Eishockey:Ohne acht

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"Wir haben sie müde gespielt": Ingolstadts Chris Bourque erzielt den ersten Treffer gegen Straubing, sieben weitere folgen. (Foto: Johannes Traub/imago)

Der ERC Ingolstadt untermauert mit einem 8:1-Erfolg gegen Straubing seine gute Verfassung - allerdings maßgeblich begünstigt durch die Personalprobleme beim vom Coronavirus gebeutelten Gegner.

Von Jonas Kraus

Die Pressekonferenz nach dem Derby zwischen Ingolstadt und Straubing bot ein ungewohntes Bild. Normalerweise sitzen beide Trainer auf dem Podium und teilen ihre Einschätzungen mit den anwesenden Journalisten. Weil sich aber bei den Straubing Tigers das Coronavirus eingenistet hat, blieb deren Trainer Tom Pokel der Pressekonferenz vorsorglich fern. Und so war es einzig und allein an Ingolstadts Coach Doug Shedden, den klaren 8:1-Erfolg seiner Mannschaft gegen die Niederbayern einzuordnen. "Ich bin froh, dass wir unseren Vorteil genutzt haben", sagte Shedden, schob aber nach: "Wir wissen, wie die Lage bei Straubing ist."

Die Lage bei den Gästen war, gelinde gesagt, angespannt. Die ganze Woche über hatte es Horrormeldungen gehagelt, die letzte schlechte Nachricht erhielten die Straubing Tigers am Sonntagvormittag, wenige Stunden vor Beginn des Derbys: David Elsner, Mike Connolly und Kael Mouillierat waren auch noch positiv auf das Coronavirus getestet worden. Bereits am Samstag war bekannt, dass Benedikt Kohl an Covid-19 erkrankt ist, in der Vorwoche hatte es bereits Kapitän Sandro Schönberger getroffen. Und weil sich in Torhüter Sebastian Vogl und Mario Zimmermann (beide Unterleibsverletzung) und der an Pfeifferschem Drüsenfieber erkrankte Andreas Eder weitere Spieler abmeldeten, war schon vor dem Spiel klar: Das wird wohl eine einseitige Sache.

So kam es dann auch: Chris Bourque brachte den ERC früh in Führung (6.), Brandon Defazio erhöhte nur zwei Minuten später. Zwar gelang Straubings Zugang Parker Tuomie im Anfangsdrittel noch der Anschlusstreffer (13.), die gut aufgelegten Ingolstädter dominierten aber weiter das Geschehen. Von Straubing kam trotz der Ausfälle deutlich zu wenig Gegenwehr. "Wir wollten das so seriös wie möglich spielen, und das haben wir auch geschafft", sagte Ingolstadts Daniel Pietta nach der einseitigen Partie.

Wegen der 2G-plus-Vorgaben sah sich Straubing nicht in der Lage, die Freitagspartie gegen Augsburg auszutragen - sie wurde ins nächste Jahr verschoben

Knüppeldick aus Straubinger Sicht kam es im Mitteldrittel. Die Gäste waren zwar nun etwas aktiver, aufgrund der vielen Ausfälle aber auch zu limitiert. Ausgerechnet in eigener Überzahl kassierten die Tigers das nächste Gegentor. Pietta erhöhte per Penalty sehenswert auf 3:1 für Ingolstadt (24.). Danach fielen die Tore im Minutentakt: Brandon Defazio (33.), Mirko Höfflin (36.) und Justin Feser (38.) stellten auf 6:1. "Wir waren sehr aktiv", lobte ERC-Trainer Doug Shedden seine Mannschaft. "Trotz der Ausfälle hatte Straubing gute Spieler auf dem Eis, aber wir haben sie müde gespielt."

Im Schlussdrittel schickte Straubings Trainer Tom Pokel dann den 17-jährigen Keeper Philipp Dietl aufs Eis - und tat damit weder ihm noch der Mannschaft einen Gefallen. Ingolstadts Benjamin Marshall erhöhte auf 7:1 (42.), Jerome Flaake legte sofort das 8:1 nach (43.). Die Tigers agierten komplett verunsichert. "Diese einfachen Tore haben uns dann zusätzlich geholfen", gestand Shedden. Straubings Trainer Pokel beorderte schließlich Stammkeeper Tomi Karhunen zurück ins Straubinger Tor. Der wehrte sich fortan erneut tapfer gegen die Ingolstädter Angriffswellen und verhinderte zumindest, dass es zweistellig wurde.

Am Ende ließen die Gastgeber die Partie austrudeln. Auch wenn der Sieg wenig aussagekräftig ist, unterstrich der ERC seine starke Verfassung. Zwar waren die Oberbayern am Freitagabend knapp mit 2:3 in Düsseldorf unterlegen, zuvor waren ihnen aber fünf Siege aus sechs Spielen gelungen, der schwache Saisonstart gerät immer mehr in Vergessenheit. "Jetzt müssen wir endgültig beweisen, dass wir ein Topteam sind", forderte Justin Feser vor dem Heimspiel an diesem Dienstag (19.30 Uhr) gegen den EHC München.

Straubing dagegen taumelt weiter durch die Saison und wurde unter der Woche nicht nur vom Virus, sondern auch von den neuen Vorgaben der bayerischen Landespolitik aus dem Tritt gebracht. Eigentlich hätten die Tigers am Freitag die Augsburger Panther empfangen sollen. Die Verantwortlichen sahen sich aber in der Kürze der Zeit nicht dazu in der Lage, die neuen Vorgaben (2G-plus und nur 25 Prozent Stadionauslastung) schnell genug umzusetzen und verlegten das Spiel ins kommende Jahr.

Ingolstadt setzte die Vorgaben am Sonntagnachmittag vorbildlich um. Vor dem Stadion standen die Zuschauer zunächst Schlange, um sich noch schnell testen zu lassen, drinnen jubelten dann 714 Menschen tapfer durch ihre FFP2-Masken. "Klar wäre ein Derby vor voller Hütte schöner", sagte Pietta. Aber an der Situation lasse sich nun mal nichts ändern: "Wir machen das Beste draus."

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