Eishockey:Lieber Krefeld

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„Wenn man Erfolg hat, ist man überall willkommen“: Michail Ponomarew investiert – und redet mit. (Foto: Roland Weihrauch/dpa)

Nach seinem Einstieg beim KFC Uerdingen sichert sich Michail Ponomarew auch Anteile am örtlichen DEL-Klub.

Von Ulrich Hartmann, Krefeld

Der Russe Michail Ponomarew liebt die Stadt Krefeld nicht - jedenfalls: "noch nicht". Das hat er soeben der Rheinischen Post in einem seiner sehr sorgfältig ausgewählten Interviews verraten. Der 44-Jährige mit Wohnort Meerbusch zwischen Krefeld und Düsseldorf ist Präsident, Hauptgesellschafter und Mäzen des kürzlich in die dritte Liga aufgestiegenen Krefelder Fußball-Traditionsklubs KFC Uerdingen. Nun wird Ponomarew auch noch 46-Prozent-Gesellschafter beim örtlichen Eishockey-Bundesligisten Krefeld Pinguine. Die gegenseitige Zuneigung wächst, Liebe ist bekanntlich käuflich.

Den in der Energiebranche tätigen Unternehmer trieb zunächst angeblich die pure Liebe zum Fußball und zum Eishockey ins 20 Kilometer nordwestlich von Düsseldorf gelegene Krefeld. In Düsseldorf war der gebürtige Moskauer zuvor schon Premiumsponsor bei Fortuna Düsseldorf, außerdem Gesellschafter und Mäzen beim Eishockeyklub Düsseldorfer EG sowie Sponsor beim Tennis-Bundesligisten Rochusclub und beim alljährlichen Judo-Grand-Prix gewesen. Der Abschied von der DEG fiel im Frühjahr 2016 nach zweieinhalb Jahren indes so unterkühlt aus wie das Eis, auf dem die Profis dem Puck nachjagen. Ponomarew, der Düsseldorf gerne zum Meister gemacht hätte, soll den Geldzahlungen nicht so nachgekommen sein, wie man es verabredet hatte - oder jedenfalls so, wie der Klub es interpretierte. Man trennte sich, ohne miteinander die Meisterschaft gefeiert zu haben, und weil Ponomarew ein Jahr später auch seinen Vorstandsposten beim englischen Premier-League-Fußballklub AFC Bournemouth aufgab, bei dem seine Firma Energy Consulting als Trikotsponsor fungierte, kaprizierte sich der Russe fortan auf Krefeld, eine 230 000-Einwohner-Stadt am Niederrhein, westlich des Ruhrgebiets.

Er will das Verhältnis von Geschäft und Tradition "ausbalancieren"

Die großen Zeiten für Fußball und Eishockey sind hier lange her. Die Erfolge des bis in die 1990er Jahre vom örtlichen Chemiekonzern gesponsorten Klubs Bayer Uerdingen sowie der sensationelle Meistertitel der Pinguine 2003 in der Finalserie gegen die Kölner Haie provozieren heute Wehmut unter den Sportfans der Stadt. Die Fußballer waren zwischenzeitlich in die fünfte Liga abgestürzt, das Eishockey-Team wurde zuletzt zwei Mal Letzter in der DEL. Da freut sich die Sportstadt über das unverhoffte Erscheinen eines mysteriösen Fremden, der sich so fürsorglich der Traditionsvereine annimmt.

2015 wurde Ponomarew Mäzen bei den Fußballern, 2016 ließ er sich zum Präsidenten wählen, und zur Unterstützung von Geschäftsführer Nikolas Weinhart und Marketingmann Jan Filipzik erscheint er längst mehrmals die Woche auf der Geschäftsstelle. Dort trifft er unsentimentale Entscheidungen. Trotz des Aufstiegs in die vierte Liga entließ er im Frühjahr 2017 kurz nach der Saison den Trainer André Pawlak, und mitten im Schlussspurt des Aufstiegsrennens in der Regionalliga im vergangenen Frühjahr feuerte er den Trainer Michael Wiesinger, um ihn durch Stefan Krämer zu ersetzen. Als der Aufstieg geschafft war und der DFB dem KFC wegen verspäteter Zahlungseingänge die Lizenz verweigern wollte, drohte Ponomarew unverhohlen mit seinem Rückzug. Die Lizenz gab es dann aber doch. Uerdingen verpflichtete unter anderem den Weltmeister Kevin Großkreutz sowie die bundesligaerfahrenen Stürmer Maximilian Beister und Stefan Aigner und steht nach sechs Spieltagen auf dem zweiten Platz der dritten Liga. Die zweite Liga ist erklärtes Ziel.

"Wenn man Erfolg hat, ist man überall willkommen", sagt Ponomarew nüchtern über seine Akzeptanz in Krefeld. Seit dem Aufstieg der Fußballer steht der Russe im Goldenen Buch der Stadt Krefeld und rühmt sich eines guten Kontakts zum Oberbürgermeister. Auch zum Boss des Eishockeyklubs, Wolfgang Schulz, war die Verbindung schon länger freundschaftlich. So konnte man den eishockeyverrückten Russen, der einst den Klub Metallurg Magnitogorsk unterstützte, als neuen Gesellschafter gewinnen. Doch während Klubchef Schulz freimütig gesteht, dass man bei den Pinguinen zuletzt immer wieder "finanzielle Löcher" habe stopfen müssen, überrascht Ponomarew mit der euphemistischen Einschätzung, Krefeld sei "einer der wenigen gesunden Klubs in der Deutschen Eishockey-Liga".

Aktiv mitgestalten will er bei den Pinguinen aber nicht. Ponomarew fokussiert sich ganz auf den KFC, bei dem er explizit die "schlanke Struktur" lobt, weil nur ganz wenige mitreden. Die maßgeblichen Entscheidungen trifft Ponomarew als Geldgeber eh allein. Über die 50+1-Regel, die im deutschen Profifußball den Einfluss von Investoren reglementiert, sagt er: "Die Regel muss fallen." Dies brauche allerdings Zeit, fügt er im Zeitungsinterview verständnisvoll hinzu, "denn das Verhältnis von Geschäft und Tradition muss gut ausbalanciert werden".

© SZ vom 06.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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