die Oberkante der Querlatte.

Mitchell hatte am Freitag sogar zweimal getroffen und dennoch verloren, da Drew LeBlanc mit seinem zweiten Tor des Abends 26 Sekunden vor Schluss Augsburgs 4:3-Sieg besiegelte. LeBlanc sprach von einem "wilden" Spiel, in dem viele "verrückte Sachen" passiert seien: "Wir sind gewankt, aber nicht gefallen", sagte er über die Münchner Druckphasen. Diese führten dazu, dass Torhüter Roy in den ersten zwei Halbfinal-Partien 89 Schüsse abzuwehren hatte. "Herausragend" sei Roy gewesen, sagte LeBlanc am Freitag. Das galt auch für den Sonntag.

"Wir haben wieder mehr Puck-Besitz, aber das hat uns nichts Zählbares gebracht", sagte der Münchner Frank Mauer vor der ersten Verlängerung. Auf diese folgten zwei weitere, ehe Lamb für das Ende sorgte, nachdem auch Augsburgs Daniel Schmölz die Latte getroffen hatte (95.). LeBlanc hatte nach Spiel zwei betont, der 1:1-Serien-Ausgleich sei wichtig gewesen, da ein 0:2-Rückstand bedeutet hätte, einen Berg erklimmen zu müssen. Nach zwei Niederlagen in drei Tagen haben nun die Münchner einen steilen Berg vor sich.

© SZ vom 08.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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